Feuertanz
können? Wohl kaum ohne die Hilfe Frejs.
Hätte er seiner verrückten Mutter das Haus seiner Tante zur Verfügung gestellt, damit diese dort ihre Tochter gefangen halten konnte, um sie schließlich zu ermorden? Das klang selbst Irene, die im Lauf der Jahre ziemlich schlimme Fälle erlebt hatte, zu bizarr.
»Hallo, hallo! Earth is calling!«, rief Svante.
Irene schreckte aus ihren Gedanken auf. »Entschuldige. Ich dachte nur über deine Worte nach und verlor mich daraufhin in verschiedenen Hypothesen«, sagte sie entschuldigend.
»Gut, vielleicht habe ich dich auf eine Spur gesetzt, die diese Ermittlung in die richtige Richtung lenkt. Dieser Mord ist ausgesprochen scheußlich, und ich hoffe, dass wir den Täter fassen.«
»Das werden wir. Ganz bestimmt.«
Irene versuchte ihrer Stimme eine Festigkeit zu verleihen, die nicht ihrer Überzeugung entsprach.
Beim Mittagessen tauschten Irene und Tommy ihre Gedanken über den Besuch bei Svante Malm aus. Zerstreut rührte Tommy mit dem Löffel in der wässrigen Suppe, die die Kantine für Minestrone ausgab. Der einzige Trost war der Apfelkuchen mit Vanillesauce zum Nachtisch.
»Ist doch logisch. Ein leeres Haus, zu dem einige der Beteiligten Zutritt haben. Natürlich sollten wir es uns näher ansehen. Brauchen wir dazu einen Durchsuchungsbefehl?«
Irene dachte nach.
»Das dauert. Ich habe eine bessere Idee. Erst kaufen wir uns noch ein belegtes Baguette. Mit nur dieser dünnen Brühe überstehen wir den Nachmittag nicht.«
Irene suchte im Internet methodisch nach Maklern, die Häuser in der Gegend von Björkil verkauften. Bereits der dritte Versuch ergab einen Treffer. Ingrid Hagbergs Anwesen wurde von der Immobilienfirma Berzéns angeboten. Es gab mehrere Farbfotos und dazu folgende Beschreibung: »Großer Reiterhof. 18 ha Weideland/Felder, 5 ha Wald. Jagdrecht. Haupthaus 1921 erbaut und 1972-75 umfassend renoviert. Bruttowohnfläche 310 Quadratmeter. Hausfundament. Neue Zentralheizung (Elektro/ Brennholz) von 1998. Erdgeschoss: große, gemütliche Bauernküche, Wohnzimmer, Esszimmer, Fernsehzimmer, Dusche mit Toilette, Waschküche mit Kleiderkammer. Heizungsraum und eine Sauna mit Dusche befinden sich in einem Anbau von 1974. Obergeschoss: 4 Schlafzimmer, große möblierbare Diele mit Balkon, Badezimmer. Stallgebäude mit 520 Quadratmetern. 10 Boxen. Großer Obstgarten. Ruhige Lage in der Nähe von Bushaltestelle und Laden. Nur 20 km ins Zentrum von Göteborg. Einmalige Gelegenheit! 8 000000 Kronen Mindestgebot.«
Ingrid Hagberg würde nach dem Verkauf ihres Besitzes eine vermögende Frau sein. Aber in ihrer momentanen Situation würde sie wohl kaum Freude an dem Geld haben. Vermutlich würde Frej es erben.
Irene wählte die Nummer des Maklers. Ein junger Mann mit energischer Stimme meldete sich und stellte sich als Erik Johansson vor. Seine Stimme klang weit weniger energisch, als ihm klar wurde, dass Irene den Hof nicht kaufen wollte. Nachdem ihm Irene ein Weilchen gut zugeredet und den entsprechenden polizeilichen Nachdruck an den Tag gelegt hatte, versprach er, ihr den Hof zu zeigen. Er hatte jedoch erst am nächsten Tag Zeit. Sie verabredeten sich für neun Uhr vor dem Haupthaus, weil »um elf ein ernsthafter Interessent kommt«.
Auf den ersten Blick schien Angelica in den fünfzehn Jahren keinen Tag gealtert zu sein. Sie hatte auch nicht zugenommen und bewegte sich immer noch genauso leichtfüßig und graziös wie damals. Möglicherweise war ihre ursprüngliche Haarfarbe um einen schimmernden Mahagoniton angereichert worden, was aber nicht unbedingt auf das Vorhandensein grauer Strähnen schließen lassen musste. Die Farbe stand ihr ausgezeichnet und passte perfekt zu dem kurzen braunen Ledermantel. Im Übrigen trug sie Schwarz. Im V-Ausschnitt des Angorapullovers funkelte in der Vertiefung zwischen den Schlüsselbeinen ein schlichtes Goldkreuz. Auf turmhohen Stiefelabsätzen trippelte sie, den Blick fest auf Tommy gerichtet, ins Zimmer. Irene würdigte sie nur eines kurzen Blicks aus den Augenwinkeln.
Tommy erhob sich und lächelte breit, als er ihr zur Begrüßung die Hand reichte.
»Hallo. Nehmen Sie doch Platz.«
Auch Angelica lächelte, aber nicht so strahlend wie vor fünfzehn Jahren. Aus ihren Augen sprach eine damals nicht vorhandene Müdigkeit.
»Seit unserer letzten Begegnung sind wirklich viele Jahre vergangen, aber Sie haben sich nicht im Geringsten verändert«, versicherte Tommy.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«,
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