Feuertanz
seine Tante verwendet hatte.
Im Erdgeschoss ging das Fest mit unverminderter Intensität weiter. Irene bahnte sich durch das Gewimmel ihren Weg Richtung Haustür. Als sie an der Küchentür vorbeikam, blieb sie wie angewurzelt stehen. Aus der Küche hörte sie eine versoffene Stimme, die sie wiedererkannte.
»Im Augenblick habe ich kein Gemälde mehr übrig. Ich habe bei der letzten Ausstellung alle verkauft. Ist noch Wein da?«
Verblüfft sah sie, dass Hasse aus der Sauna in einsamer Majestät am Küchentisch thronte. Vor sich hatte er einen Teller mit einer riesigen Portion Kartoffelsalat und Roastbeef stehen. Er streckte sein leeres Glas einer weiß geschminkten Hexe entgegen, die es aus einem Weinkarton nachfüllte.
»Doch, ein Schluck ist noch da«, meinte die Hexe.
Sie reichte ihm das Glas und fragte: »Wo war denn die Ausstellung?«
»Bitte? Welche Ausstellung?«
Hasse hatte den Mund voller Kartoffelsalat und konzentrierte sich auf sein Weinglas.
»Die von letztem Sommer. Bei der du alle Gemälde verkauft hast«, sagte die Hexe geduldig.
Ohne dass es jemandem aufgefallen wäre, verschwand Irene in der Novembernacht.
»Du hast gelogen!«, sagte Katarina vorwurfsvoll und sah Irene verbittert an. Sie saßen zu zweit am Frühstückstisch. Krister unternahm bei dem unerwartet klaren und schönen Wetter einen Spaziergang mit Sammie, und Jenny war noch nicht aus den Federn gekrochen.
»Wie meinst du das?«, fragte Irene und fühlte sich auf einmal ganz beklommen.
»Woher wusstest du, dass ich auf das Fest in Änggården gehen würde?«
»Du hast am Morgen so etwas gesagt …«, erwiderte Irene ausweichend.
»Nein! Ich habe nur gesagt, wir würden vielleicht noch auf eine Party gehen. Gestern in der Früh wusste ich noch gar nicht, wo sie stattfinden würde. Das habe ich erst erfahren, als Felipe mich abends abgeholt hat!«
»Ach …«, murmelte Irene und wusste nicht recht, was sie erwidern sollte.
»Und Jenny war den ganzen Abend zu Hause. Sie hat an einem Song gearbeitet, den sie heute aufnehmen wollen. Ich habe sie extra gefragt, sie war nämlich noch auf, als ich nach Hause kam.«
»Vielleicht war sie ja mit Sammie draußen, als ich angerufen hab«, meinte Irene.
Katarinas Miene verfinsterte sich. Sie erhob sich mit einer abrupten Bewegung. »Was soll das eigentlich? Versuchst du Frej irgendwas unterzuschieben? Er ist wirklich wahnsinnig nett!«
Irene seufzte und beschloss, reinen Tisch zu machen. Zumindest teilweise. »Okay. Die Sache ist die. Meine Kollegen und ich versuchen, den Mord an Frejs Schwester aufzuklären, einen fürchterlich brutalen Mord! Sie wurde gefangen gehalten, misshandelt und bei lebendigem Leib verbrannt. Da lässt es sich nun einmal nicht vermeiden, dass wir auch ihre Familie unter die Lupe nehmen, das heißt Frej und Angelica. Ich gebe zu, dass ich das mit dem Schlüssel nur als Vorwand benutzt habe. Aber es hatten sich bestimmte Dinge ergeben, die ich überprüfen musste.«
»Was für Dinge?«
Katarina klang immer noch feindselig.
»Das … das darf ich dir nicht sagen, aus ermittlungstechnischen Gründen.«
»Ermittlungstechnische Gründe! Meine Güte, wie sehr du mir auf die Nerven gehst! Immer musst du die Superpolizistin spielen! Nie kannst du dich entspannen und wie ein normaler Mensch benehmen! Wie peinlich, spätabends auf einem Fest rumzuschleichen, um die Verdächtigen zu beobachten!«
Katarina war so erbost, dass sich ihre Wangen röteten und sie ins Stocken geriet.
»Glaub mir, der Besuch in Änggården war sehr ergiebig«, verteidigte sich Irene lahm.
Letzteres stimmte immerhin. Katarina warf ihr einen letzten erzürnten Blick zu und verließ dann die Küche.
Ihr ungeplanter Besuch auf der Halloweenparty hatte sich wirklich gelohnt. Jetzt musste sie noch herausfinden, wie lange Angelica und Marcelo bereits eine Affäre hatten. Und danach würde sie sich die vielen Fotos von Feuersbrünsten, die plötzlich aufgetaucht waren, näher ansehen. Vor fünfzehn Jahren hatte es in Björkil gebrannt, und auch in dieser Ermittlung brannte es in regelmäßigen Abständen. Gab es jemanden am Rande, den sie bisher übersehen hatte?
Irene goss sich die fünfte Tasse Kaffee dieses Morgens ein und blieb tief in Gedanken versunken am Küchentisch sitzen. Aus dem Obergeschoss verkündeten tiefe Basstöne, dass Jenny erwacht war. Sobald sie morgens die Augen öffnete, schaltete sie ihren CD-Player ein. Das hätte Irene nie gekonnt. Zum einen war sie morgens immer zu
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