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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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aufstieg, war die Gesellschaft schon unterwegs und marschierte wacker zwischen den Grabhügeln. Regis führte, gefolgt von Percival und Rittersporn, die sich aufmunterten, indem sie zweistimmig die Ballade von den drei Schwestern und dem eisernen Wolf sangen. Hinter ihnen trottete Zoltan Chivay, der den kastanienbraunen Hengst am Zügel führte. Der Zwerg hatte im Anwesen des Barbiers einen knorrigen Stock von Eschenholz gefunden, jetzt schlug er damit gegen alle Menhire, an denen sie vorbeikamen, und wünschte den längst dahingegangenen Elfen ewige Ruhe, der auf seiner Schulter sitzende Feldmarschall Duda jedoch sträubte das Gefieder und krächzte von Zeit zu Zeit etwas widerwillig, unverständlich und ohne rechte Überzeugung.
    Als am wenigsten widerstandsfähig gegen das Alraunendestillat erwies sich Milva. Sie marschierte mit sichtlicher Mühe, war schweißbedeckt, blass und wütend wie eine Wespe, sie antwortete nicht einmal auf das Geplauder des Mädchens mit den Zöpfchen, das sie im Sattel des Rappen reiten ließ. Geralt versuchte also nicht, ein Gespräch zu beginnen; er war selbst nicht bei bester Laune.
    Der Nebel, aber auch die mit lauten, wenngleich etwas verkaterten Stimmen vorgetragene lange Geschichte vom eisernen Wolf bewirkten, dass sie plötzlich und ohne Vorwarnung auf die Gruppe von Dörflern stießen. Die Bauern hingegen hatten sie schon von weitem gehört und warteten, standen reglos zwischen den in den Erdboden eingegrabenen Monolithen, und ihre grauen Kittel gaben eine perfekte Tarnung ab. Es fehlte nicht viel, und Zoltan Chivay hätte einem von ihnen eins mit dem Eschenknüppel verpasst, weil er ihn für einen Grabstein hielt.
    »Ohohoho!«, rief er. »Entschuldigt, Leute. Ich hab euch nicht gesehen. Guten Tag! Seid gegrüßt!«
    Das Dutzend Bauern murmelte in wirrem Chor eine Antwort auf den Gruß und musterte die Gesellschaft finster. In den Händen hielten sie Schaufeln, Spitzhacken und klafterlange angespitzte Stöcke.
    »Seid gegrüßt«, wiederholte der Zwerg. »Ich vermute, ihr seid aus dem Lager an der Chotla. Hab ich recht?«
    Statt einer Antwort wies einer von den Bauern die übrigen auf Milvas Pferd hin. »Ein Rappe«, sagte er. »Seht ihr?«
    »'n Rappe«, wiederholte ein anderer und leckte sich die Lippen. »Fürwahr, 'n Rappe. Das trifft sich gut.«
    »He?« Zoltan hatte die Blicke und Gesten bemerkt. »Ja, ein Rappe. Na und? Das ist doch ein Pferd, keine Giraffe, da gibt's nichts zu staunen. Was macht ihr hier, Gevattern, auf diesem Friedhof?«
    »Und ihr?« Der Bauer ließ den Blick unwillig über die Gesellschaft schweifen. »Was macht ihr hier?«
    »Wir haben dieses Gelände gekauft.« Der Zwerg schaute ihm geradezu in die Augen und schlug mit dem Knüppel gegen einen Menhir. »Und wir schreiten es ab, ob man uns nicht womöglich betrogen hat.«
    »Und mir machn hier Jagd aufn Fangpir!«
    »Auf wen?«
    »'n Fangpir«, wiederholte der älteste der Bauern deutlich und kratzte sich unter der vor Schmutz starrenden Filzkappe am Kopf. »Irgendwo hier musser sein Lager habm, der Verfluchte. Mir habm Eschenpflöcke angespitzt, wie mir das Scheusal finden, durchlöchern mirn, dasser nimmer aufsteht!«
    »Und Weihwasser habm mir in den Doppeltöpfn, die uns der gesegnete Herr Priester gege'm hat!«, rief herausfordernd ein anderer Bauer und zeigte die Gefäße. »Damit besprühn mir den Blutsäufer, dasser in alle Ewigkeit hinüber ist!«
    »Ha, ha«, sagte Zoltan Chivay. »Die Jagd, sehe ich, habt ihr in großem Stil angefangen, breit angelegt und in allen Einzelheiten durchdacht. Ein Vampir, sagt ihr? Na, da habt ihr Glück, gute Leute. Wir haben einen Spezialisten für Vampire unter uns, denn ...«
    Er verstummte und fluchte leise, weil ihn der Hexer kräftig gegens Schienbein getreten hatte.
    »Wer hat diesen Vampir gesehen?«, fragte Geralt und bedeutete seinen Gefährten mit einem beredten Blick zu schweigen. »Woher wisst ihr, dass ihr ihn ausgerechnet hier suchen müsst?«
    Die Bauern flüsterten untereinander.
    »Niemand hatn gesehn«, gestand schließlich der mit der Filzkappe. »Auch nicht gehört. Wie soll man den denn sehn, wenner nachts fliegt, im Finstern? Wie soll man ihn hörn, wenner auf Fledermausflügeln rumsegelt, ohne Lärm und Geräusch?«
    »Den Fangpir habm mir nicht gesehn«, fügte ein anderer hinzu. »Aber Spurn von seinem schrecklichen Treibm hatte es. Seitdem Vollmond ist, bringt das Ungeheuer jede Nacht ein' von unsern Leuten um. Zwei hatter schon

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