Feuertaufe
Dörflern durchbrach endlich das Zögern, näherte sich Giselher mit einem von Schaum triefenden Tonkrug. Giselher nahm ihn mit einer Verbeugung entgegen, trank aus, bedankte sich höflich und sittsam. Ein paar Burschen riefen anfeuernd. Der Rest aber schwieg.
»He, Gevattern«, rief Flamme wieder. »Ich hab Lust zu tanzen, aber ich sehe, dass man euch erst mal in Fahrt bringen muss!«
An der Wand der Scheune stand ein schwerer Tisch, vollgestellt mit Tongefäßen. Die Elfe klatschte in die Hände, sprang geschickt auf die Tischplatte von Eichenholz. Die Bauern nahmen eilig die Gefäße weg, die restlichen, bei denen sie es nicht schafften, entfernte Flamme mit einem ausholenden Fußtritt.
»Also, meine Herren Musiker« - sie stemmte die Hände in die Hüften, warf den Haarschopf zurück. »Zeigt, was ihr könnt! Musik!«
Schnell schlug sie mit den Absätzen den Takt. Die Trommel wiederholte ihn, Bassgeige und Schalmei fielen ein. Die Flöten und Fiedeln griffen die Melodie auf, komplizierten sie und veranlassten Flamme, Schritt und Rhythmus zu ändern. Die Elfe, bunt und leicht wie ein Schmetterling, ging mühelos darauf ein, begann zu tanzen. Die Dörfler fingen an, in die Hände zu klatschen.
»Falka!«, rief Flamme und kniff die von kräftiger Schminke verlängerten Augen zusammen. »Mit dem Schwert bist du schnell! Und beim Tanz? Hältst du mit mir Schritt?«
Ciri wand sich aus Mistles Arm, löste das Tuch vom Hals, legte das Barett und die kurze Jacke ab. Mit einem einzigen Sprung war sie auf dem Tisch neben der Elfe. Die Burschen schrien anfeuernd, Trommel und Bassgeige begannen zu dröhnen, der Dudelsack zu stöhnen.
»Spielt, Musikanten!«, schrie Flamme. »Was das Zeug hält! Und lebhaft!«
Die Hände in die Seiten gestemmt und den Kopf zurückgeworfen, begann die Elfe schnell mit den Füßen zu stampfen, zu tanzen, klopfte mit den Absätzen ein langes, rhythmisches Stakkato. Ciri, vom Rhythmus mitgerissen, wiederholte die Schritte. Die Elfe lächelte, sprang hoch, änderte den Rhythmus. Ciri warf mit einer heftigen Kopfbewegung die Haare aus der Stirn zurück, wiederholte fehlerfrei. Beide begannen im Gleichklang zu tanzen, jede das Spiegelbild der anderen. Die Bauern schrien, klatschten Beifall. Fiedeln und Geigen schwangen sich zu einem hohen Gesang empor, rissen das gleichmäßige, gewichtige Brummen der Bassgeige und das Gejammer des Dudelsacks in Fetzen.
Sie tanzten beide, kerzengerade, die Hände in die Hüften gestemmt, dass sie sich mit den Ellenbogen berührten. Die Eisen an den Absätzen schlugen den Rhythmus, der Tisch zitterte und bebte, im Schein der Talglichter und Fackeln wirbelte der Staub.
»Schneller!«, trieb Flamme die Musikanten an. »Lebhafter!«
Das war keine Musik mehr, das war Irrsinn. »Tanze, Falka! Vergiss dich!«
Absatz, Stiefelspitze, Absatz, Stiefelspitze, Absatz, Ausfallschritt und Sprung, eine Bewegung mit den Schultern, die Fäuste in den Hüften, Absatz, Absatz. Der Tisch zittert, das Licht wogt, die Menge wogt, alles wogt, der ganze Schuppen tanzt, tanzt, tanzt... Die Menge schreit, Giselher schreit, Asse schreit, Mistle lacht, klatscht, alle klatschen und stampfen, der Schuppen zittert, die Erde zittert, die Welt zittert in den Angeln. Die Welt? Welche Welt? Es gibt keine Welt mehr, nichts gibt es, nur den Tanz, den Tanz ... Absatz, Stiefelspitze, Absatz ... Flammes Ellenbogen ... Fieber, Fieber... Die Geigen, Fiedeln, Bassgeige und Dudelsack wiehern nur noch, der Trommler hebt und senkt nur noch in einem fort die Stöcke, er wird nicht mehr gebraucht, den Takt schlagen sie, Flamme und Ciri, ihre Absätze, dass es dröhnt und der Tisch wackelt, dass es dröhnt und die ganze Scheune wackelt... Rhythmus, Rhythmus ist in ihnen, Musik ist in ihnen, sie sind Musik. Flammes dunkle Haare tanzen über der Stirn und auf den Schultern. Die Saiten der Fiedeln überschlagen sich in fieberhaftem, flammendem, bis zu den höchsten Registern reichendem Gesang. Das Blut hämmert in den Schläfen. Sich vergessen. Sich verlieren.
Ich bin Falka. Ich bin schon immer Falka gewesen! Tanze, Flamme! Klatsche, Mistle! Geigen und Flöten beenden die Melodie mit einem scharfen, hohen Akkord, Flamme und Ciri bringen das Ende des Tanzes mit einem gleichzeitigen Wirbel der Absätze auf den Punkt, und ihre Ellenbogen verlieren dabei nicht den Kontakt. Beide atmen heftig, erhitzt, nass, plötzlich schmiegen sie sich aneinander, umarmen sich, lassen einander am Schweiß, an der Hitze, am
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