Feuerteufel: Roman (German Edition)
gleiten.
Magdalena konnte den beißenden Brandgeruch schon wahrnehmen, ehe sie am Dorfgemeinschaftshaus vorbei war. Als sie in den Källsåsvägen einbog, bemerkte sie zuerst den Rauch, der zwischen den Häusern hervorquoll, dann das lichterloh brennende Holzhaus am Tannenwald. Sie parkte am Wegrand, blieb aber mit den Händen am Lenkrad sitzen.
Weiter vorn bei dem Löschzug standen ein paar Jugendliche auf ihren Fahrrädern, und in den Fenstern ringsum konnte man die Silhouetten der Nachbarn erkennen.
Magdalena konnte den Blick nicht von dem Haus wenden. Mein Gott.
Die komplette Rückwand schien eingestürzt zu sein, und durch die zerbrochenen Fenster zur Straße hin pulsierte schwarzer Rauch. Über das Ziegeldach wogte dünnerer, bläulicher Rauch, und Flocken von der Holzfassade tanzten wie riesiges Konfetti in der Luft. So etwas hatte sie noch nie gesehen.
Erst als Jens Sundvall mit der Kamera über der Schulter auf sie zukam, öffnete Magdalena langsam die Autotür und stieg aus. Die Hitze schlug ihr entgegen, und der Rauch ließ die Tränen rinnen.
»Wie gut, dass du kommen konntest«, begrüßte Jens sie und fing an zu husten.
Er hatte Ruß am Kinn und eine dunkelrote Wunde auf der Stirn. Das T-Shirt sah feucht aus.
»Du blutest ja«, sagte Magdalena und tippte sich an die Augenbraue.
Vorsichtig befühlte Jens die Wunde und betrachtete seine Fingerspitzen.
»Ich habe wohl etwas nah an einem der Fenster gestanden, als die Scheibe zerbarst. Kein Problem.«
Jens, dem es gewöhnlich gelang, an den meisten Unglücksorten unberührt zu wirken, sah bleich und verkrampft aus.
»Der Krankenwagen ist vor zehn Minuten abgefahren. Die hatte Brandwunden, sage ich dir. Pfui Teufel.«
Er wischte sich mit der Hand über die Stirn.
Ein Teil eines Blechdachs segelte durch die Luft und landete mit einem Knall auf dem Rasen.
»Mirjam Fransson, weißt du, wer das ist?«, fragte Jens.
»Ja klar, das wissen wahrscheinlich die meisten hier, aber ich kenne sie nicht.«
Magdalena lief zu einem Feuerwehrwagen. Jens folgte ihr.
Mirjam Fransson. Sie erinnerte sich dunkel an einen kurvenreichen Teenager mit toupierten Haaren und mintgrünen Plastikohrringen. Als Magdalena dreizehn war, war Mirjam die coolste Person, die sie kannte, damals saß sie an der Kasse im Supermarkt.
»Es ist fraglich, ob sie überlebt«, erklärte Jens.
Jetzt musste er fast rufen, um das Knacken des Feuers und das zischende Geräusch des Wassers, das auf die Flammen traf, zu übertönen. Trotz der Hitze schauderte es Magdalena.
»So schlimm?«, fragte sie und nahm Block und Stift aus der Tasche.
Jens nickte.
»Ja. So schlimm.«
2
Kjell-Ove schubste die Terrassentür mit der Schulter auf und stellte das Frühstückstablett auf den Tisch.
»Sieh sie nur an«, sagte Cecilia und nickte Tindra zu, die ihre Gießkanne in dem aufblasbaren Planschbecken befüllt hatte und jetzt an den Kornblumen im Garten entlangging und mit großer Konzentration die Blumen goss.
»Sie sieht aus wie du«, fuhr sie fort.
»Findest du?«
Kjell-Ove lachte. Es war nicht gerade leicht, zwischen ihm und dem kleinen Mädchen mit Sonnenhut eine Ähnlichkeit festzustellen.
»Sie hat deine Bewegungen und deine Art, mit den Blumen zu sprechen.«
»Und meine Haare«, fügte er hinzu und strich sich mit der Hand über den Kopf, bereute die Geste aber sofort.
Verdammt!
Doch Cecilia, wahrscheinlich ebenso bemüht wie er, die Taktlosigkeit zu überspielen, redete weiter:
»Als du zweieinhalb warst, hattest du genau solche Locken. Ich hab die Bilder gesehen.«
Kjell-Ove betrachtete noch einmal seine Tochter, während er Cecilia den Brotkorb reichte.
»Du hast heute Nacht vielleicht im Traum geredet!«, sagte sie und bestrich eine Scheibe Brot mit einer dicken Schicht Krabbenkäse.
»Ehrlich?«
Kjell-Ove wandte den Blick von Tindra ab.
»Du hast so gejammert, als ob dir irgendetwas wehtun würde. Einmal klang es fast so, als würdest du ›ja, ich mach’s, ich mach’s‹ sagen.«
Kjell-Ove sah sie an und wartete auf die Fortsetzung.
»Auch wenn ich zu begreifen versuche, wie es dir geht«, sagte sie, »kann ich wahrscheinlich nur ahnen, wie anstrengend das alles ist, auch für dich.«
Heute trug Cecilia das blau karierte Tuch um den Kopf, das sie im Nacken gebunden hatte. Die schmalen Träger des Kleids schienen auf den hervorstechenden Schlüsselbeinen zu scheuern, aber wahrscheinlich wirkte das nur so.
»Was würde ich nur ohne dich machen, Kjelle?«
Sie
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