Feuerteufel: Roman (German Edition)
geschrieben hatte. »Hoffentlich bis bald mal wieder.« Wenn man wollte, konnte man das als recht kühl betrachten, so als ob man auf irgendeiner Konferenz neue Leute kennengelernt hätte. Da war kein »ich sehne mich nach dir« oder »ich denke an dich«, nichts dergleichen. Doch dann war da das Ausrufungszeichen, die kleine Hoffnung am Schluss.
Vielleicht war es ja doch was. Christer kroch mit dem Handy in der Hand ins Bett. Vielleicht würde er es wagen. Aber was sollte er schreiben? Er probierte ein paar Formulierungen durch, dass es nett wäre, sich irgendwann mal wiederzusehen und vielleicht einen Kaffee zusammen zu trinken, löschte, fing wieder von vorne an. Am Ende war er einigermaßen zufrieden und drückte auf »senden«.
Zwei warme, braune Augen lächelten ihn an, als er einschlief.
»Wie ist es Ihnen in der letzten Zeit ergangen?«
»Es geht ziemlich auf und ab.«
»Haben Sie den Eindruck, dass die Medikamente funktionieren?«
»Ein bisschen vielleicht. Aber manchmal fühle ich mich so zittrig. Die Hände zittern, und es ist mir peinlich, wenn das jemand sieht.«
»Okay. Das ist eine sehr häufige Nebenwirkung. Aber es geht Ihnen trotzdem ein bisschen besser?«
»Kann sein.«
»Als Sie letztes Mal hier waren, haben Sie am Schluss von dieser Wut erzählt, die Sie fühlen. Dass Sie alles so ungerecht finden. Bitte erzählen Sie doch etwas mehr von Ihren Gedanken dazu.«
»Ja, es ist, wie ich es gesagt habe. Ich weiß nicht, was ich getan habe, um so bestraft zu werden. Wenn ich draußen bin und abends spazieren gehe, dann sehe ich immer zu den Leuten in die Fenster, sehe sie da sitzen und gemeinsam zu Abend essen, wie Puppen in ihrem Puppenhaus. Manchmal stelle ich mir vor, ich wäre ein Riese und könnte die Fensterscheibe mit der Hand zerbrechen und diesen kleinen Küchentisch umschmeißen, sodass die Wurstscheiben an die Wände fliegen. Und jedem einzelnen von der kleinen Puppenfamilie den Hals umdrehen.«
»Haben Sie den Wunsch, jemanden zu verletzen?«
»Nein, nicht wirklich. Nein, nein. Das ist nur so ein Bild, das ich im Kopf habe.«
»Gefällt Ihnen das Bild?«
»Ja, es ist herrlich.«
»Sind Sie oft abends draußen unterwegs?«
»Sehr oft. Ich brauche Luft. Manchmal habe ich das Gefühl zu ersticken.«
»Glauben Sie, dass die Leute, die Sie sehen, wirklich so glücklich sind, wie sie von außen wirken?«
»Weiß ich nicht.«
»Die meisten Menschen haben Probleme. Vielleicht nicht ganz genau dieselben wie Sie, aber ich glaube doch nicht, dass es einen einzigen Menschen gibt, der gar keine Sorgen hat.«
»Kann sein.«
»Haben Sie jemanden, mit dem Sie über das hier reden können?«
»Nein, wer sollte das sein? Die Leute würden ja glauben, dass ich ein bisschen blöd im Kopf wäre. Und vielleicht bin ich das ja auch.«
»Wie fühlt es sich in Ihrem Körper an, wenn Sie richtig wütend werden?«
»Schwer zu sagen. Ich bin angespannt, das ist fast wie ein Krampf, und es fühlt sich an, als ob Strom durch meinen Kopf fließen würde. So klingt es auch. Wie Sprühen und Blitze.«
»Was machen Sie dann?«
»Nichts direkt. Drehe die Musik auf.«
»Fühlt es sich dann besser an?«
»Nach einer Weile.«
»Und Sie zeigen auch niemandem, dass Sie wütend werden?«
»Nein. Niemals.«
»Leider ist unsere Zeit gleich zu Ende. Zum nächsten Mal möchte ich, dass Sie darüber nachdenken, woher es kommt, dass Sie niemandem zeigen, was Sie fühlen.«
»Aha. Okay. Ja, das kann ich versuchen.«
»Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Das ist nicht wichtig.«
»Doch, natürlich ist es das.«
»Nein. Das glaube ich nicht. Sie sind schon gut und tüchtig und so, aber Sie müssen nicht so tun, als würde ich Ihnen etwas bedeuten.«
3
Kjell-Ove war bereits hellwach, als Tindra sich in ihrem Gitterbettchen hinstellte und zu weinen anfing. Das Morgenlicht suchte seinen Weg durch die Jalousien und malte Streifen auf die Leinengardine.
»Schsch«, machte er und legte den Zeigefinger auf den Mund. »Nicht die Mama wecken.«
Schwindelig vor Schlafmangel ging er zu ihrem Bett und nahm sie hoch.
Cecilia schlief, auf der Seite liegend, mit offenem Mund. Der Kontrast zwischen der bleichen Haut und den schwarzen Ringen unter den Augen wurde noch extremer, wenn sie nichts auf dem Kopf hatte.
»Sehnpizzen«, flüsterte Tindra.
»Ja, jetzt schleichen wir auf Zehenspitzen«, erwiderte Kjell-Ove und machte ein paar gut eingeübte Charlie-Chaplin-Schritte mit hohen Knien aus dem Zimmer und machte die
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