Feuerteufel: Roman (German Edition)
Tür hinter sich zu.
Der Schwindel ließ nicht nach. Als er in die Küche ging, fühlte es sich an, als würde er auf einer weichen Matte laufen, so eine blaue mit viereckigen Schaumgummikissen drin, wie man sie im Sportunterricht in der Schule hatte. Eine plötzliche Erinnerung an einen strengen Gummigeruch suchte ihn heim. Als er am Flurspiegel vorbeiging, sah er seine rot geäderten, geschwollenen Augen.
Tindra verschwand in ihrer Spielecke im Wohnzimmer, während Kjell-Ove Topf, Breipulver und die Schnullerflasche mit den Schmetterlingen rausholte. Während er den Brei erhitzte, schaltete er das Radio an.
»… an deiner bleichen Schulter, durch mattes Glas die Sonne streichelt, dein Haar fließt übers ganze Kissen. Wärst du wach, würde ich dir alles das geben, was ich dir niemals geb. Du, ich gebe dir meinen Morgen, ich gebe dir meinen Tag.«
Die tiefe Bassstimme löste irgendetwas im Brustkorb. Kjell-Ove merkte erst, dass er weinte, als Tränen auf seine nackten Füße tropften.
»Papa raurich.«
Tindra zögerte ein wenig in der Tür, dann kam sie angelaufen und umarmte sein Bein.
»Bisschen«, sagte er und strich ihr über den Pyjamarücken.
So stand er lange da und versuchte, sich zu sammeln. Dann fing er vorsichtig an, den Brei in die Flasche zu füllen. Im Radio fingen die Lokalnachrichten an.
»Die Polizei hat den Verdacht, dass es sich bei dem Brand eines Einfamilienhauses in Hagfors, bei dem eine dreiundvierzigjährige Frau ums Leben kam, um Brandstiftung handelt. Wie das Värmlandsbladet vermeldet, wird der Mann in Kappe und schwarzem T-Shirt, der am Sonntagabend gesehen wurde, wie er mit einem Fahrrad das Grundstück verließ, gebeten, mit der Polizei in Hagfors Kontakt aufzunehmen …«
Der Brei rann über die Arbeitsfläche und auf den Boden.
Als Magdalena am Dienstagmorgen zur Arbeit kam, klebte ihr der Schweiß am ganzen Körper. Sie nahm erst mal den Fahrradhelm ab und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Das Thermometer vor dem Küchenfenster zu Hause hatte siebenundzwanzig Grad gezeigt, als sie losfuhr.
Die schwere Luft aus Staub und altem Papier in der Redaktion verstärkte noch das Gefühl, nicht richtig atmen zu können.
Magdalena griff sich das Bündel Zeitungen vom Fußboden und legte es auf den Tresen, dann ging sie zur Teeküche und drehte den Wasserhahn auf. Während sie darauf wartete, bis das Wasser eiskalt wurde, band sie die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz. So. Das fühlte sich schon besser an. Auf ihrem Schreibtisch fand sie die ausgetrunkene Mineralwasserflasche vom Tag zuvor. Sie spülte sie aus und füllte sie mit frischem Wasser.
Der Traum, der sie geweckt hatte, ging ihr immer noch mit vagem Unbehagen nach. Das Schlafzimmer voller Rauch, das Schreien von Nils, das Gefühl zu ersticken. Die Panik.
Magdalena trank eilig, als ob das kalte Wasser die Erinnerung wegspülen könnte. Als die halbe Flasche leer war, holte sie Luft. Dann ging sie in ihr Zimmer und öffnete das Fenster. Draußen war kein Mensch zu sehen.
Magdalena fuhr den Computer hoch, sah die E-Mails durch und loggte sich bei Facebook ein. Rasch scrollte sie die Statusleisten ihrer Freunde durch. Ann-Sofie hatte am Abend zuvor geschrieben »sitzen auf Mosebacke und trinken Wein«.
Magdalena wischte sich über die Stirn, drückte auf den Gefällt-mir-Button und schrieb »Wünschte, ich wäre dabei«.
Einen Moment lang wünschte sie das aus tiefstem Herzen. Sie spürte die kühlen Winde vom Meer, sah die Sonne über Djurgården untergehen. Dann musste sie über ihre Gedanken den Kopf schütteln.
Nachdem sie die Artikel des Tages ausgeschnitten und nach allen Regeln der Kunst in den Archivordner eingeklebt hatte, blätterte sie ein wenig in dem Ordner zurück. Ein nordvärmländisches Sommer-Event nach dem anderen. Die Europameisterschaft im Rallycross, die Eröffnung der Klarhäljawoche im Dorfgemeinschaftshaus von Kärnåsen und die Hauptversammlung der Ziehharmonikaspieler war ebenso in ihren Arbeitsbereich gefallen wie die große Hundeausstellung in Ransäter, das Kallejularbofestival in Järpliden und die Kulturwoche in Sunne mit der Vergabe des Selma-Lagerlöf-Stipendiums. Auch über das Lång-Christoffer-Freilichttheater in Motjärnshyttan, den Fryksdalsdansen in Sunne und den Antikmarkt in Torsby hatte sie geschrieben. Das Tut-Bingo im Hagforspark war ebenso wie das Nävgröt-Fest beim Bootshaus am Halgån mit einer großen Bildreportage bedacht worden.
So würde es sein. Jahr um
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