Feuerteufel: Roman (German Edition)
Jahr.
Magdalena blätterte weiter und landete bei dem einen Monat alten Artikel mit der Überschrift »Liebesnest«. Um die Saure-Gurken-Zeit während des Sommers zu überleben, hatte sie über die Liebesbeziehungen im Rathaus geschrieben, vom Wirtschaftsrat, der mit der Chefin der Touristeninformation verheiratet war, vom Chef des Sozialamtes, der mit einer Frau vom Jugendamt zusammenlebte. Und so weiter. Der Artikel war mit einem Zwinkern geschrieben und mit einem Foto vom Rathaus, kleinen Porträtfotos und einem Schwarm kleiner Herzchen illustriert.
Doch von Augenzwinkern konnte auf den Fluren des Rathauses keine Rede sein. Was fiel ihr ein, die Stadt auf diese Weise bloßzustellen? Wollte sie damit andeuten, dass diese Beziehungen ein demokratisches Problem darstellten? War sie früher auf ihren Runden durchs Rathaus mit einem Lächeln begrüßt worden, drehte man ihr nunmehr meist den Rücken zu.
Magdalena überflog den Text noch einmal. Er war wirklich gut, stellte sie fest. Und interessant.
Blieb nur zu hoffen, dass sich der meiste Ärger gelegt hatte, wenn der Alltag wieder richtig losging, dachte sie und klappte den Ordner zu. Andernfalls würde es ein zähes Arbeiten geben. Sehr zäh.
Als sie wieder auf die Facebook-Seite kam, hatte Ann-Sofie geantwortet: »Ja, dann komm doch! Aber beeil dich, der Sommer ist bald vorbei. Fehlst mir!«
Du fehlst mir auch. Überhaupt fehlt mir so viel im Moment.
Christer Berglund legte in dem kombinierten Pausen- und Besprechungszimmer seinen A4-Block auf den Tisch und setzte sich an das kurze Ende. Sven Munthers Platz. Er war viel zu früh von etwas geweckt worden, was wie ein SMS -Piepsen geklungen hatte, doch als er nachgesehen hatte, war da gar keine Nachricht. Stattdessen war Mirjam aufgetaucht, das Engelshaar wie eine Gloriole um das verbrannte Gesicht. Ihre Stimme war ganz genau dieselbe gewesen, als sie ihn gefragt hatte, wie er das hatte zulassen können. Danach hatte er nicht wieder einschlafen können.
»Tut mir leid, Urban, dass du den Urlaub abbrechen musstest«, sagte er. »Jetzt, wo das Wetter so toll ist und so.«
Urban Bratt, der sich neben Folke niedergelassen hatte, trommelte entspannt mit den Fingern auf die Tischplatte und murmelte:
»Kein Problem.«
Petra warf Christer einen raschen Blick zu, der ihn vermuten ließ, dass auch sie den Unterton in Urbans Worten bemerkt hatte. Aber solange es nicht schlimmer wurde, ging es ja. Er zog etwas am Hemd, um sich Luft zu verschaffen.
Zumindest sah Urban so aus, als hätte er die Hitzewelle aufs Beste genutzt. Seine Sonnenbräune war so gleichmäßig, dass man meinen könnte, er sei spritzlackiert worden. Christer fiel auf, dass er sich sogar den Spaß erlaubt hatte, während seiner freien Tage den Bart anders zu stutzen. Der schmale Streifen entlang der Kinnlinie war weg, stattdessen hatte er sich einen Schnauzbart mit nach oben weisenden Enden zugelegt und einen Mini-Ziegenbart unten am Kinn. Hätte er Haare auf dem Kopf, dann sähe er so wie dieser Künstler mit den Traumbildern aus. Dalí.
»Mirjam Fransson ist also gestern Nachmittag gestorben«, erklärte er Urban, »und die Techniker scheinen mehr oder minder sicher, dass es sich um Brandstiftung mithilfe von Molotowcocktails handelt, die wahrscheinlich mit Benzin gefüllt waren. Zumindest hat man zwei Flaschenhälse gefunden. Gestern haben wir uns bei den Nachbarn am Källsåsvägen umgehört, doch abgesehen von der direkten Nachbarin, Hildegard Wennlund, die einen Mann auf einem Fahrrad gesehen hat, gibt es niemanden, der irgendetwas bemerkt hat.«
Christer machte eine kleine Pause und wandte sich dann an alle am Tisch.
»Wir müssen also weiterhin versuchen, so viel wie möglich über Mirjams Leben herauszufinden, ob sie Feinde hatte oder ob in der letzten Zeit etwas Besonderes passiert ist.«
Dass er ihren Namen aussprechen konnte, als ob sie irgendjemand wäre.
»Von Feinden weiß ich natürlich nichts, aber wenn ich die Sache richtig verstanden habe, hatte sie zumindest jede Menge sogenannter Freunde«, sagte Urban.
Er machte mit den Fingern um das Wort »Freunde« Gänsefüße in die Luft und fuhr fort:
»Es heißt, sie sei eine Gefahr für jeden Mann gewesen.«
Urban suchte Zustimmung bei seinen Kollegen, doch zu Christers Erleichterung sahen ihn sowohl Petra als auch Folke verständnislos an. Petra lebte zwar schon ziemlich lange in Hagfors, aber Folke konnte kaum etwas von derartigen Gerüchten wissen. Einen Moment lang tauchte
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