Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerteufel: Roman (German Edition)

Feuerteufel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerteufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ninni Schulman
Vom Netzwerk:
gleichmäßigen Abständen mehr Garn aus dem Knäuel. Er betrachtete sie im Schein der Leselampe. Plötzlich sah sie so jung aus, fast wie damals, als sie sich kennenlernten. Manchmal erblickte er in ihr das Mädchen, das sie gewesen war, und jedes Mal, wenn das geschah, empfand er tiefe Dankbarkeit, das Leben mit ihr teilen zu dürfen.
    Er wusste, dass er ihr das auch sagen sollte, doch solche Worte wollten ihm nicht über die Lippen kommen. Dankbarkeit, Liebe. Das war zu groß. Er ließ stattdessen seine Hände sprechen und hoffte, dass sie das verstand.
    In kleinen Schälchen auf dem Tisch brannten Teelichter, und an seinen Platz hatte Doris ein Glas Wein gestellt. Früher hatten sie niemals an einem gewöhnlichen Freitagabend Wein getrunken, das war eine neue Gewohnheit, die Doris von einer Italienreise mitgebracht hatte. Wahrscheinlich hatte sie damit das Gefühl, modern zu sein und kontinental. Sie las die Weintipps in den Zeitungen und tätigte manchmal sogar Sonderbestellungen in der Spirituosenhandlung, was Gunde ein klein wenig peinlich fand. Als ob sie Kenner wären, als ob das, was es gab, nicht taugen würde, nicht fein genug für sie wäre.
    Gunde nahm ein paar Schlucke und stellte dann das Glas zurück.
    »Wie fandst du ihn?«, fragte Doris, ohne im Stricken innezuhalten.
    »Doch, ziemlich gut.«
    Ob der Wein gut oder schlecht war, war so ziemlich das Einzige, was er beurteilen konnte. Und mehr war auch nicht nötig. Inzwischen saßen die Leute überall herum und palaverten über Trockenheit und Säure und Tönungen von Eiche und Pfirsich und Gras. Woher wussten die denn, wie Eiche schmeckte?
    Gunde trank noch ein paar Schlucke. Doch, der war gut. Aber die Unruhe, die ihn ergriffen hatte, wollte nicht weichen.
    Er stand auf, ging zum Fenster und sah in den Garten, auf den sich eben die Dämmerung niedersenkte. Das Gefühl, beobachtet zu werden, kam wieder, und er fing an, mit dem Blick die Beerenbüsche abzusuchen.
    Als er die dunkle Gestalt unter der Tanne entdeckte, verlor er fast das Gleichgewicht. Eine Kapuze bedeckte den Kopf und warf einen Schatten über die Augen, aber dennoch gab es keinen Zweifel, dass ihre Blicke sich trafen. Da stand jemand vor ihrem Haus und sah hinein.
    »Doris«, sagte er, »da ist jemand!«
    »Komm«, sagte Doris, »setz dich hin und nimm etwas Käse.«
    Dann zog sie noch etwas Garn aus dem Knäuel und strickte weiter.
    »Aber da ist wirklich jemand. Es ist wahr. Jemand mit Kapuze über dem Kopf. Diesmal ist es keine Einbildung.«
    Endlich legte Doris das Strickzeug beiseite, kam zum Fenster und schob die Blumengardine beiseite.
    »Wo denn?«, fragte sie skeptisch.
    »Da hinten bei der Tanne«, sagte er und zeigte.
    Aber jetzt war die Gestalt weg.
    »Ich schwöre dir, da war jemand.«
    »Bestimmt nur irgendein Junge, der Äpfel klauen wollte. Mach dir keine Gedanken.«
    Doris strich ihm über den Rücken.
    »Ja«, sagte Gunde, »wahrscheinlich hast du recht.«
    Er würde es so gern glauben.
    Magdalena hatte sich aufs Sofa in Ann-Sofies Wohnzimmer gesetzt, die Beine hochgezogen und die Augen geschlossen. Als sie die Freundin kommen hörte, sah sie auf.
    »Blocket?«, fragte sie und tätschelte die Armlehne des Sofas.
    Ann-Sofie war wie besessen von der regionalen schwedischen eBay-Variante. Ihr Trick, um die richtigen Schnäppchen zu machen, war, die Dinge im Suchfeld falsch zu schreiben. Unterschätze niemals den Geschmack eines Analphabeten, war einer ihrer weisen Ratschläge in wirtschaftlichen Dingen.
    »Der Verkäufer hatte Carl Malmsten mit zwei ›e‹ geschrieben. Ich dachte, das müsste ein Hardrocker oder so jemand sein, doch als ich dann nach Nacka fuhr, handelte es sich um eine ganz normale Dame um die fünfzig.«
    Ann-Sofie riss ein Streichholz an und zündete ein paar dicke Kerzen an.
    »So«, sagte sie, »jetzt erzähl mal. Was ist so chaotisch?«
    Magdalena beugte sich vor und streckte sich nach der Teetasse.
    »Alles, was mit Nils zu tun hat«, begann sie.
    »Was ist denn mit ihm?«
    Ann-Sofie rückte das Tuch zurecht, das sie immer noch um die Schultern trug, dann lehnte sie sich zurück – bereit zuzuhören.
    »Im Frühjahr war es ziemlich schwierig für ihn in der Vorschule. Er ist fast ein bisschen gemobbt worden.«
    »Fast ein bisschen gemobbt?«, fragte Ann-Sofie erstaunt. »Warum hast du davon nie was erwähnt, wenn wir telefoniert haben? Zu mir hast du immer gesagt, alles wäre gut.«
    »Ich weiß.«
    Magdalena merkte, wie sie rot wurde. Da hatte

Weitere Kostenlose Bücher