Feuerteufel: Roman (German Edition)
Und dann gibt man mir den Rat zu joggen.«
»Irgendwo muss man mal anfangen. Joggen schüttet Endorphine aus, das ist derselbe Stoff, der gebildet wird, wenn man verliebt ist.«
»Verliebt zu sein ist schrecklich.«
»Es ist schrecklich?«
»Das ist, als hätte man ein großes Loch im Herzen, eine Wunde, die nicht heilt. Ich habe beschlossen, das nie wieder zu sein.«
»Waren Sie denn niemals glücklich?«
»Einmal. Ungefähr eine Woche lang.«
»Möchten Sie darüber reden?«
»Nein, wirklich nicht. Ich wüsste nicht, was das jetzt für eine Bedeutung haben könnte.«
»Wenn Sie an die Zukunft denken, was wäre dann Ihr Traum?«
»Nichts.«
»Nichts?«
»Absolut nichts.«
6
Am Autobahnkreuz Hjulstakorset musste sich Magdalena in den dichten Verkehr der Rushhour um die Stockholmer Innenstadt einfädeln. In Vällingby stand zwischen den Kreiseln alles. Sie hatte beschlossen, das Auto irgendwo bei Alvik oder Stora Mossen abzustellen und den Rest des Weges mit der U-Bahn zurückzulegen. Dann würde sie kein Problem mit Parkplatzsuche und Stadtmaut haben, und außerdem wäre das praktisch, wenn sie am Sonntag Nils bei Ludvig abholen würde. Ein Haus in Ålsten, ja, vielen Dank. Das schicke Bromma. Als Ludvig und sie noch in Norra Ängby wohnten, machten sie gern ihre Witze darüber. Das schicke Bromma und das hässliche Bromma. Magdalena bezweifelte, dass Ebba dieselbe Distanz zu diesen Dingen hatte.
Am Kreisel von Råcksta merkte sie, wie die Neugier siegte. Seit sie vor einem knappen Jahr weggezogen war, hatte sie das Haus, in dem sie zusammen mit Ludvig gewohnt hatte, nicht mehr gesehen. Würde sie das verkraften? Sie umklammerte das Lenkrad fester. Ja, ich schaffe das. Jetzt oder nie.
Am Islandstorget blieb sie in der linken Spur an der Ampel stehen. Ihr kleiner Coop hieß jetzt anders. Und den Videoladen mit dem grünen Drachenschild, bei dem Nils fast jede Woche seine samstäglichen Süßigkeiten gekauft hatte, gab es nicht mehr.
Es war alles so verändert, Erinnerung und Wirklichkeit waren nicht mehr deckungsgleich.
Als die Ampel auf Grün sprang, bog sie zwischen dem neuen Tempo-Markt und dem, was jetzt ein Chinarestaurant war, auf den Bällstavägen.
Sie hatte sich schon beim allerersten Besuch in Norra Ängby in die langen Reihen pastellfarbener Holzhäuser und die zugewachsenen Gärten mit den knorrigen Obstbäumen verliebt.
»Das ist alles fast schon zu idyllisch«, hatte sie zu Ludvig gesagt, als sie an einem Samstag im Mai zur Hausbesichtigung dort gewesen waren und die Schafe vor Schloss Ängby unter blühenden Apfelbäumen gegrast hatten.
Damals hatten sie kein Haus gekauft, doch im August hatten sie ein ausgebautes Haus am Frislandsvägen gefunden, auf der einen Seite eine Waldlichtung und auf der anderen Seite die Schlosswiesen.
Als wäre es tausend Jahre her.
Magdalena blinkte rechts und bog in den Hedebyvägen ein. Zumindest die Allee aus Säulenweißdorn und kugelförmig geschnittenen Büschen war unverändert. Ein Mann um die fünfundvierzig mit einem Kinderwagen und einem Kind auf einem wackligen Fahrrad kam den Bürgersteig entlang, doch es war niemand, den Magdalena wiedererkannte.
Als sie zum Haus kam, stellte sie den Wagen ab und blieb mit den Händen im Schoß sitzen. Das Spielhaus von Nils war noch da. Am Schaukelgerüst hing eine Babyschaukel aus rotem Plastik. Sie wurde von Nostalgie übermannt. Der Schmerz, auf den sie sich eingestellt hatte, blieb aus.
Ich habe es geschafft. Das hier habe ich zumindest schon mal geschafft.
Der Spätsommer in Stockholm war trotz der kühlenden Küstenwinde ebenso heiß wie in Hagfors. Endlich mit der U-Bahn am Verkehrsknotenpunkt Slussen angekommen, war Magdalena verschwitzt und außerdem war ihr übel, sie hätte vor dem Besteigen der Bahn etwas essen sollen. Am Kiosk kaufte sie eine Flasche Mineralwasser und eine Rolle Lakritzscheiben, von der sie sich gleich drei Stück in den Mund steckte. Dann rief sie schnell Gunvor an, um zu fragen, ob mit Fisen alles in Ordnung sei.
Der Götgatsbacken war voller Menschen, die mitten auf der Straße flanierten, als ob Markttag wäre, und obwohl Magdalena spät dran war, konnte sie nicht umhin, sich von der entspannten Freitagnachmittagsstimmung anstecken zu lassen und hie und da in Schaufenster zu gucken, ehe sie in die Hökens gata bog. Am Portal zum Biergarten Mosebacke nahm sie ihr Handy und rief Ann-Sofie an. Sie ging die kleine Treppe hinauf und spähte ins Menschengewimmel.
»Hallo,
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