Feuerteufel: Roman (German Edition)
denen er Freund werden könnte. Jocke, Anders und Valle waren ohne Probleme zu finden. Dann suchte er ein paar Kollegen von der Polizeihochschule. War Petra dabei? Ja, das war sie, schien aber nicht sonderlich aktiv zu sein. Sie hatte nur fünfzehn Freunde, und das Profilbild zeigte ihren Hund mit Nikolausmütze. Er schickte ihr trotzdem eine Anfrage.
Urban Bratt fand er auch. Der war offensichtlich viel aktiver, auf dem Profilbild saß er braun gebrannt mit einem Bier in der Hand auf irgendeinem Steg. Christer beschloss, ihn nicht anzufragen. Offensichtlich war Urban Single, Atheist und interessierte sich für Frauen.
Folke Natt och Dag, von denen es erstaunlicherweise zwei Stück gab, hatte ein Porträtbild im Halbprofil in weißem T-Shirt mit V-Ausschnitt. »In einer Beziehung«, stand in seinem Beziehungsstatus.
Hatte der eine Freundin? Davon hatte er noch nie erzählt.
»Das ist doch das reinste Wunder«, staunte Ann-Sofie, »nach all dem, was ihr durchgemacht habt, Ludvig und du.«
Sie mussten laut reden, um in dem Gesprächslärm der umsitzenden Gäste das eigene Wort zu verstehen. Magdalena bekam andauernd einen Ellenbogen in die Seite gerammt, hatte aber aufgehört, dem Mann neben ihr wütende Blicke zuzuwerfen, zumal das den gar nicht zu stören schien.
Ann-Sofie spießte ein paar Salatblätter auf die Gabel und warf dann die Haare zurück, die ihr andauernd ins Gesicht flogen.
»Ja, das ist wirklich ein Wunder«, sagte Magdalena schließlich. »Ich hätte nie gedacht, dass mir das noch mal passieren würde.«
»Noch mal?«
Ann-Sofie hörte auf zu kauen und zog die Augenbrauen hoch.
»Ja, ich hab es vielleicht nie erzählt, aber …«
Mein Gott, ich will hier wirklich nicht darüber reden.
»… aber Petter und ich hatten damals, als wir zum ersten Mal zusammen waren, schon mal eine Schwangerschaft.«
Ann-Sofie legte die Gabel aus der Hand, stützte den Ellenbogen auf und sah sie an.
»Das ist lange her«, fuhr Magdalena fort, »und ich weiß heute auch nicht mehr so recht, was wir uns dabei gedacht haben, ich war erst dreiundzwanzig, aber es war geplant und ersehnt. Mehrere unserer Freunde hatten schon Kinder, und Petter hatte eine feste Anstellung als Tischler. Es schien uns, als hätten wir keinen Grund zu warten.«
Ann-Sofie runzelte wie immer, wenn sie sich konzentrierte, die Stirn.
»Aber eines Abends bekam ich schrecklich Magenschmerzen, das tat so weh, dass ich auf dem Klo fast in Ohnmacht gefallen wäre, und Petter musste einen Krankenwagen rufen. Und ja, dann.«
Magdalena machte eine resignierte Geste – so kann es gehen – und nahm einen Schluck Mineralwasser.
»In welcher Woche warst du da?«
»Fünfundzwanzigste.«
»Mein Gott, Magda.«
Ann-Sofie hielt sich erst die Hand vor den Mund, legte sie dann aber auf Magdalenas Arm.
»Wieso hast du das nie erzählt?«
»Es ist ganz einfach etwas, woran ich nicht erinnert werden will.«
Um eine Ausrede zu haben, nicht weitersprechen zu müssen, steckte sich Magdalena einen Crouton in den Mund.
»Ich glaube, dass alles einen Sinn hat«, sagte Ann-Sofie. »Ihr solltet einander wiederfinden und eine zweite Chance bekommen. Und diesmal wird es gut gehen.«
Magdalena wich Ann-Sofies Blick aus und sah an ihr vorbei zu Gröna Lund hinüber. Der Korb vom »Freien Fall« schraubte sich langsam höher und höher hinauf, um dann ganz oben unerträglich lange still zu stehen. Magdalena spürte ein Kitzeln im Bauch, als er endlich runterfiel.
»Und was sagt Petter dazu?«, fragte Ann-Sofie, als Magdalena schwieg.
»Er weiß nichts.«
»Er weiß nichts? Warum das denn?«
Magdalena hörte, wie seltsam das klang. Wenn sie es nur erklären könnte. Die Sorge um Nils, die Ruhelosigkeit, die Angst, festgenagelt zu werden, die Angst, abhängig zu sein, die Angst vor einer Fehlgeburt, Angst vor allem. Dem Leben.
»Aber du liebst ihn doch, oder?«
»Doch, ich liebe ihn, klar.«
»Und du willst das Kind haben?«
Magdalena nickte.
»Aber es ist alles so ein Chaos.«
»Was ist Chaos?«
»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Magdalena und knibbelte mit dem Fingernagel an einem Splitter in der Tischplatte herum. »Es fällt mir so schwer zu erzählen.«
Ann-Sofie zog das Tuch enger um die Schultern.
»Sollen wir nach Hause gehen? Irgendwie geht es da leichter.«
Gunde sank in den Fernsehsessel und legte die Füße auf den Hocker. Doris saß wie gewöhnlich in ihrer Sofaecke. Die Stricknadeln klirrten rhythmisch, und sie zog in
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