Feuerteufel: Roman (German Edition)
ließ er den Kopf wieder aufs Kissen sinken und nahm ihre Hand.
»Wie geht es dir jetzt damit?«
Wie ging es ihr eigentlich damit?
»Ich glaube, es ist okay. Zumindest tagsüber.«
Lasse drückte ihre Hand fester.
»Du weißt aber, dass du mit mir über alles reden kannst, oder?«
Petra wollte ihm sagen, dass sie das wusste, doch als sie sich ihm zuwandte, hatte er die Augen geschlossen und war im Begriff, wieder einzuschlafen. Er hielt immer noch ihre Hand, und seine Stirn war besorgt gerunzelt.
Petra machte das Licht aus, schmiegte sich an ihn und legte das Ohr auf seine Brust. Nach knapp einer Minute hörte sie Lasse leicht schnarchen, sie selbst aber lag da und starrte in die Dunkelheit.
Zumindest stand Yngve Wennlund nicht mehr an ihrem Bett.
Als die roten Ziffern 00:23 zeigten, stand Petra auf, zog ihren Morgenmantel an und ging in die Küche. Roy machte die Augen auf, als sie durch den Flur kam, schaffte es aber nicht, den Kopf von seinem Lager zu heben.
Gedankenverloren schaute Petra in den Kühlschrank und blieb ein Weilchen in der Kühle stehen, ehe sie ihn wieder zumachte. Als sie das nächste Mal an Roy vorbeikam, sah er nicht einmal auf.
Als sie vor Nellies Zimmer stand, schob sie die Tür auf und sah hinein. Die Tochter lag in halb fötaler Lage zusammengekauert, das Gesicht zur Wand. Trotz der Wärme hatte sie die Decke bis über die Ohren gezogen, und nur das grüne Haar war noch zu sehen. Sie sieht aus wie so ein Bleistifttroll, dachte Petra und lächelte. Der hübscheste Bleistifttroll der Welt.
Sie blieb eine Weile so stehen und lauschte Nellies Atemzügen in der Dunkelheit. Als Kind hatte sie immer auf dem Rücken, mit den Armen über dem Kopf gelegen. Geborgen und vollkommen ausgeliefert. Wann hatte sie eigentlich angefangen, so zu schlafen?
Petra schauderte, als sie sich daran erinnerte, wie Nellie im Januar von zu Hause verschwunden war, die Angst, die sie völlig fertiggemacht hatte, weil sie fürchtete, sie sei ermordet worden. Mach das nie wieder. Versprich mir das.
Vorsichtig zog sie die Tür zu und ging zu Hannes’ Zimmer. Auch seine Tür war nur angelehnt, und drinnen war es dunkel und still. Dann guckte er wenigstens nicht die ganze Nacht Filme.
Aber was war das denn? Petra schob die Tür auf, um besser sehen zu können.
Das Bett war leer.
Gunde ließ die Schlaftabletten sein. Der Doktor hatte gesagt, dass sie nicht mit Alkohol kombiniert werden sollten, und da hielt man sich besser daran. Er schaltete die Lampe aus und kroch unter die Decke.
Doris schlief schon auf ihrer Seite des Bettes. Sie war zwei Stunden zuvor schlafen gegangen, freitagabends war sie immer müde. Als sie frisch verheiratet waren, hatte es ihn frustriert, wenn sie, noch ehe er sich die Zähne geputzt hatte, schon eingeschlafen war, doch im Laufe der Zeit hatte er gelernt, es zu akzeptieren. So war sie samstags sehr viel unternehmungslustiger.
Die Schlafzimmertür stand halb offen, und ein schwaches Licht von der Straßenlaterne fiel durch die Gaube auf den Fußboden.
Wer hatte da draußen gestanden? War das derselbe Mensch, der die Scheibe im Schaufenster zerschlagen hatte? Derselbe Mensch, der ein paar Tage zuvor hinter der Kaffestugan sämtliche Pflanzen aus dem Beet gerissen und auf den Kiesweg geworfen hatte?
Er wünschte, Doris wäre wach. Vorsichtig drehte er sich zur Seite und sah sie an. Jetzt war sie wieder in ihrem gewöhnlichen Alter. Die Falten am Mund verliefen als Strich über das Kinn, wenn sie sich entspannte.
»Danke, dass es dich gibt«, flüsterte er.
Dann legte er seine Hand über ihre.
Ein Knall aus dem Erdgeschoss ließ ihn ruckartig die Hand von Doris wegziehen. Dann noch ein Knall. Gunde setzte sich im Bett auf. Was war das denn? Im Erdgeschoss brüllte etwas. Wie ein Ungeheuer aus einer Höllenwelt.
Noch ehe er aus dem Bett springen konnte, sah er dichten Rauch die Treppe aufsteigen. Schwarz und undurchdringlich.
Er schrie auf.
»Es brennt! Doris, wach auf, es brennt!«
Irgendwo in dem Dröhnen hörte Gunde Glas splittern. Erst einen gewaltsamen Krach, dann noch einen. Da unten explodiert unser Zuhause!
Doris bewegte sich ein wenig im Schlaf. Dann drehte sie sich auf die Seite.
»Wach auf, Doris! Wir müssen raus!«
Er rüttelte sie. Draußen im Flur wurde der Rauch noch dicker. Das Holz knackte, und dieses unwirkliche Brüllen wurde noch lauter.
Was soll ich tun? Was soll ich tun? Hilfe! Ich kann sie doch nicht hierlassen, das geht nicht.
Gunde rannte zur
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