Feuerteufel: Roman (German Edition)
auf und streckte die Beine unter den Tisch.
»Und was macht sie mit ihrem Leben?«
»Nun ja, da ist ganz schön viel Trubel. Ein Kommen und Gehen die ganze Zeit. Nicht, dass ich so genau hinsehen würde, aber wie Sie schon sagten, man kann ja nicht die ganze Zeit mit geschlossenen Augen rumlaufen.«
»Mirjam Fransson hat sieben Jahre neben Ihnen gewohnt«, sagte Petra, »aber Sie scheinen das Ganze nicht sehr schwerzunehmen.«
Hildegard Wennlund sah erschöpft aus. Sie drehte wieder an ihren Ringen und sah wieder zu Folke. Die Sonne glänzte in ihren ungeputzten Brillengläsern.
»Wie man’s nimmt. Ich weiß nicht recht, was Sie damit meinen. In meinem Alter hat man sich an vieles gewöhnen müssen. Wissen Sie, ich habe schon viele Verluste erlitten. Natürlich ist das traurig, wenn das Nachbarhaus abbrennt, aber das wird mich, soweit ich das überreiße, nicht weiter beeinträchtigen. Abgesehen davon, dass es kein schöner Anblick ist.«
Petra betrachtete den kleinen Menschen auf der anderen Seite des Tisches, die geäderten Hände, die jetzt still im Schoß lagen, das geblümte Kleid mit Taschen auf dem Rock, die geschwollenen Beine, die in ein Paar geschnürte Ecco-Schuhe gesteckt waren. Wie seltsam, dass die alte Frau, die schrumpelige Alte mit einem Marmeladenfleck mitten vorn auf dem Kleid, nicht einmal gefragt hatte, wie es Mirjam ging und ob sie noch lebte.
»Und es ist nicht so, dass Sie gestern zufällig etwas gesehen haben, das Sie uns erzählen möchten?«, fragte Folke.
»Wie gesagt«, begann Hildegard, »nicht, dass ich herumspionieren würde, aber ja, das habe ich.«
Kjell-Ove trug die Lebensmittel in die Küche, schaltete das Radio ein und begann, die Einkäufe einzuräumen. Der Schweiß ließ die Brille auf der Nase herunterrutschen, als er sich über die Tüten beugte.
Ich muss es sehen, dachte er und knüllte die leeren Plastiktüten in die unterste Küchenschublade. Ich kann es nicht glauben, ehe ich es mit eigenen Augen gesehen habe.
Cecilia saß unbeweglich draußen auf der Terrasse, während Tindra ihren Puppenwagen eine Runde nach der anderen um den Tisch schob.
»Hab vergessen, Kaffee zu kaufen«, sagte er. »Ich fahr noch mal schnell los.«
»Okay«, sagte Cecilia, ohne den Kopf zu wenden. »Tu das.«
Die Hände klebten am Lenkrad, als Kjell-Ove nach Hagälven fuhr, und seine Beine zitterten. Beim Einbiegen in den Källsåsvägen war sein Mund staubtrocken.
Es kann nicht wahr sein. Es darf nicht wahr sein.
Mirjams Haus sah mitten im spätsommerlichen Grün so unwirklich aus, wie ein Schwarz-Weiß-Foto, das zwischen eine Menge Farbbilder geraten ist. Die Fassade zur Straße stand noch, wie eine Theaterkulisse sah sie aus, aber auf der Rückseite fehlten die Wände. Es fühlte sich wie ein Übergriff an, direkt in das hineinzustarren, was einmal ein Wohnzimmer gewesen war.
Zwei Feuerwehrleute sahen ihm vom lehmigen Rasen aus nach, als er vorbeifuhr. Am Ende der Straße wendete er und fuhr etwas schneller zurück.
Geliebte, geliebte Mirjam.
Er rief noch einmal ihre Nummer im Handy auf, doch wieder ging die Mailbox an. Obwohl er darauf vorbereitet war, durchfuhr es ihn, als er ihre fröhliche Stimme hörte.
»Wie geht es dir?«, flüsterte er. »Ich mache mir solche Sorgen. Bitte, melde dich.«
Als Kjell-Ove wieder auf dem breiten Dalavägen war, parkte er bei der Tankstelle. Zum Hügel hin mähte ein Mann mit nacktem Oberkörper den Rasen vor einem Eternithaus. Kjell-Ove sah ihm eine ganze Weile zu, beobachtete, wie er zwischen dem Haus und der frei stehenden Garage hin- und herging. Das Verrichten dieser alltäglichen Arbeit wirkte beruhigend auf ihn, und ein paar Sekunden lang fühlte sich alles fast ganz normal an.
Dann wählte er die Nummer der Auskunft. Während es klingelte, betrachtete er eine zerdrückte Hummel, die unter den Scheibenwischer geraten war. Sie hatte einen Flügel verloren, und die Beine standen in alle Richtungen.
»118 118, was kann ich für Sie tun?«
Kjell-Ove räusperte sich und schluckte. Jetzt hieß es schnell sein. Die Auskunft anzurufen war teuer.
»Ich hätte gern die Nummer des Universitätskrankenhauses in Uppsala.«
»Uppsala, sehr gern. Die Vorwahl ist 018. Möchten Sie die Nummer als SMS geschickt bekommen?«, fragte der Mann am anderen Ende der Leitung.
Kjell-Ove dachte nach.
»Ja, gern.«
»Dann mache ich das. Soll ich Sie trotzdem direkt verbinden?«, fuhr der Mann fort.
»Ja, bitte.«
»Das mache ich gern.«
Es fiel
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