Feuerteufel: Roman (German Edition)
Magdalena schwer, in der Hitze einen klaren Gedanken zu fassen. Die Sonne brannte durch das große Fenster. Wenn es wenigstens eine Markise gäbe. Oder eine Klimaanlage. Sie trank einen Schluck Wasser und merkte, wie ihr der Achselschweiß an den Armen hinunterlief. Als sie den Hörer nehmen und die Hundebesitzerin in Lakene anrufen wollte, hörte sie Schritte am Empfang. Jens Sundvall nickte ihr durch die Glasscheibe zu und trat dann mit der Kameratasche über der Schulter in ihr Zimmer. Er sah etwas erholter aus als am Abend zuvor, wirkte aber immer noch verkrampft. Über der Augenbraue saß ein großes Pflaster.
»In Hagälven löschen sie immer noch«, sagte er und setzte sich auf den Stuhl neben dem Drucker. »Ich war eben da. Sind ganz gute Bilder geworden. Die Polizei war auch da, scheinbar gehen sie von Tür zu Tür und befragen die Nachbarn. Gibt es einen Kaffee bei dir?«
Noch ehe Magdalena antworten konnte, war Jens aufgestanden und in die Teeküche gegangen. Magdalena hörte die Tassen auf dem Abtropfgitter scheppern.
»Ich glaube, mit dem Perkolator stimmt irgendwas nicht«, rief sie, »der Kaffee schmeckt grässlich.«
»Ist doch alles in Ordnung«, meinte Jens, als er wieder auf dem Stuhl saß und einen Schluck genommen hatte. »Ein bisschen stark vielleicht, aber das magst du doch, oder?«
»Die gehen von Tür zu Tür?«, fragte Magdalena, »bist du sicher?«
»Ja, so gut wie.«
»Aber warum sollten sie das, wenn doch der Blitz eingeschlagen hat?«
»Wer weiß«, sagte Jens, »vielleicht gibt es ja neue Erkenntnisse.«
Wieder hörte man Schritte durch die offene Tür zur Redaktion kommen. Ein glatt gekämmter Mann um die sechzig blieb am nicht besetzten Empfang stehen und sah sich fragend um. Magdalena stand auf und ging zu ihm hinaus.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich würde gern einen Leserbrief abgeben.«
Der Mann, der karierte Shorts mit Bügelfalte, ein kurzärmeliges Hemd und braune Ledersandalen trug, legte ein doppelt gefaltetes A4-Blatt vor sich auf den Tresen und fuhr unruhig mit den Fingern über die gefaltete Kante.
»Einen Leserbrief?«, fragte Magdalena nach, die es gewohnt war, dass Menschen Annoncen, Notizen, Artikel und Leserbriefe miteinander verwechselten.
»Ja, für die Leserbriefseite.«
Der Mann trat von einem Fuß auf den anderen.
»Sie wissen aber, dass man den auch direkt an die Redaktion in Karlstad mailen kann, oder?«
»Ja, aber ich ziehe es vor, auf gewöhnlichem Papier zu schreiben. Ich bin nicht so für Computer.«
»In Ordnung. Ich kümmere mich darum. Kein Problem.«
Magdalena nahm das Papier an sich.
»Was glauben Sie, wann er in der Zeitung erscheinen wird?«, fragte der Mann.
»Das kann ich leider nicht beantworten, das entscheiden die Redakteure da unten. Aber ich werde dafür sorgen, dass er an die richtige Stelle kommt.«
Magdalena hielt das Papier in einer, wie sie hoffte, vertrauenerweckenden Geste in der Hand.
Der Mann sagte »dann vielen Dank« und verschwand durch die offene Tür.
»Das war der vom Wohnungsamt«, sagte Jens Sundvall, als Magdalena in ihr Zimmer zurückgekehrt war. »Der hat mir im Frühjahr mit der Wohnung geholfen.«
Magdalena faltete das Papier auf. Die Handschrift war hübsch, fast ein wenig unmännlich, fand sie.
»Thorbjörn Hermansson«, las sie.
»Genau, so hieß er«, sagte Jens und kippte den letzten Schluck Kaffee. »Ich muss los. Danke für den Kaffee.«
Ein leichter Klaps auf die Schulter, und schon war er wieder draußen auf der Straße.
Als Magdalena allein war, las sie den Leserbrief.
»Werft die Menschen nicht auf den Müll!
Wir leben inzwischen in einer kalten Welt, einer Gesellschaft, in der Menschen keinen Wert mehr haben, sondern nur Zahlen in verschiedenen Statistiken sind. Es gilt, es bei den Einteilungen der Politiker in die richtige Spalte zu schaffen, in die der effektiven, gewinnbringenden Menschen. Mit Kranken und Arbeitslosen und anderen nichtigen Elementen macht man sich keine Mühe.
Dieser ›gewinnbringende‹ Blick auf den Menschen herrscht nicht nur auf den Fluren der Regierung, sondern auch ungeachtet politischer Majoritäten auf kommunaler Ebene.
Was ist mit unserer Solidarität geschehen?«
Ja, das konnte man sich fragen. In ihren Jahren als Journalistin war Magdalena vielen Menschen begegnet, die im schwedischen Volksheim zwischen die Stühle geraten waren.
Die Polizei ging im Källsåsvägen von Tür zu Tür? Das musste sie mal checken.
Kjell-Ove beendete das Gespräch
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