Feuertochter: Roman (German Edition)
nicht für nötig befunden haben, ihm dies mitzuteilen.
»Was machen wir jetzt? Geben wir auf und warten, was weiter geschieht, oder holen wir uns die Stadt?«, fragte Ferdinand weiter.
An Aufgeben dachte Oisin nicht, obwohl er wusste, dass es ihm nicht leichtfallen würde, Léana auf Dauer zu halten. Aber um die Macht des Clans zu vergrößern, benötigte er die Waffen und vieles andere, was die Engländer dort gehortet hatten.
»Wie viele Soldaten sind es?«, wollte er wissen.
»Toal hat fünfzig und noch einmal zehn gezählt!«, berichtete Ionatán.
»Sechzig also«, antwortete Oisin grimmig.
Seine Männer waren diesen Engländern um etwa die Hälfte überlegen. Aber wenn sie einen Hinterhalt legten und den feindlichen Trupp angriffen, würden die Schüsse die Garnison in der Stadt alarmieren. Danach war jeder Versuch, in Léana einzudringen, zum Scheitern verurteilt.
»Vielleicht könnten die Damen uns helfen«, warf Ferdinand ein.
Sofort spitzte Ciara die Ohren. »Wie meint Ihr das?«
»Wenn Ihr die Männer ablenken könnt, wären wir in der Lage, sie zu umzingeln. Vielleicht ergeben sie sich dann.«
»Und wenn nicht, feuern sie auf uns, und in der Stadt wissen alle Bescheid, dass sich irische Rebellen in der Gegend herumtreiben.« Oisin schüttelte den Kopf, begriff aber selbst, dass das ihre einzige Chance war. Wenn frische Truppen in die Stadt kamen, würden diese auf der Hut sein und die Mauern scharf bewachen. Sie dann heimlich zu überwinden war unmöglich. Dennoch zögerte er.
»Wir sollten Kriegsrat halten«, schlug er Ferdinand vor. Jetzt bedauerte er es, dass weder Aithil noch Buirre bei ihnen waren. Als erfahrene Kämpfer hätten sie gewiss Rat gewusst.
Oisin setzte sich unter einen Baum und forderte Ferdinand, Ionatán und zwei seiner Krieger auf, sich um ihn zu scharen. Zu seinem nicht geringen Ärger nahmen auch Ciara und Saraid wie selbstverständlich bei ihm Platz, und ihre Mienen verrieten unmissverständlich, dass sie gehört werden wollten.
»Was haltet ihr von Herrn Ferdinands Vorschlag, den Engländern mit Hilfe der Frauen eine Falle zu stellen?«, fragte er seine Männer.
»Ich finde ihn sehr gut«, sagte Ciara, bevor einer der anderen antworten konnte.
»Es ist aber gefährlich!«, mahnte Ferdinand, obwohl er die Idee selbst vorgebracht hatte.
»Fürchtet Ihr Euch etwa?«, fragte Ciara spöttisch.
»Nicht um mich, aber um Euch!« Ferdinands Lächeln bewirkte, dass Ciaras Unmut schwand.
Er sorgte sich um sie, und darüber freute sie sich. Dennoch sah sie ihn und ihren Bruder mit entschlossen blitzenden Augen an. »Wer in dieser Zeit Erfolge erringen will, muss etwas wagen. Auch haben wir nicht die Zeit, lange zu beraten. Sonst ist der Trupp in der Stadt, und wir haben das Nachsehen.«
Oisin atmete tief durch und nickte schließlich. »Wir wagen es! Doch gnade Gott den Engländern, wenn dir auch nur ein Haar gekrümmt wird.«
»Das werden wir zu verhindern wissen!« Entschlossen klopfte Ferdinand gegen den Griff seines Schwerts und erläuterte den anderen seinen Plan.
13.
C iara zupfte an ihrem Kleid herum, das nicht richtig sitzen wollte, und betrachtete ihre Gefährtin. Saraid sah in dem zerrissenen Rock und der grob genähten Bluse voller Schmutzflecken heruntergekommen aus. Der Gedanke, dass sie selbst den gleichen Anblick bot, ließ Ciara aufseufzen. Doch wenn sie Erfolg haben wollten, mussten sie dieses Opfer bringen. Auch Ionatán, Toal und die beiden anderen Männer, die sie begleiten sollten, wirkten wie Landstreicher. Von diesen gab es derzeit etliche in Irland, und daher würden sie in dieser Verkleidung kaum Aufsehen erregen. Jetzt kam es noch darauf an, dass Oisin, Ferdinand und die anderen Krieger ihnen unbemerkt folgen konnten.
Nervös blickte sie in den Wald, konnte aber nichts erkennen. »Hoffentlich haben wir sie nicht verloren. Ich höre nämlich schon die Engländer hinter uns«, flüsterte sie besorgt.
»Keine Sorge, der Taoiseach und seine Leute sind keine hundert Schritte von uns entfernt«, versuchte Ionatán sie zu beruhigen.
Saraid lachte bitter auf. »Das könnten im schlimmsten Fall einhundert Schritte zu viel sein – wenn die Engländer uns sofort niederhauen.«
»Welchen Grund hätten sie?« Ihren Worten zum Trotz fühlte Ciara sich nicht wohl in ihrer Haut. Es war etwas anderes, einen Plan zu entwerfen, als diesen auch auszuführen. Mit angespannten Sinnen lauschte sie nach hinten und hörte die Engländer rasch aufholen. Mit der
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