Feuertochter: Roman (German Edition)
lassen?«
»Gottes Wille ist den Menschen oft unverständlich«, sagte Ciara leise. »Wieso lässt er es zu, dass die englischen Ketzer unsere Nachbarn sind, und nicht ein Volk, mit dem wir in Frieden leben könnten? So viele gute Iren haben sie bereits umgebracht! Sie sind auch schuld daran, dass ich meine Mutter niemals kennenlernen durfte. Ich war kaum älter als ein Jahr, als sie den Wunden erlag, die ihr Haresgills Mordknechte beigebracht haben!«
»Ich glaube nicht, dass ein studierter Kleriker, ein Bischof oder gar der Papst darauf eine Antwort weiß.« Ferdinand lachte leise, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen.
Inzwischen war es Nacht geworden, und er wies nach oben, auf einen einzelnen Stern, der sich in einer Lücke zwischen den Baumkronen zeigte. »Die Herren Astrologen behaupten, anhand der Sterne das Schicksal der Menschen bestimmen zu können. Vielleicht sollte man sie fragen, was aus Irland wird.«
»Astrologen sind auch nur Männer und lügen, um jenen zu gefallen, die sie fragen«, antwortete Ciara harsch. »Doch ich sehe, dass Oisin und die Krieger sich bereits hingelegt haben und schlafen. Das sollten wir ebenfalls tun.«
Sie gab Saraid, der bereits die Augen zuzufallen drohten, einen leichten Schubs und wickelte sich nur wenige Schritte von Ferdinand entfernt in ihren Mantel. Ihre Cousine tat es ihr gleich, und kurz darauf verrieten ihre gleichmäßigen Atemzüge, dass sie eingeschlafen waren.
Hufeisen legte sich ebenfalls hin, sah dann aber noch einmal zu Ferdinand auf. »Sie ist eine prachtvolle Frau, Herr Ferdinand. Eine bessere könntet Ihr nicht finden. Wenn Ihr sie fragt, wird sie wahrscheinlich mit Euch gehen.«
»Wohin?«, fragte Ferdinand mit einem bitteren Auflachen. »Selbst wenn ich die beiden Bauernhöfe verkaufe, die mein Onkel für mich verwaltet, könnte ich ihr nicht das Leben bieten, das ihr als Dame von Adel gebührt.«
»Sie hat selbst gesagt, dass es in Irland keine Damen gibt, sondern Frauen, die zupacken können«, sagte Hufeisen noch und gab es auf, Ferdinand weiter den Kopf zurechtzusetzen. Der junge Mann musste selbst erkennen, was er im Leben erringen wollte und was nicht.
12.
D er Trupp kam genauso unbemerkt voran, wie Oisin es erhofft hatte. Sie verbrachten noch eine zweite Nacht im Wald, doch diesmal mied Ciara Ferdinands Nähe. Irgendwie ärgerte sie sich darüber, dass er sie zwar zu bewundern schien, aber nicht einmal ansatzweise den Versuch machte, ihr näherzukommen. Selbst die Überlegung, dass sie ihre Jungfräulichkeit für einen Ehemann aufsparen sollte, half da nichts. Schlecht gelaunt stand sie am nächsten Morgen auf und kramte in dem Beutel, in den sie ihren Mundvorrat verstaut hatte.
Saraid sah ihre Miene und schüttelte den Kopf. »Was ist denn mit dir los? Wir sind doch gut vorwärtsgekommen.«
»Ja, das sind wir«, antwortete Ciara, die immer noch verärgert war, weil Ferdinand keinerlei Begehren zeigte. Das aber wagte sie ihrer Cousine nicht zu sagen, und so blieb sie den Vormittag über still und in sich gekehrt.
Nach einem kargen Frühstück führte Oisin O’Corra seine Leute weiter auf verborgenen Pfaden durch den Wald. Sie befanden sich bereits in der Nähe der Stadt, die er ins Auge gefasst hatte, und er hoffte, bald auf seine Späher zu stoßen.
Mit einem Mal gab Gamhain einen Laut von sich, der wie ein unterdrücktes Bellen klang. Sofort zog Oisin sein Schwert und sah, dass Ferdinand und Hufeisen ihre Waffen ebenfalls in die Hand nahmen.
Es kam jedoch kein Feind auf sie zu, sondern Ionatán. Dieser musste rasch gelaufen sein, denn er keuchte und presste seine Rechte gegen den Bauch, als quäle ihn heftiges Seitenstechen.
Als er schließlich vor Oisin stehen blieb, dauerte es eine Weile, bis er sprechen konnte. Dann aber zeigte er erregt nach hinten. »Herr, wir haben einen Trupp englischer Soldaten entdeckt, die nach Léana wollen. Toal hat sie belauschen können. Die Männer sollen die Besatzung ablösen. So hat es der Earl of Essex bestimmt.«
»Was hat der damit zu tun?«, fragte Oisin.
»Nun, die Königin – ich meine die von England – hat Essex zum neuen Lord Lieutenant von Irland und ihrem Oberbefehlshaber ernannt. Er soll mit einem riesigen Heer in Baile Atha Cliath gelandet sein.«
Ferdinand konnte mit diesem Begriff nichts anfangen und fragte: »Wo?«
»In Dublin«, half Oisin ihm aus. Gleichzeitig fühlte er Zorn in sich aufsteigen. Aodh Mór O’Néill musste davon bereits gewusst, es offenbar aber
Weitere Kostenlose Bücher