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Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ferdinand.
    »Sie sind vor den Augen ihres Offiziers zu uns übergelaufen und werden sich hüten, uns zu enttäuschen«, antwortete Oisin. »Trotzdem würde ich sie ungern bei den Gefangenen zurücklassen. Ich glaube, zehn Männer reichen aus, um die englischen Soldaten zu bewachen. Der Rest sollte sich fertig machen. Jetzt gilt es, schnell zu sein. Wenn jemand in Léana merkt, dass wir diesen Trupp abgefangen haben, werden uns die Tore der Stadt verschlossen bleiben.«
    Oisin nickte zustimmend. »Wir werden unsere Gefangenen um ihre Kleider erleichtern. Aber erwartet nicht, dass ich den Offizier spiele. Dafür ist mein irischer Akzent viel zu ausgeprägt.«
    »Außerdem habt Ihr etwas zu breite Schultern, um in den Rock dieses Jungen zu passen.« Noch während Ferdinand es sagte, begriff er, worauf Oisin hinauswollte, und schüttelte den Kopf.
    »Ihr könnt nicht verlangen, dass ich das tue!«
    »Seht Ihr hier einen anderen, der es kann?« Lachend klopfte Oisin Ferdinand auf die Schulter und befahl dann seinen Männern, die Gefangenen zu entkleiden.
    Die Engländer beschwerten sich empört, mussten es aber zulassen. So brach eine halbe Stunde später ein Trupp englisch gekleideter Soldaten auf, der eine ähnlich große Zahl an gefangenen Iren eskortierte. Deren Fesseln waren jedoch nur nachlässig um die Handgelenke geschlungen, und unter ihrer Kleidung trugen sie Messer und Dolche. Außerdem hatte man den Esel mit so vielen Kurzschwertern beladen, wie das Tier tragen konnte. Eine Decke verhüllte die Waffen vor fremden Blicken. Ciara führte den Esel und bemühte sich dabei, so zerknirscht auszusehen, als wäre sie von den angeblichen Engländern bei den Iren mit aufgegriffen worden. Auch Saraid kam mit, während Ionatán mit zehn Mann bei den Gefangenen zurückbleiben musste. Da diese erlebt hatten, wie er mit ihrem Sergeanten umgesprungen war, nahm keiner an, dass sie ihm Schwierigkeiten bereiten würden.

14.
    F erdinand starrte nach vorne auf die Stadt und spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Léana war klein und war nur der Festung wegen, mit der die Brücke über den Shannon gesichert wurde, von einer gewissen Bedeutung. Diese Brücke verlief in sechs Bogen über den Fluss und endete direkt an dem von einem wuchtigen Rundturm geschützten Stadttor. Die Stadtmauer war etwas mehr als zwei Manneslängen hoch, während die Burg durch eine doppelt so hohe Mauer gesichert wurde.
    Das Grau ihrer Steine stach unangenehm von dem Grün der Wiesen und dem schwarzblauen Wasser des Flusses ab und ließ Stadt und Festung wie einen Fremdkörper in der Landschaft erscheinen. Ein Fremdkörper war es auch, fuhr es Ferdinand durch den Kopf, denn die Engländer hatten die Burg errichtet und das danebengelegene irische Dorf einfach mit der Stadtmauer umschlossen und ihm die eigenen Gesetze aufgedrückt. Oisins Berichten zufolge lebten tatsächlich mehr Engländer als Iren in Léana. Dazu kam noch die Besatzung der Burg, die er auf sechzig Mann schätzte.
    Angesichts des wuchtigen Palas und der drei Wehrtürme begriff Ferdinand, weshalb Oisin der Ansicht war, dass diese Stadt nur durch List eingenommen werden konnte. Doch würde diese gelingen? Als er auf das Tor zuritt, zweifelte er daran. Zwar trugen sechzig ihrer Männer englische Soldatentracht und er selbst die Kleidung des jungen Offiziers, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass der Kommandant der Festung darauf hereinfallen würde. Da ihm das Wams des jungen Mannes zu eng war, hatte er es an den Schultern aufschneiden müssen und sich trotz des schwülwarmen Wetters in den weiten Umhang gehüllt, der hinter den Sattel geschnallt gewesen war. Auf die Rüstung hatte er verzichtet, denn die war zu schmalbrüstig für ihn gewesen.
    Die Hufe seines Reittiers klapperten auf der Brücke und erinnerten ihn daran, dass er nun schon das zweite Pferd von den Engländern erbeutet hatte. Auch das würde er Simon nicht überlassen. Eher schon Oisin oder noch besser Ciara. Sie würde sich über das Geschenk gewiss freuen.
    Während seine Gedanken ihrer eigenen Wege gingen, näherte er sich dem Stadttor. Es war verschlossen und wirkte mit seinen eisernen Beschlägen äußerst massiv. Um es aus den Angeln zu heben, hätten sie schon einen Rammbock gebraucht.
    Mit verkniffener Miene zügelte er sein Pferd und blickte zu den Soldaten hoch, die vom Torturm neugierig auf sie herunterschauten. Jetzt gilt es, dachte er. Entweder brachte er die Worte, die er sich zurechtgelegt

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