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Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und aus dem Dämmerlicht des Waldes in den hellen Sonnenschein hinaustraten, empfand sie keine Freude. Dabei war sie damals allen anderen vorausgeeilt, um endlich den Ort zu sehen, an dem so viele Generationen der Ui’Corra gelebt hatten und an dem sie selbst geboren worden war. Nun schien es ihr, als wäre der Zauber der Landschaft erloschen, und als die Burg vor ihnen auftauchte, war sie kein mystischer Ort mehr, sondern ein Bauwerk aus grauem Stein, das deutlich die Handschrift von Richard Haresgill trug, der es auf englische Weise umgebaut hatte. Mit einem Mal fühlte Ciara sich hier fremd, und sie zog die Schultern hoch, als fröre sie.
    »Gleich sind wir zu Hause«, sagte Ionatán tröstend.
    Für ihn ist es die Heimat, dachte Ciara. Er war hier aufgewachsen, hatte hier geheiratet und sowohl Glück wie Leid erfahren. Bis auf die Kriegszüge der letzten Monate hatte er dieses von sanften Hügeln und dichten Wäldern umgebene Tal nie verlassen.
    Ciara fragte sich, weshalb sie ausgerechnet jetzt diese seltsamen Gedanken wälzte. Das hier war Ui’Corra-Land! Allerdings hatte Richard Haresgill diesem Tal fast zwanzig Jahre lang seinen Stempel aufgedrückt. Die Felder waren auf englische Art angelegt und nicht auf irische, ebenso hatte man einen großen Teil der Häuser, in denen die Pächter wohnten, in englischem Stil errichtet. An Toals Stelle hütete nun ein anderer Junge englische Rinder. Auch die Schafe und Schweine, ja selbst die Hühner waren von der Nachbarinsel hierhergebracht worden.
    »Es ist, als wollten sie uns mit aller Gewalt zu Engländern machen«, flüsterte sie.
    Dem aber standen die Religion, die Sprache und die Überlieferungen ihres Volkes entgegen, das lieber den Sagen von Deidre und Dermot lauschte oder von den Heldentaten eines Fionn Mac Cumhaill hören wollte als von einem König Arthur, einem Alfred dem Großen oder gar einem Wilhelm dem Eroberer.
    »Was hast du? Du siehst aus, als hättest du der Bean Sidhe ins Auge geblickt«, fragte Saraid, der Ciaras trübe Stimmung nicht entgangen war.
    »Ich …« Ciara brach ab, weil sie nicht wusste, wie sie ihrer Cousine erklären sollte, was sie bedrückte. »Ich sorge mich um jene, die wir in Léana zurücklassen mussten«, antwortete sie schließlich, weil ihr nichts anderes einfiel.
    »Ich hoffe, mein Vetter lässt sie gut versorgen, sonst mache ich mir ewig Vorwürfe, sie im Stich gelassen zu haben«, warf Ferdinand ein.
    Er hatte den Marsch durch die Wildnis gut überstanden, fühlte sich aber zutiefst erschöpft und war daher für trübsinnige Gedanken nicht minder empfänglich wie Ciara.
    Ionatán, der sich kaum mehr daran erinnern konnte, dass es hier einmal anders ausgesehen hatte, durchbrach die niedergedrückte Stimmung der beiden mit einem empörten Ausruf. »Was ist denn hier los? Auf der Burgmauer ist kein Wächter zu sehen und am Tor ebenfalls nicht.«
    Verwundert traten die fünf näher. Es hielt tatsächlich niemand Wache. Dafür drangen muntere Lieder an ihre Ohren. Die Sänger verwendeten die irische Sprache, doch das beruhigte Ciara wenig. Bevor Ferdinand sie zurückhalten konnte, durchquerte sie das Tor und eilte auf die große Halle zu, in der es lustig zuzugehen schien.
    Auf dem Weg trafen sie auf Mägde, die volle Metkrüge in die Halle schleppten. Die Frauen sahen sie kurz an, eilten dann aber weiter, weil Buirre lauthals nach Met brüllte. Ciara und ihre Begleiter folgten ihnen und standen kurz darauf in der Halle, die durch mehrere offene Feuer erhellt wurde. Buirre und die fünf Männer, die als Wächter zurückgeblieben waren, saßen am oberen Teil der Tafel und hatten große Schüsseln mit gebratenem Fleisch vor sich und Becher, die eben wieder gefüllt wurden.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Ciara mit lauter Stimme.
    Buirre drehte sich langsam um und starrte sie an. Es dauerte eine Weile, bis er in der schlicht gekleideten jungen Frau die Schwester seines Clanoberhaupts erkannte.
    »Ciara, wo kommst du denn her?«, antwortete er mit einer Gegenfrage. Seine undeutliche Aussprache und die glasigen Augen verrieten, dass er bereits viel zu viel getrunken hatte.
    »Aus Léana! Aber das tut nichts zur Sache. Ich will wissen, warum niemand die Burg bewacht. Wäre ich Richard Haresgill, hätte ich sie im Handstreich nehmen können.« Ciaras Augen funkelten zornig. Obwohl ihr einiges an Buirre missfiel, so hätte sie ihn doch niemals für so pflichtvergessen gehalten, die Sicherheit der Burg zu

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