Feuertochter: Roman (German Edition)
Hufeisen meinem Vetter zu treu ergeben.«
»Dann eben Ionatán, und zwar aus Angst, dass Haresgill ihn foltern würde, wenn er ihm nicht gehorcht.«
Simon verwarf auch diesen Vorschlag. »Wir nehmen Aithil! Der wollte Oisin loswerden, weil dieser zu viel Unglück über den Clan gebracht hat. Außerdem will er der neue Taoiseach der O’Corras werden.«
»Klingt schlüssig«, gab Deasún grinsend zu. »Aber jetzt sollten wir weiterreiten. Wir befinden uns immer noch im Gebiet der Ui’Domhnaill, und Ihr wollt doch nicht, dass die Euch einen Kopf kürzer machen, weil sie glauben, dass Ihr damit zu groß seid.«
Gelegentlich fand Simon den Humor des Iren gewöhnungsbedürftig. Doch der Mann war findig und konnte ihm, wenn er als großer Landeigner aus London zurückkehrte, als Aufseher über seine irischen Knechte von Nutzen sein. Über diese Gedanken vergaß Simon jedoch das Hier und Jetzt nicht.
Daher trat er auf Ciara zu und verbeugte sich. »Verzeiht, aber wir müssen weiter. Es könnten Engländer hier umherstreifen.«
»Engländer!« Bei dem Wort stellten sich Ciaras Nackenhaare auf.
»Wir müssen vorsichtig sein!«, beschwor Simon sie. »Am besten ist es, wenn wir Irland so rasch wie möglich verlassen.«
»Was ist mit den anderen?«, rief Ciara entsetzt.
Simon senkte scheinbar betrübt den Kopf. »Sie sind alle tot. Ich konnte nur Euch retten!«
»Tot? Alle?«, schrie Ciara auf, und ein haltloses Schluchzen schüttelte ihren Körper.
Kraftlos ließ sie es zu, dass Simon sie aufs Pferd hob und sich hinter ihr in den Sattel schwang. Als er nun weiterritt, war ihm wohler zumute. Wie es aussah, glaubte Ciara ihm seine Geschichte. Allerdings würde er Ferdinands trauernden Verwandten spielen müssen, um überzeugend zu sein. Daher bedauerte er auf dem weiteren Weg immer wieder das Ableben seines Vetters und erklärte, wie sehr er sich schäme, weil er überlebt habe, sein junger Verwandter jedoch nicht.
Allmählich klärten sich Ciaras Gedanken, und sie stellte die Frage, auf die Simon gewartet hatte.
»Wer hat uns verraten?«
»Aithil!«, stieß Simon hervor. »Er wollte der neue Taoiseach der Ui’Corra werden. Haresgill hat ihn mit allen, die ihm gefolgt sind, ziehen lassen!«
Ciara erinnerte sich, dass mehr Clanmitglieder mit Aithil ins Dorf gegangen waren, als sie erwartet hatte. Der Riss im Clan war deutlich zu spüren gewesen. Dennoch hätte sie niemals angenommen, dass Aithil so handeln könnte. Außerdem machten sie die Angaben, die Simon so flüssig von sich gab, misstrauisch.
»Woher wisst Ihr das alles?«, fragte sie.
Verdammtes Weib, warum musst du so neugierig sein, durchfuhr es Simon. Er setzte jedoch ein trauriges Lächeln auf und sah sie an. »Ich musste einige Zeit am Eingang des Turms warten, bevor ich ihn ungesehen verlassen konnte. Da Haresgill und seine Mordbuben sich draußen ungeniert über alles unterhielten, habe ich vieles mithören können.«
Für diese Ausrede klopfte er sich selbst auf die Schulter. Solange er seine eigene Rolle verschwieg, konnte er sich nicht mehr verplappern.
Immer wieder dachte Ciara über alles nach, was sie selbst erlebt und von Simon erfahren hatte, und es passte zusammen. Trotzdem blieb ein ungutes Gefühl zurück. Es musste wohl mit ihrer Abneigung Simon gegenüber zusammenhängen. Ihr wäre es lieber gewesen, ein anderer hätte sie gerettet, Hufeisen zum Beispiel oder auch Ionatán. Selbst Buirre hätte sie Simon vorgezogen. Einen Augenblick lang gab sie sich dem Gedanken hin, Ferdinand hätte sie retten können. Doch ihr Geliebter war tot. Sie brach erneut in Tränen aus und ließ es zu, dass Simon sie streichelte und mit sanfter Stimme zu trösten versuchte.
3.
D ie erste Nacht verbrachten sie in einer Hütte, die Deasún O’Corraidh auf dem Herweg entdeckt hatte. Obwohl Ciara zuerst geglaubt hatte, sie könne kein Auge zumachen, fiel sie rasch in einen tiefen Erschöpfungsschlaf. Simon sah ihr missmutig zu, denn er hatte überlegt, sich ihrer zu bedienen, um von vornherein klarzustellen, dass sie ihm in allem zu gehorchen hatte. Dann aber sagte er sich, dass es wahrscheinlich besser war, wenn er den Edelmann spielte und sie heiratete, bevor er sie beschlief.
Mit diesem Gedanken verließ er den Raum und trat in den angebauten Verschlag, den er Deasún als Schlafstelle zugewiesen hatte. »Ich brauche einen Geistlichen, und zwar einen anglikanischen. Ciara darf das aber nicht merken, sondern soll ihn für einen katholischen Priester
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