Feuertochter: Roman (German Edition)
erleichtert auf, weil er den Knochen unverletzt gefunden hatte.
»Wie es aussieht, ist sie bei der Explosion des Turms verletzt worden. Es ist ein Wunder, dass sie es noch ins Freie geschafft hat.«
»Wir hätten sie suchen sollen«, wandte Ionatán ein.
»Wir dachten doch, sie wäre tot. Umso froher bin ich nun, dass Gamhain wieder bei uns ist.« Hufeisen wickelte einen Streifen Stoff um das verletzte Bein des Tiers und klopfte ihr dann auf den Rücken. »So, meine Gute. Jetzt schau, ob du besser laufen kannst!«
Als hätte die Hündin ihn verstanden, machte sie ein paar Schritte. Sie humpelte zwar immer noch auf drei Beinen, zog aber das verletzte Bein nicht mehr so stark nach.
Hufeisen nickte zufrieden und ging weiter. Die anderen folgten ihm, und Gamhain hielt wacker mit der Gruppe Schritt. Einige Zeit später blieb sie jedoch stehen und witterte. Auf einmal winselte sie und lief hinkend auf das Meeresufer zu.
»Was soll das, Gamhain?«, rief Hufeisen ihr verärgert nach.
»Vielleicht hat sie Hunger und will sich was zum Fressen fangen«, meinte Ionatán.
Saraid schüttelte den Kopf. »Wenn sie Hunger hat, benimmt sie sich anders. Ich glaube, wir sollten ihr folgen.«
»Und wenn sie uns direkt in die Arme der Engländer führt?«, wandte Bríd ein.
»Das wird sie schon nicht!« Saraid lief hinter der Hündin her und nahm den anderen damit die Entscheidung ab. Kurze Zeit später standen sie am Ufer des Meeres. An dieser Stelle war es flach, und die Wellen flossen über groben Kies.
Gamhain lief so weit ins Wasser, bis es ihr zur Brust reichte, und bellte.
»Nicht so laut! Wenn dich jemand hört«, rief Bríd erschrocken.
»Seht dort!« Saraids Stimme zitterte, als sie auf das Meer hinauswies. Eine Gestalt, die auf die Entfernung noch winzig wirkte, mühte sich ab, ans Ufer zu kommen.
»Das ist gewiss ein Geist, der uns verderben will!« Bríd und Saraid schraken zusammen, und Ionatán wich angstvoll zurück, während Hufeisen die Augen zusammenkniff, um besser sehen zu können. »Für einen Geist schwimmt er verdammt schlecht«, sagte er zu den anderen.
Ganz sicher war er aber selbst nicht. Trotzdem blieb er am Ufer und sah zu, wie die Gestalt sich langsam näherte. Bald erkannte er, dass es sich um einen Mann handelte, der nicht mehr am Leib trug als das, was er bei seiner Geburt besessen hatte. Ein paar Minuten länger dauerte es, bis er begriff, wen er vor sich sah.
»Herr Ferdinand! Bei Gott, ich komme!« Hufeisen rannte in voller Kleidung ins Wasser hinein und fasste Ferdinand bei den Armen. Es war kein Augenblick zu früh, denn Ferdinands Kraft war erschöpft, und er hätte das nahe Ufer wohl nicht mehr erreicht. Hufeisen nahm ihn auf die Arme und stemmte sich gegen die Wellen, die heftig an seinen Beinen zerrten. Als er den Halt verlor und schwankte, hatte Ionatán ihn erreicht, und zu zweit gelang es ihnen, Ferdinand an Land zu bringen.
Der junge Mann sah völlig zerschlagen aus. Blutige Abschürfungen bedeckten seinen Körper, und auf dem Rücken war ein großer blauer Fleck zu sehen. Auch war er nicht ansprechbar, sondern erbrach Unmengen an Wasser.
Hufeisen hielt ihn so, dass er alles von sich geben konnte. »Es muss Herr Ferdinand sein und nicht sein Geist. Ein solcher wäre nicht so verschrammt.«
Diese Bemerkung löste bei den anderen die Anspannung. Bríd legte Haresgills Mantel ab und wickelte Ferdinand darin ein. Es reizte Saraid zu einem spöttischen Kommentar. »Hast du noch nie einen nackten Mann gesehen?«
»Ja doch, aber ich dachte, Herr Ferdinand soll nicht frieren«, antwortete die Magd.
»Da hast du recht!« Hufeisen rieb Ferdinands Hände, damit sie wieder warm wurden. Als dessen Augenlider zitterten und er sie kurz darauf öffnete, strahlte er übers ganze Gesicht. »Willkommen unter den Lebenden, Herr Ferdinand. Ich sag’s nur, damit Ihr uns nicht für Geister haltet.«
»Hufeisen! Was ist geschehen. Oisin, ich …« Die Erinnerung an die letzten Minuten im Turm und den Sprung in die Tiefe erdrückte Ferdinand beinahe.
»Mein Gott, wie konnte das geschehen?«
»Euer Vetter hat uns verraten«, erklärte Saraid herb. »Er hat Haresgill und dessen Mannen hierhergeführt und ihnen in der Nacht das Eingangstor geöffnet.«
»Wahrscheinlich hat er auch Gamhain niedergeschlagen, sonst hätte die Hündin uns gewarnt«, setzte Ionatán hinzu.
Ferdinand senkte bedrückt den Kopf. »Ich habe es geahnt. Aber er war doch Oisins Freund!«
»Ein Judas war er! Und jetzt ist
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