Feuertochter: Roman (German Edition)
Haresgill, dass dieser hoffte, der neue Earl zu werden, und für einen Augenblick empfand er Neid. Doch als er sich vorbeugte und auf der Karte das Gebiet sah, welches der andere für ihn bestimmt hatte, war er zufrieden. Dieser Besitz würde ihn zu einem der reichsten Männer Irlands machen, mit dem Anrecht, ebenfalls zum Peer ernannt zu werden.
»Verzeiht, Sir Henry, dass ich einen Augenblick an Euren Absichten gezweifelt habe. Doch ich sehe, Ihr seid ein Mann, dem man das Schicksal Ulsters, ja, ganz Irlands anvertrauen kann«, erklärte er.
Henry Bagenal lächelte. Er hatte längst begriffen, dass Haresgill bei jeder Unterredung zuerst Kritik übte, sich aber sofort auf seine Seite schlug, wenn ihm eine ordentliche Belohnung in Aussicht gestellt wurde. Bagenal genoss es, sein Gegenüber mit kleinen Bröckchen zu füttern und ihm gleichzeitig die eigene Überlegenheit zu demonstrieren.
»Ich freue mich, dass Ihr mit mir einer Meinung seid. Doch nun muss ich Euch bitten, mich wieder zu verlassen. Ihre Majestät hat mir das Schicksal Ulsters als Bürde auferlegt, und Ihr werdet verstehen, dass ich mich dieses Vertrauens würdig erweisen will.«
Bagenal begleitete diese Worte mit einem freundlichen Lächeln, das über seine Beweggründe hinwegtäuschte. Es ging ihm nicht um den Schutz der englischen Siedler, denn die würden sich auch in den Pale retten können, das Gebiet um Dublin, das fest in englischer Hand war. Er wollte warten, bis die Nachricht von O’Neills Aufstand in London mehr war als nur eine Randnotiz. Erst wenn die Augen der Königin und ihrer Berater sich auf Irland richteten, würden seine Taten im richtigen Licht erscheinen.
12.
O isin O’Corra war die Gastfreundschaft heilig. Trotzdem fragte er sich, wie er seine Clankrieger und Söldner sowie die Frauen und Kinder auf seinem Besitz ernähren sollte. Zwar bemühten seine Schwester und Saraid sich redlich, mit dem Wenigen auszukommen, das sie besaßen, doch wenn der Clan ohne Verluste das Frühjahr erreichen wollte, brauchten sie mehr Lebensmittel.
Geld, mit dem er sich Korn aus anderen Gebieten Irlands hätte besorgen können, besaß er keines. Außerdem wäre es wegen der englischen Patrouillen schwierig geworden, die Fracht bis zu seinem Tal zu schaffen. Daher musste er den Clan auf andere Weise versorgen, und so fasste er einen Plan.
Bereits am nächsten Tag versammelte er Simon von Kirchbergs Söldner und mehrere Dutzend eigene Kämpfer bei seiner aus wuchtigen Baumstämmen errichteten Festung am Taleingang und stimmte sie auf den bevorstehenden Kriegszug ein.
»Freunde!«, rief er mit lauter Stimme. »Die Engländer glauben, sie könnten uns Iren einsperren wie Singvögel in einen Käfig. Aber wir werden ihnen zeigen, wie sehr sie sich täuschen. Eine englische Schar braucht einen gebahnten Weg, auf dem jeder Zweig beseitigt worden ist, damit sie sich keine Dornen in die Fußsohlen treten. Wir hingegen wissen auch durch Wälder und Moore unser Ziel zu erreichen. Das Schöne dabei ist, dass uns die Engländer nicht zu folgen wagen, wenn wir uns zurückziehen.«
Da er seine Ansprache auf Irisch hielt und sie dann um einiges leiser auf Englisch für Simon von Kirchberg übersetzte, dauerte es eine Weile, bis dieser sie auf Deutsch wiederholen konnte.
Cyriakus Hufeisen spie aus. »Heißt das, dass wir erneut durch den Wald irren und Gefahr laufen sollen, im Moor zu versinken?«, fragte er Ferdinand.
Dieser nickte missmutig. »So sieht es aus.«
»Wir werden«, fuhr Oisin an seine eigenen Männer gewandt fort, »nach Süden ziehen und den Landsitz des Earls of Loane angreifen. Zwar lebt dieser in England, aber er hat seinen Verwalter und dreißig schottische Söldner dort zurückgelassen. Wir werden jedoch nicht seine Burg angreifen, sondern nur die Häuser seiner Pächter. Das sind zumeist Engländer, aber auch Iren, die es mit den Ketzern halten. Wir schlagen rasch zu, nehmen uns, was wir brauchen, und ziehen uns wieder zurück. Sollten die Männer des Earls uns folgen, werden wir ihnen zeigen, dass wir Iren Söhne der Wälder sind.«
Nachdem Simon von Kirchberg auch diese Worte übersetzt hatte, schüttelte Hufeisen unwirsch den Kopf. »Wenn wir das tun, sind wir nicht mehr als Plünderer. Ich habe zwar nichts dagegen, Beute zu machen, aber als Krieger und nicht als Räuber.«
»Sag das dem Hauptmann!«, riet Ferdinand, dem diese Art der Kriegsführung ebenfalls nicht behagte. Für seine Ehrbegriffe mussten sie zuerst die Burg
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