Feuertochter: Roman (German Edition)
haben. Dabei hätte er den ganzen Monat reichen sollen. Ich weiß nicht, was dein Bruder sich gedacht hat, ausgerechnet solche Männer nach Irland zu rufen. Wenn er sie nicht Aodh Mór O’Néill unterstellen kann und dieser sie ernährt, fressen sie uns die Haare vom Kopf. Dabei wissen wir selbst nicht, wie wir die Zeit bis zur nächsten Ernte überstehen sollen.«
»Gewiss wird Oisin etwas einfallen«, antwortete Ciara unbesorgt.
»Hoffentlich! Sonst hungern wir die kalten Monate über wie ein Eichhörnchen, das sich keinen Nussvorrat angelegt hat«, erklärte Saraid.
Obwohl Ciara ihr gerne widersprochen hätte, erschrak sie doch, als sie sah, welche Lücken die Mahlzeit für Kirchberg und seine Männer in ihre Vorräte gerissen hatte. Nun blieb ihr wirklich nur zu hoffen, dass entweder die Verbündeten ihres Bruders ihnen mit Nahrungsmitteln aushalfen oder Oisin selbst einen Ausweg fand.
11.
N icht nur in der Ui’Corra-Burg wurden Pläne geschmiedet. Die Engländer blieben ebenfalls nicht untätig, auch wenn Sir Henry Bagenal sich mit seinen Truppen bis nach Dundalk hatte zurückziehen müssen. Als Richard Haresgill ihn aufsuchte, lagen lange Listen mit Namen und Ausrüstungsgegenständen auf Bagenals Arbeitstisch sowie eine Karte von Ulster samt den angrenzenden Gebieten.
»Ich grüße Euch, Sir Henry«, begann Haresgill, weil Bagenal keine Notiz von ihm nahm.
Erst jetzt blickte dieser auf. »Ah, Sir Richard! Erfreut, Euch zu sehen.«
»Ich weiß nicht, ob Eure Freude anhält, wenn ich Euch frage, was Ihr bisher gegen diese verdammten Rebellen unternommen habt! Ich habe noch keinen englischen Soldaten nach Ulster marschieren sehen«, antwortete Haresgill ohne diplomatische Umschweife.
Um Bagenals Lippen spielte ein spöttisches Lächeln. »Es marschierte auch keiner, weil ich es bis jetzt nicht für nötig gehalten habe.«
»Nicht nötig?«, rief Haresgill empört. »Dieser elende O’Néill hat mich und Dutzende anderer guter Engländer von unserem Land vertrieben und rüstet eine Armee aus. Und da sagt Ihr mir, es wäre nicht nötig, ihn zu bekämpfen?«
»Das habe ich nicht gesagt«, konterte Bagenal gelassen. »Ich sagte nur, dass ich jetzt noch keine Soldaten nach Ulster führen werde. Aber es wird nicht mehr lange dauern, bis ich zum Angriff übergehe. Ich habe bereits Truppenteile an mehreren Stellen der Grenze zu Ulster stationiert.«
»Ihr greift O’Néill also an!«
Bagenal schüttelte den Kopf. »Nein! Derzeit kopiere ich nur seine Taktik.«
Verwirrt starrte Haresgill ihn an. »Das verstehe ich nicht!«
»Darum hat Ihre Majestät ja auch mich und nicht Euch zum Lordpräsidenten von Ulster ernannt«, sagte Henry Bagenal selbstgefällig. »Aber ich kann es Euch gerne erklären. Hugh O’Neill und seine Verbündeten befestigen die Pässe und Straßen, um uns den Weg nach Ulster zu verlegen. Ich für meinen Teil lasse nun ebenfalls Festungen und Verhaue errichten, um den Fuchs in seinem Bau festzuhalten. Was für uns gilt, gilt auch für die Iren. Große Truppen können nur auf den Straßen bewegt werden. Indem wir diese absperren, verhindern wir, dass O’Néill gegen Städte wie Dundalk, Newry, Monaghan, Eniskillen oder Sligo vorrücken und sie belagern kann. Außerdem wird er auf diese Weise vom Nachschub aus anderen Teilen Irlands abgeschnitten und kann seinen dortigen Verbündeten nicht mehr zu Hilfe eilen, wenn wir uns diese vornehmen.«
»Aber damit überlasst Ihr O’Néill den größten Teil Ulsters und damit auch das Land, das mir gehört!« Haresgill vermochte seinen Groll kaum mehr zu beherrschen, doch Bagenal sah ihn mit überheblicher Miene an.
»Nur vorerst, Sir Richard! Sobald ich den Zeitpunkt für geeignet ansehe, rücke ich gegen O’Néill vor und schlage ihn in seinem eigenen Land. Danach diktieren wir den Iren den Frieden, und der wird nicht zu unseren Ungunsten ausfallen. Seht her!«
Bagenals Zeigefinger deutete auf die Karte. »Diesen Landstrich hier habe ich für Euch vorgesehen. Gleich anschließend kommt das Land für den Earl of Essex, damit dieser unsere Vorstellungen bei Ihrer Majestät vertritt. Ihr wisst doch, dass Elisabeth dem jungen Helden nichts abschlagen kann! Dieses Gebiet hier wird meinen eigenen Besitz erweitern. Was übrig bleibt, verteilen wir nach unserem Belieben. Wenn O’Néill sich rasch ergibt, lassen wir vielleicht noch etwas für ihn übrig. Seinen Titel als Earl of Tyrone wird er allerdings ablegen müssen.«
Bagenals Miene verriet
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