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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Oberfläche des Wassers dort unten, nass, schwer. Er spürte, wie sie ihn einhüllte, über ihn hinwegströmte, in ihn hineinfloss, wie Wein seine Kehle hinunterrann und sich in seinen Lenden wollüstig sammelte. Sein Geist wirbelte umher, während die Kraft in ihm anschwoll und nach einem Abfluss suchte. Sie erfüllte ihn, bis er fast überfloss, bis sich ein Schrei aus seiner Kehle ergoss:
»Regina!«
    So rief er sie, bei ihrem Namen und wie er sie kannte, ihr Fleisch und ihren Geist, und bei der Macht des Totems in seiner Hand.
    Regina.
    Der Wind in den Bäumen antwortete ihm, ein Vogel, der über dem Wasser aufstieg, der beschleunigte Schlag seines eigenen Herzens.
    Die Hand fest um das brennende Gold des Kreuzes geschlossen, tauchte Dylan von dem sonnenhellen Hügel hinab in den Schatten der Bäume. Er lockerte bereits seinen Gürtel, als er den Strand erreichte.
     
    Regina stolperte im Dunkeln, am Ende ihrer Kräfte, getrieben von Entsetzen und dem steigenden Wasser. Die kalte Strömung zog und zischte an ihren Knien, leckte an ihrer Jeans, ließ ihre Sneakers schwer werden. Wenn sie die Schuhe auszog, würde sie sich die Füße aufschneiden. Wenn sie sie nicht auszog, konnte sie ertrinken.
    Ein Wimmern entfuhr ihr, und sie biss die Zähne zusammen. Sie konnte nicht ertrinken. Sie musste zu Nick heimkehren.
O Ma, es tut mir so leid. Nick …
    Sie musste den Kopf über Wasser halten und den höchsten Punkt der Kammer finden. Wenn sie nur etwas sehen könnte. Sie watete durch eisiges Wasser, betastete mit gefühllosen Fingern die Decke der Höhle, die in eine Richtung anstieg.
    Regina folgte ihr, betäubt von der Kälte, orientierungslos in der Dunkelheit, und ihre Finger glitten ungelenk dahin, berührten … nichts.
    Sie verbiss sich einen Schrei. Dort war ein … Sie tastete weiter. Ein Loch über ihrem Kopf, mehr als schulterbreit, breiter als ihr ganzer Körper, auf gleicher Höhe mit ihren Handgelenken. Ihr Herz hämmerte. Wenn sie sich dort hinaufziehen, wenn sie weiterklettern könnte …
    Sie wühlte mit den Händen den Rand des Lochs entlang, krallte sich wie wahnsinnig in den Fels. Kleine Steine lösten sich, rutschten herab und trafen sie an Kopf und Schultern. Das Wasser schlug gegen ihre Füße und zog an ihnen. Sie sprang, packte zu und glitt ab. Sprang und glitt ab. Sprang, packte zu und bekam einen Griff in dem Durchlass über ihrem Kopf zu fassen.
    Ihre Arme schrien auf. Ihre Schultern protestierten. Lange Augenblicke hing sie da, eine tote Last mit geschundenen, blutenden Händen. Ihre Füße baumelten ins Wasser, das um ihre Knöchel wogte, kalt, kalt, es kam, um sie zu holen. Sie atmete schluchzend.
Mach schon, mach schon. Denk an Ma, denk an Nick.
Sie strampelte mit den Füßen und pendelte wie ein Kind im Turnunterricht unter dem Reck hin und her.
Bittebittebitte …
    Hoch.
Sie schrammte sich den Ellbogen auf, quetschte sich die Rippen am Rand des Lochs. Das Blut hämmerte in ihren Ohren. Sie hatte es geschafft. Sie keuchte, schnaubte, schwitzte, obwohl sie weder ihre Finger bewegen noch ihre Zehen spüren konnte. Sie zog den Bauch ein, mühte sich ab, das Knie hochzustemmen …
    Und fiel.
    Ein Schrei entrang sich ihrem wunden Hals, ein Krächzen der Raserei und Verzweiflung.
Nein.
    Kaltes Wasser schloss sich über ihrem Kopf.
    Sie schlug um sich, stieß sich an den Felsen die Hüfte, die Knie, den Ellbogen.
    Die Felsen.
Sie fand festen Boden, stieß sich ab, zog die Füße unter ihren Körper und stand wieder im Wasser, das ihr bis zur Taille reichte.
    Wasser strömte aus ihrem Haar, floss ihr in die Augen. Sie holte keuchend, erschauernd Luft, schlang sich die Arme um die Taille, als könnte sie die Wärme so in sich bewahren, als könnte sie sich selbst so zusammenhalten.
    Sie zitterte unkontrolliert, klapperte mit den Zähnen.
Es war nicht fair, verdammt noch mal.
Nick wuchs doch schon ohne einen Vater auf. Er brauchte seine Mutter.
    Sie konnte das Zittern nicht mehr kontrollieren. Wieder streckte sie die Arme über den Kopf aus und suchte nach der Öffnung des Schachts. Hatte Jericho sie auf diesem Weg nach unten gebracht? Sie hier herabgelassen? Wie viel Zeit hatte sie damit vergeudet, ihren Weg in der Dunkelheit zu erfühlen?
    Sie hatte keine Orientierung mehr, ihr war schwindelig von dem Sturz. Das Wasser war nun schon tiefer. Sie biss die Zähne zusammen und watete voran, während sie sich an der Felsdecke über ihr entlangtastete.
    Etwas streifte ihr Bein.
Ein Fels.
Sie

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