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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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ignorierte es.
Schon wieder.
Etwas Großes, Langes, Schmales, das sich schnell durchs Wasser bewegte. Die Oberfläche aufwirbelte.
    Sie schrie und taumelte rückwärts, während sie mit den Armen ruderte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
O Gott, nein, o nein …
    »Regina.« Dylans Stimme, warm in der Dunkelheit.
    Sie hörte schon Stimmen, hatte Wahnvorstellungen. Nicks Gesicht. Das Gesicht ihrer Mutter …
    Sie wandte den Kopf wild hin und her, angsterfüllt, zu Tode erschrocken, und riss die Augen in der Dunkelheit auf. Ihre Zähne klapperten immer noch.
    »Regina?« Näher jetzt, forschend.
    Sie verlor den Verstand. Ja, sie verlor ihn.
    Etwas berührte sie an der Schulter. Sie zuckte zusammen und holte aus.
    Was auch immer, wer auch immer es war, zog sie einfach heran, klemmte ihre schweren, nutzlosen Arme zwischen seine, hüllte sie in eine starke, warme Umarmung und murmelte: »Jetzt ist alles gut. Alles ist gut.«
    Dylans Stimme. Dylans Geruch.
    Sie halluzinierte. Es musste so sein. Aber er fühlte sich so fest und warm und real an, und ihr war kalt, kalt, und sie war so allein. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner nassen und schlüpfrig-glatten Brust, wühlte es regelrecht in ihn hinein. Er war so stark und warm, nah und … nackt?
    Es schüttelte sie, als er ihr übers Haar strich. »Wo …« Ihre Stimme war ein Krächzen. Sie hustete und versuchte es noch einmal. »Deine Kleider?«
    Er schwieg.
    Vielleicht hatte sie ihn gekränkt.
    Vielleicht war er auch gar nicht da. Wie ihre Mutter. Wie Nick.
    »Sorry. Dumme Frage. Meine Phantasie«, faselte sie, während sie sich an ihm festhielt.
Lass mich nicht wieder allein.
»Warum solltest du nicht … nackt sein?«
    »Regina.« Seine Stimme war brüchig vor Belustigung oder etwas anderem. »Geht es dir gut?«
    »Ich habe … den Verstand verloren.« Die Worte rissen ihr die Kehle auf. »Es sei denn … du bist wirklich hier?«
    »Ich bin hier.« Seine Stimme hüllte sie ein, tief und beruhigend. »Alles wird gut. Wir werden dich hier herausholen.«
    Ihr Kopf kippte nach vorn, und sie ließ ihn vollends an seine Brust sinken. Die Erleichterung darüber, dass jemand da war, jemand Warmes, an den man sich anlehnen konnte, war unaussprechlich. »Und wie?«
    »Wir schwimmen durch den Tunnel.«
    Seine Worte weckten Zweifel in ihr. Wenn er wirklich hier, wenn er wirklich real wäre, würde er dann nicht – ihr verwirrter Verstand stolperte zwischen den verschiedenen Möglichkeiten umher – einen Taucheranzug tragen?
    »Wie hast du mich … gefunden?«
    Wieder kurze Stille. »Das spielt keine Rolle.«
    Er klang wie ihre Mutter. Wie die Träume von ihrer Mutter. Aber vielleicht spielte das ebenfalls keine Rolle.
    »Regina.« Sein Tonfall war nun strenger.
    Sie hatte die Arme eng um seine Taille geschlungen. »Mhm?«
    »Wir müssen weg von hier. Du musst dich an mir festhalten.«
    Er war so warm. Wenn er nur ein Produkt ihrer Einbildung war, würde er sich dann so warm anfühlen?
    »Ich halte mich ja schon an dir fest«, nuschelte sie.
    »Nicht so.« Er schob ihre Arme weg, was sie nur protestierend geschehen ließ, weil es ihrem Körper die einzige Wärmequelle entzog.
    Sie hörte es plätschern, und dann drückte er ihr etwas in die Hand. Nass, weich, wallend …
    Seegras? Sie zog die Hand weg.
    Er packte sie am Handgelenk, zwang es zurück zu dem Ding zwischen ihnen.
    Sie spreizte die Finger. Beugte sie. »Was …?«
    »Ein Seehundfell. Ich brauche es, um dich durch den Tunnel zu bringen.«
    Sie strich über den nassen Pelz. Sie konnte in der Dunkelheit nicht fühlen, wo es aufhörte.
    »Unter Wasser«, fuhr er fort. »Nicht weit, aber es wird rascher gehen, wenn ich mich verwandle. Kannst du dich weiter an mir festhalten?«
    Ihre Glieder kamen ihr zu schwer vor, als dass sie sie hätte bewegen können. Ihre Finger waren dick und taub. Regina holte tief Luft und dachte an Nick.
Festhalten.
Sie musste sich nur noch ein bisschen länger festhalten.
    Sie vergaß ganz, dass Dylan in der Dunkelheit nicht sehen konnte, und nickte.
    »Braves Mädchen«, sagte er, ihre Kooperationsbereitschaft stillschweigend voraussetzend. »Hier geht es lang.«
    Er legte ihr den Arm um die Taille, um sie vorwärts zu dirigieren. Vielleicht konnte er ja doch etwas sehen, dachte sie benommen, weil er sie mühelos tiefer und tiefer ins Wasser führte, bis zur Brust. Bis zum Hals. Sie begann, in seinem Arm zu zittern, in heftigen Konvulsionen, die ihr bis ins Mark drangen. Ihr war jetzt so

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