Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
die Tür hinter sich zu und setzte sich ihr gegenüber. Das Gefährt fuhr so rasch an, dass Velvet in die Lederpolsterung zurückgeworfen wurde. Sie richtete sich auf und saß steif und schweigend in der Dunkelheit.
Plötzlich erhellte ein Blitz das Wageninnere, und sie sah, dass er sie anstarrte. Ihr erster Impuls war, eine Entschuldigung zu stammeln, doch sie biss sich auf die Zunge, nicht gewillt, in die Rolle der Angeklagten zu schlüpfen.
Als sich die Stille zwischen ihnen in die Länge zog, lud sich die Atmosphäre spürbar mit Spannung auf. Velvet fühlte, wie ihre Nackenhaare sich sträubten und ein Prickeln der Angst ihr Rückgrat entlanglief.
Als der Wagen vor Whitehall Palace anhielt, öffnete Velvet die Tür und sprang rasch hinaus. Sie rannte die zwei Treppenabsätze hinauf in der Hoffnung, ihre Suite vor ihm zu erreichen. Sie warf keinen Blick zurück. Das war auch nicht nötig. Sie hörte seine gleichmäßigen Schritte erbarmungslos immer näher kommen.
Velvet öffnete die Tür im Vertrauen darauf, dass Emma da wäre. Als sie die Lampen hochdrehte und die Räume leer vorfand, wusste sie, dass er diese Begegnung geplant und dafür gesorgt hatte, dass sie allein und ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Er versperrte die Tür, und sie war geschockt, dass er noch immer einen Schlüssel zu ihren Räumen besaß. Als er sich zu ihr umdrehte, sah sie seine wilde, dunkle und kaum gezügelte Wut. Er hatte ihr aufgelauert, und sie kam sich vor wie ein Stück Wild, das er gestellt hatte. Der Raum war wie eine Falle, hielt sie gefangen, allein mit ihrem Jäger, und es gab kein Entkommen.
»Wenn du dich wie eine Hure benimmst, werde ich dich wie eine solche behandeln. Aber du bist meine Hure, Velvet – vergiss das niemals!«
»Wie viele Huren brauchst du?«, rief sie aus, da ihre Empörung über ihre Angst siegte.
Er legte seinen Mantel ab. »Jeweils nur eine.«
Sie wollte davonlaufen, doch ein Entkommen gab es nur ins Schlafgemach. Mit gespielter Tapferkeit forderte sie ihn heraus: »Nach allem, was du auf Roehampton getrieben hast, wagst du es, mir zu folgen und mich auszuspähen?«
»Ich wage alles, Madam, wie Ihr gleich erleben werdet.« Er riss ihren Mantel herunter und warf ihn beiseite.
Sie war so außer sich, dass ihre in dem tief ausgeschnittenen Kleid halb entblößten Brüste sich heftig hoben und senkten. »Rühr mich nicht an!«, rief sie aus, als sie sah, dass er die Hand nach ihr ausstreckte.
Seine Hand zögerte nicht und nahm ihr die Maske ab. Er packte ihre Schulter, drängte sie ins Schlafgemach und führte sie vor den Spiegel. »Du sollst wissen, wie du aussiehst.«
Sie starrte ihr Spiegelbild an, sah das zerraufte Haar, die glitzernden Augen, das bemalte Gesicht, das gewagte Kleid.
»Du warst einmal süß und unschuldig wie ein Engel. Und jetzt tust du alles, um deinen Ruf zu ruinieren und eine Dirne zu werden.« Sein Mund wurde hart. »Lass dir dabei helfen.«
»Rühr mich nicht an. Wag es nicht, mich anzufassen«, zischte sie.
Als Antwort steckte er seine starken, braunen Hände in ihren Halsausschnitt und zerriss ihr Kleid bis zum Saum. »Ich werde mehr tun, als dich nur anrühren. Ich werde dich lehren, wer hier der Herr ist.«
Entsetzt musste sie erleben, wie sein unverschämter Blick über ihr nacktes Fleisch glitt und Begierde sein dunkles Gesicht zu einer Teufelsfratze machte.
Sie wusste, dass er sie vergewaltigen würde.
»Ins Bett mir dir.« Ein Donnerschlag erklang über ihnen.
»Wenn du das tust, werde ich dich für immer hassen!«
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Wird mir Liebe oder Vertrauen verweigert, begnüge ich mich gern mit Hass.« Er griff mit grausamen, besitzergreifenden Händen nach ihr.
Velvet schrie auf. »Sieh dich an!« Sie deutete wild auf den Spiegel. »Sieh dich bloß an!«
Als er einen Blick in den Spiegel warf, erhellte ein Blitz ihr Spiegelbild, und er war schockiert. Ein großer, starker Mann hielt eine zarte Frau mit grobem Griff. Seine Finger gruben sich in ihre Haut, die zart wie Porzellan war, und hielten sie schmerzhaft fest. Er hatte geglaubt, seine Kraft zu demonstrieren, sah aber nun, dass es Schwäche war, was er zeigte. Ihm fiel ein, dass er sie einmal im Traum vergewaltigt hatte, und war entsetzt, wie nahe daran er in Wirklichkeit war. Sofort ließ er sie los.
Velvet sah seine Reue und spürte, dass die Gefahr vorüber war. Da er nun keine Bedrohung mehr darstellte, konnte sie es sich nicht versagen, ihn zu
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