Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
dich.«
Während die Kutsche dahinrollte, war Velvet dankbar, dass Roehampton nur einige Meilen entfernt war, doch ihr erschien die Fahrt diesmal sehr lang. Sobald sie die Stadt hinter sich gelassen hatten und über offenes Land fuhren, machte sich der Ostwind heftig bemerkbar, indem er den Schnee fast horizontal vor sich hertrieb und die Sicht damit sehr erschwerte.
Velvet drückte sich in eine Ecke, zog den Pelzmantel eng um sich und stampfte mit den Füßen auf, um sie warm zu halten. Ihr Atem bildete weiße Dunstwolken, und sie machte sich Sorgen, ob Ned entsprechend gekleidet war. Auch hoffte sie, dass die Pferde nicht so froren wie sie. Sie betete darum, dass ihr Mann und Mr Burke Roehampton noch nicht verlassen hatten. Wenn es doch der Fall war, könnte sie heute nicht mehr weiterfahren.
Schließlich verlangsamte der Wagen seine Fahrt und hielt an, doch sie wusste, dass sie den Landsitz noch nicht erreicht haben konnten, da Ned noch nicht in die Zufahrt eingebogen war. Schon wollte sie die Tür öffnen, als Ned ihr zuvorkam.
»Ich kann die Zufahrt nicht finden, Mylady. Sie muss hier irgendwo abzweigen. Bleibt sitzen, während ich mich umsehe.«
Nach wenigen Minuten spürte Velvet, dass der Wagen sich mit einem Ruck wieder in Bewegung setzte. Sie vermutete, dass er den Weg gefunden hatte. Kaum aber fuhr er um die Biegung, als er abermals anhielt. Sie versuchte, die Tür zu öffnen, wurde aber von einer Schneewächte daran gehindert. Erst als Ned den Schnee weggeräumt hatte, ließ sich die Tür öffnen.
»Die Kutsche steckt leider fest. Ich laufe zum Haus und hole Hilfe, Mylady, wenn Ihr hier bleibt.«
»Nein, ich werde hier nicht still sitzen. Wir lassen Wagen und das Gepäck hier und schirren die Pferde los. Wir können sie nicht in der Kälte lassen. Helft mir beim Aussteigen.«
Velvet stand bis zu den Knien im Schnee. »Ich nehme mir dieses Pferd hier vor, während Ihr auf die andere Seite geht und das andere losmacht.«
Der Atem der unruhig zwischen den Deichseln tänzelnden Pferde stieg in weißen Wolken hoch. Es bedurfte einiger Mühe, die Tiere von den Ledersträngen zu befreien, und Velvet beruhigte sie mit leisen, beschwichtigenden Worten.
Als sie schließlich losgemacht waren, drängte Ned: »Setzt Euch doch auf eines der Rösser, Mylady, und ich führe sie beide am Zügel.«
»Ihr könnt das andere reiten, Ned.«
»Nein, ich kann zwar kutschieren, bin aber kein guter Reiter.« Er half Velvet auf eines der Kutschpferde, und sie machten sich langsam daran, durch den blendenden Schnee zum Herrenhaus zu stapfen. Sie benötigten fast eine Stunde, bis sie die Stallungen erreichten. Velvet wurde schwach vor Erleichterung, als sie sah, dass Greysteels Pferd in seiner Box stand, und überließ es Ned, die Tiere zu füttern und abzureiben.
»Kommt ins Haus, wenn Ihr fertig seid, aber geht nach hinten zur Küchentür. Ich sage Mrs Clegg, dass sie Euch erwarten soll. Sie wird Euch zu essen geben und eine Kammer vorbereiten, aber haltet Euch von Lord Montgomery fern. Als er Princess Mary in Dover abholte, könnte er sich mit Blattern angesteckt haben.«
»Also ist es nicht nur ein Gerücht, dass die Schwester Seiner Majestät die Blattern hat?«
»Nein, Ned. Der König selbst bestätigte es mir.«
Velvet war müde und nass und fast am Ende ihrer Kraft. Sie holte tief Atem, zog ihren Mantel eng um den Hals und setzte sich wieder den Elementen aus, entschlossen, sich bis zum Haus durchzukämpfen.
Greysteel saß allein vor dem Kamin und überlegte, ob er zu Bett gehen sollte. Mr Burke hatte sich schon vor einer Stunde zurückgezogen. Mrs Clegg machte sich noch in ihrer Küche zu schaffen, doch Montgomery wagte nicht, sie zu drängen, sie solle sich mit Alfred zur Ruhe begeben, da sie in ihrem Reich unumschränkt herrschte und sich nichts dreinreden ließ.
Der Schneesturm hatte ihn und Mr Burke daran gehindert, ihre Fahrt in den Norden fortzusetzen. Wenn die Temperatur nur ein wenig steigt, wird der Schnee zu Regen und wäscht die Schneeverwehungen fort, die sich anhäuften. Eigentlich sehr gut, dass wir heute nicht weiterfuhren – dieser verdammte Kopfschmerz lässt nicht nach. Er rieb sich die Schläfen und erwog, sich aus seinem bequemen Sessel zu erheben.
Ein Poltern an der Haustür riss ihn aus seiner Lethargie. Greysteel stand auf und durchschritt die große Halle, verwundert, wer zum Teufel gekommen sein mochte. Die Tür wurde geöffnet, und etwas, das auf den ersten Blick aussah wie
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