Fever Pitch
Menschen als Folge irgendeines Versagens bei der Steuerung der Zuschauermassen zu Tode gequetscht wurde; es war die erste, die auf etwas mehr als Pech zurückgeführt wurde. Man kann, wenn man mag, die Schuld auf die Polizei schieben, weil sie das falsche Tor zur falschen Zeit geöffnet hat, aber meiner Meinung nach hieße das, nicht zu verstehen, worum es geht.
Der Taylor-Report empfahl bekanntlich – und ich denke auch zu Recht –, daß alle Fußballstadien nur noch Sitzplätze haben sollten. Natürlich bringt das neue Gefahren mit sich – eine mögliche Wiederholung der Feuerkatastrophe von Bradford, zum Beispiel, als Menschen starben, weil sich leichtentzündlicher Müll unter den Sitzreihen hatte ansammeln können. Und Sitze allein werden den Hooliganismus nicht beseitigen und könnten ihn, falls die Clubs sehr dumm sind, verschärfen. Sitze können als Waffen verwendet werden, und lange Sitzplatzreihen können, wenn es Ärger gibt, Polizeieinsätze behindern, auch wenn reine Sitzplatzstadien den Clubs eine bessere Kontrolle ermöglichen sollten, wer sich in welchem Teil des Stadions aufhält. Der entscheidende Punkt ist, daß die Wahrscheinlichkeit, auf die Weise zu sterben, wie die Menschen in Ibrox und Hillsborough starben, so gering wie nur möglich gemacht wird, wenn die Clubs die Empfehlungen von Lord Justice Taylor richtig umsetzen; und das ist, soweit ich sehen kann, alles, worauf es ankommt.
Zur Zeit, da ich das hier schreibe, ruft der Taylor-Report lautstarke Meinungsverschiedenheiten unter den Fans und unter manchen Clubs hervor. Die Probleme sind vielschichtig. Die Stadien zu verändern, um sie sicher zu machen, wird sich als kostspielig erweisen, und viele Clubs haben nicht das Geld dafür. Um es aufzubringen, werden einige von ihnen sehr viel höhere Eintrittspreise verlangen oder Obligationssysteme wie Arsenal oder West Harn einführen, was bedeutet, daß viele junge Männer aus der Arbeiterklasse, der traditionelle Kern der Anhängerschaft, ausgeschlossen sein werden. Manche Fans möchten weiterhin stehen. (Ich glaube nicht deshalb, weil Stehen von Natur aus eine souveräne Art ist, ein Spiel zu verfolgen – das ist es nicht. Es ist unbequem, und jeder unter einsneunzig hat eine eingeschränkte Sicht. Die Fans haben Sorge, daß das Ende der Stehplatzkultur das Ende des Lärms und der Atmosphäre und all der Dinge bedeuten wird, die das Erlebnis Fußball denkwürdig machen, aber die reinen Sitzplatzblöcke in Ibrox machen mehr Lärm als das Clock End und die Nordtribüne zusammen; Sitze allein verwandeln Fußballstadien nicht in Kirchen.) Das Fassungsvermögen aller Stadien wird verringert, in manchen Fällen auf eine Größe, die unter den derzeitigen durchschnittlichen Zuschauerzahlen liegt. Und einige Clubs werden ihre Stadien schlicht schließen müssen.
Ich habe mir die Argumente von Hunderten von Fans angehört und durchgelesen, die mit dem Taylor-Report nicht übereinstimmen und die die Zukunft des Fußballs eher als eine modifizierte Fassung der Vergangenheit sehen, mit sicheren Stehplätzen und komfortableren Stadien, denn als etwas radikal anderes. Und was mir am meisten aufgefallen ist, sind die konservativen und fast neurotischen, sentimentalen Verbundenheiten, die diese Argumente zeigen – in gewisser Hinsicht die gleiche Art von neurotischer, sentimentaler Verbundenheit, die dieses Buch durchdringt. Jedes Mal, wenn ein Club ein neues Stadion erwähnt, gibt es einen Aufschrei. Als Arsenal und Tottenham vor ein paar Jahren darüber nachdachten, sich ein Stadion zu teilen, das, glaube ich, in der Nähe von Alexandra Palace liegen sollte, waren die Proteste lautstark und anhaltend ( »Tradition!« ), und als Folge davon finden wir uns jetzt in einer Sammlung der winzigsten Stadien der Welt wieder. Das Estadio da Luz in Lissabon faßt 120000, das Bernabeu in Madrid 95000, Bayern Münchens Stadion 75000. Aber Arsenal, der größte Verein in der größten Stadt Europas, wird gerade mal in der Lage sein, weniger als vierzigtausend Leute in sein Stadion zu quetschen, wenn der Umbau abgeschlossen ist.
Wir wollten keine neuen Stadien, und jetzt wollen wir die alten nicht, nicht wenn sie modifiziert werden müssen, um unsere Sicherheit zu garantieren, und die Clubs als Folge davon mehr verlangen müssen. »Was, wenn ich meine Kinder zu einem Spiel mitnehmen will? Das werde ich mir nicht leisten können.« Doch wir können es uns auch nicht leisten, unsere Kinder nach Barbados
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