Fever Pitch
(oder auch umgekehrt, wie man leider zugeben muß), und man kann Muriel Spark und Bryan Robson bewundern. Interessanterweise sind es die Männer, die sich der Möglichkeit der Mischung und individuellen Zusammenstellung eher bewußt zu sein scheinen als die Frauen: Eine feministische Kollegin von mir weigerte sich – wörtlich – zu glauben, daß ich zu Arsenal gehe, wobei ihre Ungläubigkeit offensichtlich darin wurzelte, daß wir einmal eine Unterhaltung über einen feministischen Roman hatten. Wie konnte es möglich sein, daß ich das Buch gelesen hatte und in Highbury gewesen war? Sag einer denkenden Frau, daß du Fußball magst, und du kannst dich auf einen ziemlich ernüchternden Einblick in die weibliche Vorstellung vom Mann gefaßt machen.
Und doch muß ich akzeptieren, daß meine bösartige Wut während des Spiels gegen Coventry die logische Folge dessen war, was vier Jahre vorher begonnen hatte. Mit fünfzehn war ich weder imstande zu sammeln und auszuwählen, noch konnte ich erkennen, daß die Kultur der Fußballfans nicht unbedingt diskret war. Wenn ich Samstage in Highbury damit verbringen wollte, Fußball wegzugucken, dann mußte ich auch so gehässig, wie es mir eben möglich war, mit einer Lanze herumfuchteln. Wenn, was in Anbetracht meines phasenweise vaterlosen Zustandes wahrscheinlich erscheint, ein Teil meiner Arsenalbesessenheit davon herrührte, daß diese mir einen schnellen Weg eröffnete, einen vormals leeren Einkaufswagen im Supermarkt der Männlichkeit zu füllen, dann ist es vielleicht verständlich, daß ich mich erst später darum kümmerte, was Müll war und was wert, behalten zu werden. Ich warf einfach alles hinein, was ich sah, und dummer, blinder, gewalttätiger Zorn lag eindeutig in meinem Gesichtsfeld.
Ich hatte Glück (und es war Glück, ich kann mir keinen Verdienst daran zuschreiben), daß ich mir ziemlich schnell eine Überdosis holte und mich ekelte. Aber das größte Glück war, daß die Frauen, die mir gefielen, und die Männer, mit denen ich mich anfreunden wollte (in dieser Phase gehörten diese Verben genau dahin, wo ich sie plaziert habe), nichts von mir hätten wissen wollen, wenn das anders gewesen wäre. Hätte ich die Art von Mädchen getroffen, die männliche Streitlust akzeptierten oder sogar unterstützten, hätte ich mich möglicherweise nicht drum kümmern müssen. (Wie war dieser Anti-Vietnam-Slogan? »Frauen sagen ja zu Männern, die nein sagen«?) Aber es gibt Fußballfans, Tausende, die weder die Notwendigkeit noch den Wunsch verspüren, einen Blick auf ihre Aggressionen zu werfen. Ich mache mir Sorgen um sie, ich verachte sie, und ich habe Angst vor ihnen. Einige dieser Leute, erwachsene Männer Mitte dreißig mit Kindern, sind inzwischen zu alt, um herumzulaufen und anderen zu drohen, ihnen die Schädel einzutreten, aber sie tun es trotzdem.
Carol Blackburn
Arsenal gegen Derby – 31.3.73
An dieser Stelle fühle ich mich genötigt, die Genauigkeit meines Gedächtnisses und möglicherweise die der Gedächtnisse aller Fußballfans zu verteidigen. Ich habe niemals ein Fußballtagebuch geführt, und ich habe mehrere hundert Spiele komplett vergessen, aber ich habe mein Leben in Arsenalspielen ausgemessen, und jedes Ereignis von irgendwelcher Bedeutsamkeit hat einen fußballerischen Schatten. Das erste Mal, als ich Trauzeuge bei einer Hochzeit war? Wir haben in der dritten Runde des FA Cups gegen die Spurs 0:1 verloren, und ich lauschte dem Bericht von Pat Jennings’ tragischem Fehler auf einem windigen Parkplatz in Cornwall. Wann endete meine erste wirkliche Liebesgeschichte? Am Tag nach einem enttäuschenden 2:2-Unentschieden gegen Coventry 1981. Daß man sich an solche Ereignisse erinnert, ist vielleicht verständlich, aber ich kann mir nicht erklären, warum ich so manchen anderen Kram behalten habe. Meine Schwester, zum Beispiel, erinnert sich daran, zweimal in Highbury gewesen zu sein, aber mehr weiß sie nicht mehr, während ich weiß, daß sie 1973 einen 1:0Sieg gegen Birmingham (ein Tor von Ray Kennedy, an dem Nachmittag, an dem Liam Brady sein Debüt gab) und 1980 einen 2:0-Sieg gegen Stoke (Hollins und Sansom) gesehen hat. Mein Halbbruder kam das erste Mal im Januar 1973 und sah ein 2:2 in einem Pokalspiel gegen Leicester, aber wie kommt es, daß ich das weiß und er nicht? Warum fühle ich mich gezwungen, wenn mir jemand erzählt, daß er oder sie 1976 in Highbury einen 5:2-Sieg gegen Newcastle gesehen hat, zu bemerken, daß das Spiel
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