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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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glauben. Ich zog es vor zu glauben, daß es die Aussicht auf Italien selbst war, dessen Kultur und Lebensart, die ihn weggelockt hatte, und daß ihn die beschränkten Vergnügungen, die Hertfordshire oder Essex oder wo immer er lebte, boten, unvermeidlich mit existenzieller Langeweile zu erfüllen begonnen hatten. Was ich aber ganz bestimmt wußte, war, daß er uns alle nicht verlassen wollte, daß er hin und her gerissen war, daß er uns so liebte, wie wir ihn liebten, und daß er eines Tages zurückkehren würde.

    Nur sieben Monate nachdem ich Liam an Juventus verloren hatte, verlor ich meine Freundin an einen anderen Mann, Knall auf Fall in der ersten, trostlosen Post-Brady-Saison. Und obwohl ich wußte, welcher Verlust mehr schmerzte – Liams Transfer erzeugte Bedauern und Traurigkeit, aber dankenswerterweise nicht die Schlaflosigkeit, Übelkeit und unerträgliche, untröstliche Bitterkeit eines Herzens, daß dreiundzwanzig Jahre alt war und gebrochen –, glaube ich, daß sie und Liam in meinem Kopf auf eigenartige Weise miteinander verquickt wurden. Beide, Brady und das Mädchen, verfolgten mich eine lange Zeit, vielleicht sechs oder sieben Jahre, also war es in gewisser Hinsicht vorhersehbar, daß der eine Geist mit dem anderen verschmolz. Nachdem Brady weg war, probierte Arsenal eine Reihe von Mittelfeldspielern aus – einige waren gut, andere nicht –, die alle dem Untergang geweiht waren, weil sie nicht die Person waren, die sie zu ersetzen versuchten: Zwischen 1980 und 1986 spielten Talbot, Rix, Hollins, Price, Gatting, Peter Nicholas, Robson, Petrovic, Charlie Nicholas, Davis, Williams und sogar Mittelstürmer Paul Mariner im zentralen Mittelfeld.
      Und ich hatte im Verlauf der nächsten vier oder fünf Jahre eine Reihe von Beziehungen, einige waren ernsthafter Natur, andere nicht … die Parallelen waren endlos. Bradys häufig gerüchteweise verbreitete Rückkehr (er spielte in seinen acht Jahren in Italien für vier verschiedene Clubs, und vor jedem Transfer war die englische Boulevardpresse voll von unverzeihlich grausamen Geschichten darüber, wie kurz Arsenal davorstehe, ihn erneut unter Vertrag zu nehmen) begann etwas Unwirkliches anzunehmen. Ich wußte, natürlich, daß die Anfälle von fürchterlicher, erschöpfender Depression, die mich von Anfang bis Mitte der achtziger Jahre heimsuchten, weder von Brady noch von dem Mädchen, das ich verloren hatte, verursacht wurden. Sie hatten mit etwas anderem zu tun, etwas, das viel schwerer zu fassen war, etwas, das schon sehr viel länger in mir gewesen sein mußte als diese beiden schuldlosen Menschen.
    Aber während dieser furchtbaren Tiefs dachte ich zurück an die Zeiten, in denen ich mich zum letzten Mal glücklich, erfüllt, tatkräftig, optimistisch gefühlt hatte; und das Mädchen und Brady waren ein Teil dieser Zeiten. Sie waren nicht ausschließlich für sie verantwortlich, aber sie waren in ihnen sehr oft da, und das reichte, um diese beiden Liebesaffären in ZwillingsStützpfeiler einer anderen, verzauberten Zeit zu verwandeln.
      Etwa fünf oder sechs Jahre nachdem er weggegangen war, kehrte Brady heim, um in Pat Jennings’ Abschiedsspiel für Arsenal zu spielen. Es war ein eigenartiger Abend. Wir brauchten ihn sogar noch mehr als je zuvor (eine graphische Darstellung von Arsenals Schicksal in den Achtzigern würde einer U-Kurve ähneln), und vor dem Spiel war ich nervös, aber es war nicht die Art von Nervosität, die ich normalerweise vor großen Spielen hatte – das hier war das Nervenflattern eines früheren Verehrers, der im Begriff stand, sich auf ein unvermeidlich schmerzliches, aber langersehntes Wiedersehen einzulassen. Ich schätze, ich hatte die Hoffnung, daß ein überschwenglicher, tränenreicher Empfang etwas in Brady auslösen würde, daß er feststellen würde, daß seine Abwesenheit ihn, genau wie uns, irgendwie nicht ganz vollständig machte. Aber nichts dergleichen geschah. Er bestritt das Spiel, winkte uns zu und flog am nächsten Morgen zurück nach Italien, und als wir ihn das nächste Mal sahen, trug er ein West-Ham-Trikot und hämmerte den Ball von der Strafraumgrenze an unserem Torwart Lukic vorbei ins Netz.
    Wir haben ihn niemals befriedigend ersetzt, aber wir fanden andere Leute, mit anderen Qualitäten; ich brauchte lange Zeit, um zu begreifen, daß das nicht die schlechteste Art ist, mit einem Verlust umzugehen

Arsenalmäßig

    West Ham gegen Arsenal – 10.5.80

    Jedermann kennt den Song, den die Fans

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