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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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wie ein genetischer Fehler.

Clowns

    Arsenal gegen Stoke – 13.9.80

    Wieviele Spiele dieser Art mußten wir zwischen Bradys Weggang und George Grahams Ankunft ansehen? Die Gästemannschaft quält sich über die Runden, ein mittelmäßiges Team ohne Ehrgeiz; ihr Trainer (Ron Saunders, Gordon Lee, Graham Turner oder in diesem Fall Alan Durban) will ein Unentschieden in Highbury und spielt mit fünf Verteidigern, vier Mittelfeldspielern, die sonst immer als Verteidiger auflaufen, und einem hoffnungslosen Mittelstürmer, der mutterseelenallein vorn rumsteht und auf weite Abschläge seines Torwarts wartet. Ohne Liam (und, nach jener Saison, ohne Frank Stapleton) hatte Arsenal nicht den Spielwitz, den Einfallsreichtum, den Gegner auszuspielen, und vielleicht gewannen wir (durch zwei Tore nach Ecken auf den kurzen Pfosten oder einen abgefälschten Weitschuß und einen Elfmeter), oder vielleicht spielten wir Unentschieden (0:0), oder vielleicht verloren wir durch einen Konter 0:1, aber irgendwie war das ohnehin egal. Arsenal war nicht mal ansatzweise gut genug, um den Titel zu gewinnen, aber zu stark, um abzusteigen; Woche für Woche, Jahr für Jahr erschienen wir in dem sicheren Wissen, daß uns das, was uns bevorstand, zutiefst deprimieren würde.
    Dieses Spiel gegen Stoke war ziemlich typisch – eine torlose erste Hälfte, und dann, inmitten steigender Unzufriedenheit, zwei späte Tore (per Kopf durch die beiden kleinsten Spieler auf dem Platz, Sansom und Hollins, was angesichts der turmhohen Statur von Stokes zahlreichen Vorstoppern nicht frei von Ironie war). Niemand, nicht einmal jemand wie ich, würde sich noch an das Spiel erinnern, wäre da nicht die Pressekonferenz nach dem Spiel gewesen, in der sich Alan Durban über die feindselige Haltung der Journalisten seiner Mannschaft und seiner Taktik gegenüber aufregte. »Wenn ihr Unterhaltung wollt«, fauchte er, »geht in den Zirkus und guckt euch Clowns an.«
      Es wurde eines der berühmtesten Fußballzitate des Jahrzehnts. Vor allem die anspruchsvolleren Blätter liebten es für seine mühelose Zusammenfassung der modernen Fußballkultur: Es war ein schlüssiger Beweis dafür, daß der Fußball vor die Hunde gegangen war, daß niemandem mehr etwas anderes als Ergebnisse am Herzen lag, daß der schwärmerisch-individualistische Stil gestorben war, daß Hüte nicht mehr in die Luft geschleudert wurden. Man konnte den Standpunkt dieser Leute verstehen. Warum sollte sich Fußball von jedem anderen Zweig der Unterhaltungsindustrie unterscheiden? Man wird wohl nicht allzu viele Hollywood-Produzenten und West-EndTheaterdirektoren finden, die den Wunsch des Publikums nach Zerstreuung verhöhnen, warum also sollten Fußballtrainer damit ungestraft davonkommen?
      Trotzdem bin ich im Verlauf der letzten paar Jahre zu der Überzeugung gelangt, daß Alan Durban recht hatte. Es war nicht sein Job, für Unterhaltung zu sorgen. Es war sein Job, sich um die Interessen der Fans von Stoke City zu kümmern, was bedeutet, daß es darum ging, auswärts Niederlagen zu vermeiden, ein angeschlagenes Team in der ersten Division zu halten und vielleicht ein paar Pokalspiele zu gewinnen, um die düstere Stimmung aufzuhellen. Die Fans von Stoke wären mit einem torlosen Unentschieden glücklich gewesen, genauso wie Arsenalfans mit torlosen Unentschieden bei Tottenham, Liverpool oder Manchester United vollauf glücklich sind; zu Hause erwarten wir, mehr oder weniger jeden zu schlagen, und es ist uns nicht besonders wichtig, wie das bewerkstelligt wird.
    Diese Festlegung auf Resultate bedeutet unvermeidlich, daß Fans und Journalisten Spiele auf eine höchst unterschiedliche Art sehen. 1969 erlebte ich, wie George Best in Highbury für Manchester United spielte und zwei Tore erzielte. Das Erlebnis hätte eine tiefen Eindruck hinterlassen sollen, so als ob man Nijinski tanzen gesehen oder Maria Callas singen gehört hätte, und obwohl ich manchmal in dieser Art davon spreche – mit jüngeren Fans oder denen, die Best aus anderen Gründen verpaßt haben –, ist meine liebevolle Darstellung des Erlebten von Grund auf verlogen: Ich haßte jenen Nachmittag. Jedesmal wenn er den Ball erhielt, jagte er mir Angst ein, und ich wünschte damals, genauso wie ich es vermutlich heute noch tue, daß er verletzt gewesen wäre. Und ich habe Law und Charlton gesehen, Hoddle und Ardiles, Dalglish und Rush, Hurst und Peters, und das gleiche Phänomen trat auf: Nichts von dem, was diese Spieler jemals in

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