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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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ausführt, Aufstöhnen als Gordon Banks abtaucht und den Ball abklatscht, der glücklich vor Neills Füßen landet – und diesmal trifft er. Allerdings bin ich mir sicher, daß sich dieses Bild aus dem aufgebaut hat, was ich inzwischen bei ähnlichen Situatio nen erlebt habe und daß ich damals in Wirklichkeit viel weniger wahrgenommen habe. Alles, was ich an diesem Tag wirklich sah, war eine verwirrende Aneinanderreihung von unverständlichen Vorfällen, an deren Ende alle um mich herumstanden und schrien. Falls ich das auch tat, muß es peinliche zehn Sekunden nach dem Rest der Menge gewesen sein.
    Aber ich habe andere, verläßlichere und wahrscheinlich be
    deutsamere Erinnerungen. Ich erinnere mich an die überwältigende Männlichkeit der ganzen Geschichte - Zigarren- und Pfeifenrauch, verdorbene Sprache (Worte, die ich zwar schon gehört hatte, aber nicht von Erwachsenen und nicht in dieser Lautstärke), und erst Jahre später ging mir auf, daß das fast zwangsläufig Auswirkungen auf einen Jungen haben mußte, der mit seiner Mutter und seiner Schwester zusammenlebte. Ich erinnere mich, daß ich mehr ins Publikum als auf die Spieler schaute. Von dort, wo ich saß, hätte ich wahrscheinlich zwanzigtausend Köpfe zählen können – so was kann nur ein Sportfan (oder Mick Jagger oder Nelson Mandela). Mein Vater sagte mir, daß fast so viele Menschen im Stadion seien, wie in meiner Stadt lebten, und ich war dementsprechend von Ehrfurcht ergriffen.
    (Wir haben vergessen, daß die Zuschauerzahlen beim Fußball
    immer noch erstaunlich hoch sind, größtenteils deshalb, weil sie seit dem Krieg schrittweise abgenommen haben. Trainer beklagen sich häufig über das geringe Zuschauerinteresse, vor allem wenn es ihrer mittelmäßigen Erst- oder Zweitligamannschaft gelungen ist, ein paar Wochen lang eine deftige Packung zu vermeiden. Aber die Tatsache, daß, sagen wir, Derby County es geschafft hat, 1990/91 – die Saison, die das Team auf dem letzten Platz der ersten Division beendete – einen Durchschnittsbesuch von fast siebzehntausend Zuschauern anzulocken, ist ein Wunder. Laß uns annehmen, daß dreitausend davon Anhänger der Auswärtsmannschaft sind. Das bedeutet, unter den verbleibenden vierzehntausend Zuschauern aus Derby war eine Anzahl von Leuten, die mindestens achtzehnmal loszogen, um den schlechtesten Fußball jener und vermutlich der meisten anderen Spielzeiten zu sehen. Naja, eigentlich muß man sich fragen, warum überhaupt irgendein Mensch ins Stadion gegangen ist.)
      Es war aber nicht der Umfang der Zuschauermenge oder die Tatsache, daß Erwachsene das Wort »WICHSER« so laut sie wollten schreien konnten, ohne die geringste Aufmerksamkeit zu erregen, was mich am stärksten beeindruckte, sondern wie sehr die meisten Männer um mich herum es haßten, wirklich haßten, hier zu sein. Soweit ich das beurteilen konnte, schien keiner irgend etwas von dem, was während des gesamten Nachmittags geschah, auf die Art zu genießen, wie ich das Wort verstand. Binnen Minuten nach dem Anpfiff gab es echte Wut ( »Du bist eine SCHANDE, Gould. Er ist eine SCHANDE!«
      »Einhundert Pfund in der Woche? EINHUNDERT PFUND IN DER WOCHE! Das sollten sie mir dafür geben, daß ich dich anschauen muß.« ) Im Verlauf des Spiels verwandelte sich die Wut in Entrüstung und schien dann zu mürrischer, stiller Unzufriedenheit zu erstarren. Ja, ja ich kenne all die Witze. Was hätte ich in Highbury schon anderes erwarten können? Aber ich war auch bei Chelsea, bei Tottenham und bei den Rangers und habe das gleiche erlebt: Der natürliche Grundzustand des Fußballfans ist bittere Enttäuschung, egal wie es steht.
    Ich glaube, wir Arsenalfans wissen, tief in uns, daß der Fuß
    ball in Highbury nicht oft schön anzusehen war und daß daher unser Ruf als das langweiligste Team in der gesamten Geschichte des Universums nicht so verblüffend ist wie wir vorgeben, aber wenn wir eine erfolgreiche Mannschaft haben, wird vieles verziehen. Die Arsenalmannschaft, die ich an jenem Nachmittag sah, war einige Zeit aufsehenerregend erfolglos gewesen. Genaugenommen hatte der Club seit der Krönung im Jahre 1953 nichts mehr gewonnen, und dieses entmutigende und unzweideutige Versagen rieb ganz einfach Salz in die Wunden der Fans. Viele der Männer um uns herum sahen so aus, als hätten sie ein jedes Spiel einer jeden dürftigen Saison gesehen. Die Tatsache, daß ich in eine Ehe eindrang, die erschreckend freudlos geworden war, verlieh meinem

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