Fever Pitch
Nachmittag einen besonders prickelnden Kitzel der Sinne (wenn es eine echte Ehe gewesen wäre, hätten Kinder Stadionverbot gehabt). Ein Partner schleppte sich schwerfällig dahin und versuchte, auf pathetische Weise Gefallen zu erregen, während der andere sein Gesicht der Wand zukehrte, zu voll von Abscheu, um auch nur hinzusehen. Die Fans, die sich nicht an die dreißiger Jahre erinnerten, als der Club fünf Meistertitel und zwei FA Cups gewonnen hatte (obwohl Ende der Sechziger ein guter Teil der Zuschauer dazu in der Lage war), konnten sich an die Comptons und Joe Mercer erinnern, die gerade mal etwas mehr als ein Jahrzehnt her waren.
Das Stadion selbst, mit seinen wunderschönen Art-déco
Tribünen und seinen Jacob-Epstein-Statuetten, schien die aktuelle Arsenaltruppe mindestens genauso zu mißbilligen wie meine Tribünennachbarn.
Ich war natürlich schon vorher bei öffentlichen Unterhaltungsveranstaltungen gewesen, im Kino und in der Pantomime, und ich hatte meine Mutter im Chor des White Horse Inn in der Stadthalle singen sehen. Doch das war etwas anders. Das Publikum, dessen Teil ich bis dahin gewesen war, hatte bezahlt, um eine schöne Zeit zu haben, und ich hatte, obwohl man gelegentlich ein zappeliges Kind oder einen gähnenden Erwachsenen entdecken konnte, noch nie Gesichter wahrgenommen, die von Zorn, Verzweiflung oder Frustration verzerrt waren. Sich zu amüsieren, indem man leidet, war für mich ein vollkommen neuer Gedanke – auch wenn es den Eindruck macht, als hätte ich nur auf ihn gewartet. Es ist vielleicht nicht mal allzu gewagt, wenn ich behaupte, daß es ein Gedanke ist, der mein Leben geformt hat. Mir wurde schon immer vorgeworfen, die Dinge, die ich liebe – natürlich Fußball, aber auch Bücher und Platten – , viel zu ernst zu nehmen, und ich empfinde tatsächlich eine Art Wut, wenn ich eine schlechte Platte höre oder wenn jemand sich für ein Buch, das mir viel bedeutet, nicht sonderlich erwärmen kann. Vielleicht waren es diese verzweifelten, verbitterten Männer auf Arsenals Westtribüne, die mich gelehrt haben, diese Art von Wut zu empfinden. Und vielleicht verdiene ich deshalb einen Teil meines Lebensunterhalts als Kritiker - vielleicht sind es jene Stimmen, die ich höre, wenn ich schreibe: »Du bist ein WICHSER, X.«
»Den Booker Preis? DEN BOOKER PREIS? Den sollten sie mir dafür geben, daß ich dich lesen muß.«
Nur dieser eine Nachmittag hat die ganze Sache ins Rollen gebracht – es gab keine ausgedehnte Brautwerbung –, und ich weiß mittlerweile, daß dasselbe passiert wäre, wenn ich nach White Hart Lane oder Stamford Bridge gegangen wäre, so überwältigend war die Erfahrung beim ersten Mal. In einem verzweifelten und scharfsichtigen Versuch, das Unvermeidliche aufzuhalten, nahm mich Dad ganz schnell zu den Spurs mit, wo ich Jimmy Greaves vier Treffer zu einem 5:1-Sieg gegen Sunderland beisteuern sah, doch es war bereits um mich geschehen, und die sechs Tore und all die großartigen Spieler ließen mich kalt. Ich hatte mich in das Team verknallt, das Stoke durch einen Elfmeternachschuß 1:0 bezwang.
Einen doppelten Jimmy Husband
Arsenal gegen West Harn – 26.10.68
Bei diesem, meinem dritten Besuch in Highbury (ein torloses Unentschieden – ich hatte mein Team mittlerweile dreimal in viereinhalb Stunden treffen sehen) erhielten alle Kinder umsonst ein Fußballstar-Album. Jede Seite war einer Erstligamannschaft gewidmet und hatte vierzehn oder fünfzehn Leerfelder, in die Abziehbilder der Spieler geklebt werden sollten, und wir erhielten auch ein kleines Päckchen mit Abziehbildern, um unsere Sammlung in Gang zu bringen. Ich weiß, daß Werbegeschenke nicht oft auf diese Art beschrieben werden, aber das Album erwies sich als der letzte, entscheidende Schritt in einem Sozialisierungsprozeß, der mit dem Spiel gegen Stoke begonnen hatte. Die Vorzüge einer Vorliebe für Fußball waren in der Schule einfach unschätzbar (auch wenn der Sportlehrer ein Waliser war, der einmal den denkwürdigen Versuch unternahm, uns sogar in unserer Freizeit zu verbieten, etwas anderes als ein Rugby-Ei zu kicken): Mindestens die Hälfte meiner Klasse und wahrscheinlich ein Viertel des Lehrkörpers liebte Fußball.
Es kann nicht überraschen, daß ich in der fünften Klasse der einzige Arsenalanhänger war. QPR, das nächstgelegene Erstligateam, hatte Rodney Marsh in seinen Reihen, Chelsea hatte Peter Osgood, Tottenham hatte Greaves und West Harn die drei
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