Fever Pitch
vollkommen gefehlt hätte. Nach einer Weile, als das Spiel zu gewinnen eine Alternative zu sein schien, die irgendwie unmöglich geworden war, begannen wir, uns auf eine andere Werteordnung einzustellen und nach Dingen Ausschau zu halten, die die Genugtuung des Siegens ersetzten: Tore, Unentschieden, eine tapfere Leistung angesichts eines überwältigend feindseligen Schicksals (und die Mannschaft war gelegentlich schrecklich, schrecklich glücklos, wie das bei einem Team der Fall sein muß, das volle sechs Monate nicht gewinnt) … all dies wurden Anlässe für stille, gelegentlich auch selbstironische Feierlichkeiten. Und in jedem Fall entwickelte Cambridge im Verlauf des Jahres eine gewisse traurige Berühmtheit. Während seine Ergebnisse früher für nicht erwähnenswert befunden wurden, fanden sie jetzt immer eine Erwähnung in SPORTS REPORT; Leuten zu erzählen, daß ich den gesamten Zeitraum über dort war, verleiht einem selbst sieben Jahre später in gewissen Kreisen ein bestimmtes soziales Prestige.
Letztlich lernte ich in diesem Zeitabschnitt mehr als in irgendeinem anderen meiner fußballerischen Geschichte, daß es für mich ganz einfach nicht zählt, wie schlecht sich die Dinge entwickeln, daß Ergebnisse letztlich keine Rolle spielen. Wie ich bereits angedeutet habe, wäre ich gern einer jener Menschen, die ihr örtliches Team wie ihr örtliches Restaurant behandeln und sich deshalb als Gäste zurückziehen, wenn ihnen ungesunder Abfall vorgesetzt wird. Doch leider (und das ist ein Grund, warum der Fußball sich selbst in so viele Schlamassel manövriert hat, ohne irgendeins davon beseitigen zu müssen) gibt es viele Fans wie mich. Für uns ist der Konsum alles; die Qualität des Produkts ist unerheblich.
Kokosnüsse
Cambridge United gegen Newcastle United – 28.4.84
Ende April kam Newcastle in die Abbey, mit Keegan, Beardsley und Waddle. Newcastle war in der zweiten Division ganz vorne mit dabei und brauchte dringend einen Sieg, um aufzusteigen, und Cambridge war schon längst abgestiegen. United erhielt in den ersten paar Minuten einen Elfmeter zugesprochen und traf, was, in Anbetracht der jüngsten Geschichte, für sich allein genommen nicht fesselnd war – wie wir im Verlauf der vorangegangenen Monate gelernt hatten, gab es zahllose Möglichkeiten, einen Vorsprung in eine Niederlage zu verwandeln. Aber es fielen tatsächlich keine weiteren Tore, und in den letzten fünf Minuten, als Cambridge den Ball so weit wie möglich in die Schrebergärten hämmerte, hätte man denken können, daß die Mannschaft im Begriff stünde, den Europapokal zu gewinnen. Beim Schlußpfiff umarmten die Spieler einander (die meisten von ihnen waren gekauft oder aus der Reservemannschaft geholt worden, um den Niedergang aufzuhalten, und hatten noch nie in einer siegreichen Mannschaft gespielt) und winkten ihren begeisterten Fans glücklich zu; zum ersten Mal seit Oktober konnte der Club-DJ »I’ve Got a Lovely Bunch of Coconuts« spielen. Letztlich war der Sieg bedeutungslos, und in der folgenden Saison stiegen sie erneut ab, aber nach jenem langen, freudlosen Winter bescherte er uns ein paar denkwürdige Stunden.
Das war das letzte Mal, daß ich in die Abbey ging; in jenem Sommer entschloß ich mich, vor Cambridge und United fortzulaufen, zurück nach London und zu Arsenal. Doch dieser Nachmittag – ungewöhnlich, lustig und erfreulich in einer Hinsicht, herzzerreißend in anderer, privat in einer Weise, die für den Fußball ungewöhnlich ist (es waren wahrscheinlich weniger als dreitausend Cambridge-Fans beim Spiel gegen Newcastle im Publikum) – war ein perfekter Abschluß meiner Beziehung zu dem Club. Und manchmal, wenn mir scheint, daß es eine undankbare, nicht zu rechtfertigende, lästige Aufgabe ist, ein Team der ersten Division zu unterstützen, vermisse ich sie sehr.
Pete
Arsenal gegen Stoke City – 22.9.84
»Du mußt meinen Freund treffen«, wird mir immer gesagt, »er ist ein großer Arsenalfan.« Und ich treffe den Freund, und es kommt heraus, daß er bestenfalls am Sonntagmorgen die Ergebnisse von Arsenal in der Zeitung nachschaut oder schlimmstenfalls nicht in der Lage ist, einen einzigen Arsenalspieler seit Denis Compton zu nennen. Keine dieser Verabredungen mit Unbekannten hat je was gebracht; ich war zu anspruchsvoll, und meine Partner waren einfach nicht an Hingabe interessiert.
Also erwartete ich wirklich nicht besonders viel, als man mir Pete auf der Seven Sisters Road vor dem Spiel
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