Fever Pitch
den Spielern zu gratulieren, die für fast alle der Zuschauer entweder ihre Söhne, ihre Brüder oder ihre Ehemänner waren. Eine gewisse Bitterkeit ist zentraler Teil der Erfahrung, ein großes Team zu unterstützen, und man kann daran nichts ändern, sondern muß damit leben und akzeptieren, daß Profisport bitter sein muß, wenn er überhaupt irgendwie bedeutsam sein will. Doch manchmal ist es schön, ein bißchen Urlaub davon zu haben und sich zu fragen, wie es wäre, wenn die Arsenalspieler alle aus London N4 oder N5 kämen, andere Jobs hätten und nur spielten, weil sie das Spiel liebten und das Team, für das sie aufliefen. Das ist sentimental, aber Teams wie Waiden lösen Gefühle aus; manchmal denkt man, daß es schön wäre, wenn die Erkennungsmelodie des A-TEAMS, die Arsenals Ankunft auf dem Spielfeld anzeigt, fürchterlich abstürzte, wie es so oft bei Cambridge City passiert ist, und die Spieler schauten einander an und lachten.
Charlie Nicholas
Arsenal gegen Luton – 27.8.83
Wie können Sie nicht überall Vorzeichen sehen? Im Sommer 1983, nach zwei Jahren, hängte ich meinen Lehrerjob an den Nagel, um Schriftsteller zu werden; und ein paar Wochen später verpflichtete Arsenal wider allen Erwartungen das begehrteste Stück des britischen Fußballs – Charlie Nicholas, das Cannonball Kid, der in der Saison davor in Schottland fünfzig und ein paar Tore für Celtic Glasgow erzielt hatte. Jetzt würden wir etwas zu sehen bekommen. Und mit Charlie in der Nähe fühlte ich, wie undenkbar es war, daß ich mit meinen witzigen und doch sensiblen Stücken keinen Erfolg haben würde, deren erstes – oh, unergründliche Geheimnisse der Kreativität – von einem Lehrer handelte, der Schriftsteller wird.
Es ist jetzt leicht zu erkennen, daß ich Charlies Karriere nicht mit meiner eigenen hätte verknüpfen sollen, doch zur damaligen Zeit fand ich das unwiderstehlich. Der Optimismus von Terry Neill, Don Howe und der Presse riß mich mit, und als die Charlie-Hysterie im Verlauf des Sommers 83 immer fieberhafter wurde (in Wahrheit hatte er sich in der Boulevardpresse bereits zum Narren gemacht, noch ehe er einen Ball getreten hatte), wurde es sehr einfach zu glauben, daß die Zeitungen von mir sprechen würden. Ich fühlte, daß es eindeutig möglich war, daß ich dicht davor stand, das Cannonball Kid des Fernsehdramas zu werden und dann des Theaters im West End (auch wenn ich nichts von beidem verstand und tatsächlich häufig meine Verachtung für die Bühne zum Ausdruck gebracht hatte).
Die hübsche und augenfällige Gleichzeitigkeit des Ganzen verwirrt mich noch immer. Beim letzten Neubeginn
1976, als Terry Neill das Ruder übernahm und Malcolm Macdonald zum Club kam, war ich im Begriff, an die Universität fortzugehen. Und Charlies Ankunft fiel mit meiner Rückkehr nach London zusammen. Ich hatte verschiedene fürchterliche Schlamassel, die ich in Cambridge angerichtet hatte, zurückgelassen und wollte in London ein neues Leben beginnen. Vielleicht haben Fußballteams und Menschen ständig Neuanfänge; vielleicht haben Arsenal und ich mehr als die meisten anderen und passen deshalb zueinander.
Charlie erwies sich letztlich als ziemlich genauer Indikator für meine Geschicke. Ich war natürlich bei diesem, seinem ersten Spiel da, zusammen mit gut vierzigtausend anderen, und er war in Ordnung: Er traf nicht, hatte aber ein paar gute Szenen, und wir gewannen 2:1. Er machte zwar im nächsten Spiel auswärts in Wolverhampton zwei Tore, aber das war’s dann auch schon in der Liga bis Weihnachten (er traf noch einmal im November im Ligapokalspiel in Tottenham). In der nächsten Partie zu Hause, gegen Manchester United, wirkte er langsam und hatte keine Bindung zu seinen Mitspielern, und das Team wurde deklassiert – wir verloren bloß 2:3, waren aber in Wirklichkeit völlig chancenlos. (Genaugenommen traf er in Highbury bis zum 27. Dezember, als er einen Elfmeter gegen Birmingham verwandelte – was wir so leidenschaftlich feierten, als hätte er einen Hattrick gegen Tottenham erzielt –, überhaupt nicht.) Seine erste Saison war, kurzum, ein Desaster, genauso wie sie es für das ganze Team war, und der Trainer, Terry Neill, erhielt nach einer Serie trostloser Ergebnisse im November und frühen Dezember den Laufpaß.
Das andere Cannonball Kid, die literarische Version, beendete sein phantasievolles Stück und erhielt einen freundlichen und ermutigenden Ablehnungsbrief; begann dann ein anderes,
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