Fever Pitch
gegen Stoke vorstellte; doch es war eine vollkommene, lebensverändernde Begegnung. Er war (und ist noch immer) genauso bescheuert wie ich – er hat das gleiche lächerliche Gedächtnis, den gleichen Hang, sein Leben für neun Monate im Jahr von Spielansetzungen und Fernsehprogrammen beherrschen zu lassen. Er wird vor großen Spielen von der gleichen den Magen durcheinanderwirbelnden Angst und den gleichen furchtbaren Stimmungstiefs nach schlimmen Niederlagen ergriffen. Ich glaube, er hat interessanterweise den gleichen Hang dazu, sich ein wenig durchs Leben treiben zu lassen, die gleiche Unsicherheit, was er damit anfangen soll, und ich glaube, er hat genauso wie ich zugelassen, daß Arsenal Lücken ausfüllt, die von etwas anderem hätten besetzt werden müssen – aber andererseits tun wir das alle.
Ich war siebenundzwanzig als ich ihn traf, und ich schätze, ohne seinen Einfluß hätte ich mich möglicherweise im Verlauf der nächsten paar Jahre allmählich vom Club entfernt. Ich näherte mich dem Alter, in dem das Abdriften manchmal beginnt (obwohl die Dinge, auf die man sich zutreiben lassen soll – häusliches Leben, Kinder, ein Job, der mir wirklich am Herzen lag, – einfach nicht da waren), doch mit Pete geschah das Gegenteil. Unser Verlangen nach allem, was mit Fußball zu tun hat, wurde stärker, und Arsenal begann, wieder tief in uns beide hineinzukriechen.
Vielleicht half auch das Timing: Zu Beginn der Saison 84/85 führte Arsenal die erste Division für einige Wochen an. Nicholas spielte mit atemberaubendem Geschick im Mittelfeld, Mariner und Woodcock sahen nach dem Sturmduo aus, das uns jahrelang gefehlt hatte, die Verteidigung war kompakt, und wieder ergriff mich einer dieser kleinen Funken von Optimismus und ließ mich einmal mehr glauben, daß, wenn sich die Dinge für das Team ändern konnten, sie sich auch für mich ändern konnten. (Bis Weihnachten, nach einer Kette von enttäuschenden Ergebnissen für mich und das Team, waren wir alle zurück im Sumpf der Verzweiflung.) Wenn Pete und ich uns am Anfang der darauffolgenden, trostlosen Saison getroffen hätten, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen – vielleicht hatten wir nicht den gleichen Antrieb gehabt, die Partnerschaft während dieser kritischen ersten paar Spiele zum Funktionieren zu bringen.
Ich habe allerdings den Verdacht, daß die Qualität von Arsenals Fußball in der Frühphase der Saison nur ganz wenig mit irgendwas zu tun hatte. Es gab ganz andere Gründe, warum wir uns von Anfang an verstanden, wie etwa die uns beiden gemeinsame Unfähigkeit, mit den Dingen außerhalb von Highbury zurechtzukommen und das uns beiden gemeinsame Bedürfnis, für uns selbst ein kleines Iglu zu schaffen, um uns vor den eisigen Winden der mittleren achtziger Jahre und unserer späten Zwanziger zu schützen. Seit ich Pete 1984 traf, habe ich in sieben Jahren weniger als ein Dutzend Spiele in Highbury verpaßt (vier in jenem ersten Jahr, alle im Zusammenhang mit den fortgesetzten Umwälzungen in meinem Privatleben, und während der letzten vier Spielzeiten überhaupt keins) und bin zu mehr Auswärtsspielen gereist als je zuvor. Und obwohl es Fans gibt, die seit Jahrzehnten gar keine Spiele, daheim oder auswärts, versäumt haben, hätte mich mein augenblicklicher Anwesenheitsrekord in Erstaunen versetzt, wenn ich ihn, sagen wir mal, 1975 bereits gekannt hätte, als ich für ein paar Monate erwachsen wurde und nicht mehr hinging, ja selbst 1983, als meine Beziehung zu dem Club höflich und freundlich, aber auch distanziert war. Pete schubste mich über die Grenze, und manchmal weiß ich nicht, ob ich ihm dafür danken soll oder nicht.
Heysel
Liverpool gegen Juventus – 29.5.85
Als ich im Sommer 1984 aus Cambridge davonlief und nach London kam, fand ich in einer Schule in Soho Arbeit als Lehrer für Englisch als Fremdsprache, ein Übergangsjob, der irgendwie vier Jahre dauerte, genauso wie alles, in das ich aus Lethargie, Zufall oder Panik geriet, viel länger anzudauern schien als es hätte sollen. Aber mir gefiel die Arbeit, und mir gefielen die Schüler (größtenteils junge Westeuropäer, die eine Auszeit von ihren Studiengängen nahmen); und obwohl mir das Unterrichten reichlich Zeit zum Schreiben ließ, tat ich es nicht und verbrachte lange Nachmittage mit anderen Leuten aus dem Kollegium oder einem Schwarm charmanter junger Italiener in Kaffeebars in der Old Crompton Street. Es war eine wundervolle Art, meine Zeit zu
Weitere Kostenlose Bücher