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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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war.
    Trotzdem griff er nach dem Geländer und erklomm die Stufen, die zur Kabine des Steuermanns führten. Etwas war nicht in Ordnung, denn sie waren rutschig. Er mußte sich fest an den hölzernen Handlauf klammern, um nicht zu fallen. Als er oben angekommen war, sah er sich als erstes nach den Felsenwächtern um. Inzwischen lagen sie wieder hinter dem Schiff. Emaque sandte den Mächten einen stummen Dank. Er hätte es nie geschafft, das Schiff durch diese tückischen Felsen zu steuern.
    Dann betrachtete Emaque das Trümmerfeld, das einmal die Kabine des Steuermanns gewesen war. Alle Glasscheiben waren zerbrochen, und die meisten Besatzungsmitglieder waren tot und gräßlich entstellt. Der Gestank von Gift und geschmolzenem Fleisch überdeckte sogar den Blutgeruch.
    Kapads Körper war unversehrt, aber er war am Fuß des mächtigen Steuerrads zusammengesunken. Emaque trat zu ihm.
    »Imatar ist tot«, flüsterte Kapad. Immer noch verursachten seine Worte einen seltsamen Echoeffekt in Emaques Schädel und Ohren.
    Ein Schauder überlief ihn. Er mußte so schnell wie möglich die Verbindung zu Kapad lösen.
    »Das Schiff zuerst«, sagte Kapad. »Von der Besatzung sind noch einige am Leben. Du mußt uns ins Schattenland steuern. Kannst du das?«
    »Wenn es sein muß«, antwortete Emaque. »Mit deiner Hilfe.«
    »Ich weiß nicht, wie sehr ich dir dabei noch helfen kann«, flüsterte Kapad.
    Wenn du stirbst, sterbe ich auch, übermittelte Emaque.
    Ich werde nicht sterben. Als könnte jemand ein solches Versprechen einhalten. Kapad konnte die Augen nicht länger offenhalten. Er streckte eine zitternde Hand nach Emaque aus.
    Wo ist Imatar? fragte Emaque in Gedanken.
    Die vergifteten Pfeile haben ihn erwischt, als wir die Schiffe sahen. Jemand sagte, daß sich das Mädchen über dich geworfen hat. Langsam kennen sie uns zu gut, Emaque. Kapads Augenlider flatterten. Wir müssen die Verbindung lösen.
    Emaque nickte. Er zog die kleine goldene Schere aus Kapads Brusttasche und schnitt erst vor der Nase des Steuermannes in die Luft, dann vor seiner eigenen. Niemand wußte genau, wie dieser Zauber eigentlich funktionierte, außer daß er das Lösen der Gedankenverbindung symbolisierte.
    Kapad blickte auf. »Wir werden es niemals schaffen, dieses verdammte Eiland zu verlassen«, stieß er hervor und starb.

 
36
     
     
    Der Regen hatte aufgehört, aber die Luft war noch immer feucht. Der Rocaan stand am Rand der Grube. In einer Hand hielt er sein kleines, ziseliertes Schwert, in der anderen einen mit Beerdigungskräutern gefüllten Lederbeutel. Eigentlich war es Aufgabe der Daniten, die Toten zu segnen, aber nachdem es in letzter Zeit so oft zu Massenbegräbnissen gekommen war, hatte der Rocaan selbst diese Aufgabe übernommen.
    Diese Grabstelle befand sich auf einem flachen Hügel außerhalb Jahns, von dem aus man auf den Cardidas blicken konnte. Die anderen Gräber waren hastig zugeschüttet worden, und jemand hatte eine Warntafel errichtet, um Neugierige fernzuhalten. Die Totengräber warteten am anderen Ende des Hügels. Sie wandten dem Rocaan den Rücken zu. Totengräber waren unrein und durften nicht an religiösen Zeremonien teilnehmen.
    Zwei der Ältesten, Porciluna und Andre, hielten respektvoll Abstand. Keiner der Ältesten begrüßte es, daß der Rocaan hier draußen war. Sie hielten ihn für zu alt und gebrechlich, um sich dem Wind auszusetzen.
    Der Verwesungsgeruch, der aus dem Massengrab aufstieg, mischte sich mit dem ungewohnten Geruch des Kalks. Der Rocaan starrte auf die Leichen zu seinen Füßen. Jede von ihnen war von Kopf bis Fuß in billiges Leinen gewickelt. Er hoffte, daß der Heiligste ihnen den Weg an Gottes Seite gewiesen hatte. Niemand hatte solch ein Ende verdient, ein Stück Fleisch unter vielen, nur durch eine dünne Erdschicht von anderen Leibern getrennt.
    Diese Menschen hier, es waren etwa zwanzig, meist Männer, waren getötet worden, als sie sechs Viehställe im Süden von Jahn verteidigten. Es hieß, die Fey hätten versucht, die mageren Vorräte der Inselbewohner zu plündern, woraufhin die Mitglieder der Familien zu den Waffen gegriffen hätten. Da sie ihren gesamten Vorrat an Weihwasser bei der Abwehr eines früheren Überfalls verbraucht hatten, waren sie völlig wehrlos gewesen.
    Die Fey hatten sie alle getötet und waren entkommen, so wie sie es schon bei gut hundert anderen Überfällen entlang des Cardidas getan hatten. Nur vier Frauen und zehn Kinder waren am Leben geblieben. Die

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