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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Waisenhäuser waren schon lange überfüllt. Wenn die Kinder in ihrem Zuhause blieben, verhungerten sie, und in den Waisenhäusern waren sie kaum besser dran.
    Der Rocaan hatte die Eindringlinge verdammt. Es war ein Fehler gewesen, an jenem verfluchten Tag der Invasion auf Matthias zu hören. Er hatte gewußt, daß Matthias aufgrund seiner eigenen Überzeugung handelte, nicht weil er eine zarte, leise Stimme vernommen hatte, und trotzdem hatte er auf ihn gehört. Hätte er das nicht getan und sich selbst geopfert, wären alle diese Unglücklichen vielleicht noch am Leben.
    Die Armenbegräbnisse machten ihm am meisten Kummer. Eigentlich führte er keine Beerdigungen für diejenigen durch, die es sich nicht leisten konnten, das überließ er den Daniten. Aber diese Menschen, deren Familien noch immer trauerten und die so tapfer ihre Heimat verteidigt hatten, besaßen nicht genug Geld für eine Einzelgrabstätte. Statt dessen fanden sie zum Lohn für ihre Tapferkeit eine anonyme Ruhestätte in einem wertlosen Stück Land.
    Er konnte sie nicht um Vergebung bitten. Einzig und allein Gott und er selbst konnten ihm vergeben. Aber er konnte all seine Macht als Kirchenoberhaupt dafür einsetzen, daß der Heiligste diese armen Seelen gnädig empfing.
    Porciluna beobachtete ihn. Er hielt die Hände hinter seinem schwarzen Talar auf dem Rücken verschränkt, und sein rundes Gesicht zeigte eine teilnahmsvolle Miene. Von allen Ältesten war Andre der einzige, der das Schuldbewußtsein des Rocaan nachempfinden konnte, der nachfühlen konnte, warum der Rocaan jetzt hier stand. Während der Invasion hatte Andre eine kleine Gruppe Kinder gerettet, die gerade im Tabernakel den Glaubensunterricht besuchten, ohne dabei einen einzigen Fey töten zu müssen. Statt dessen hatte er die Eindringlinge mit dem Weihwasser bedroht und ein paar Tropfen davon auf den Boden gespritzt. Die Fey, die die Kräfte des Weihwassers nur zu genau kannten, hatten die Beine in die Hand genommen.
    Der Rocaan hielt sein Schwert vor sich über das Grab. »Heiligster«, sagte er mit bebender Stimme, als zelebrierte er das Mitternachtssakrament, »ich bin Dein unwürdigster Diener. Aber ich bitte Dich, blicke nicht auf den Boten, sondern höre auf die Botschaft.«
    Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Porciluna unbehaglich mit den Füßen scharrte. Diese Worte waren nicht die sonst üblichen. Aber sie paßten zu dem Gebet, das der Rocaan jetzt sprechen wollte.
    »Diese Seelen haben alles gegeben, weil es ihre Pflicht war. Sie haben keinen Lohn dafür erhalten, und ihre Familien noch weniger. Ich bitte Dich, Heiligster, finde ihre Innersten Wesen und führe sie an Gottes Seite. Segne sie durch Deine Gegenwart und belohne sie für ihre Liebe.«
    Dann ging er zu den eigentlichen Worten der Zeremonie über: »Segne die Geehrten Toten. Hüte ihr Innerstes Wesen, und wir werden ihr Gedächtnis in diesem Land ehren.«
    Er beugte sich vor und pflanzte das Schmuckschwert mit dem Knauf in die Erde. Seine Hand scharrte im Kalk. Dann stand er auf, griff in seinen Lederbeutel und verstreute die Kräuter über die Toten.
    »So wie der Roca Gott ehrte, so habt auch ihr getan. Wie der Heiligste zu Gott sprach, so habt auch ihr getan. Wie Gott uns alle liebt, so habt auch ihr getan. Ihr kehrt in den Kreislauf des Lebens zurück, indem ihr noch im Tode weiterlebt. Ihr geht mit dem höchsten Segen Rocas, und der Heiligste wird eure Seelen aufnehmen.«
    Dann legte er die duftenden Finger an die Stirn, flüsterte noch einen persönlichen Segenswunsch und wandte sich von der Grube ab. Über den anderen frischen Gräbern war die Erde noch weich, aber es waren so viele, daß kein Weg um sie herumführte, so daß er gezwungen war, auf sie zu treten. Seit der Ankunft der Fey hatte sein Volk zahllose Opfer zu beklagen. Besonders der Tag der Invasion war vernichtend gewesen, aber es gab noch immer kleinere Geplänkel in und vor Jahn. Um die Gemeinden außerhalb der Stadt kümmerten sich die Daniten, weil er selbst das Reisen nicht mehr vertrug. Er konnte nur noch so wenig tun.
    Als der Rocaan die Ältesten erreicht hatte, blieb er stehen und warf einen letzten Blick auf das Grab. Die Totengräber schaufelten Erde vom Rand der Grube auf die Toten, so daß die Oberfläche eben wurde. Aber sie mußten für die nächsten Toten noch Erde übriglassen. Manche dieser Gräber enthielten bis zu acht Schichten.
    »Ihr werdet Euch noch überanstrengen«, sagte Porciluna. Seine Stimme war rauh von zu

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