Fey 01: Die Felsenwächter
wegnahmen, ihm, Alexander, dessen Familie in direkter Linie vom Roca abstammte. Dort unten kämpfte jetzt Nicholas, sein Sohn, und er würde im Alter von achtzehn Jahren sterben, wenn Alexander die Situation weiterhin sich selbst überließ.
Aber das würde er nicht tun. Wenn die Insel sich den Fey schon ergeben mußte, dann nur in einem gerechten Kampf.
»Schlagt Ihr vor«, fragte er so ruhig, wie er es vermochte, »daß wir die Insel dieser überlegenen Streitmacht einfach überlassen sollen?«
»Aber n-nein, natürlich nicht«, erwiderte Powell und wich einen Schritt zurück. »Aber ich … ehrlich gesagt, Sire, ich weiß nicht, wie wir es verhindern sollen.«
»Aha, das wißt Ihr also nicht.« Alexander fühlte, wie ihn langsam der Zorn übermannte. Er trat einen Schritt vor und drängte seinen Berater mit dem Rücken gegen den Tisch. »Ich habe noch niemals eine Schlacht angeführt, aber eines weiß ich genau. Wir werden uns nicht einfach kampflos ergeben und uns totstellen, weil wir Angst vor ein paar Zauberern haben, die das Infrin-Meer überquert haben. Wir werden die Blaue Insel nicht aufgeben, weil wir glauben, die Fey wären unbesiegbar. Wir werden ihnen mit jedem Atemzug in unserem Körper Widerstand leisten, und wenn uns dann scheint, daß unser Land nicht überleben wird, dann werden wir es eigenhändig verwüsten, bevor sie die Schätze der Insel an sich reißen können. Wir werden dafür sorgen, daß es für sie jeden Wert verliert. Wir werden eine Lösung finden, und sei es, daß jeder Mann, jede Frau, jedes Kind dieses Landes bei dem Versuch, diese Lösung zu finden, stirbt. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
Niemand antwortete. Nur ihre Augen waren noch weiter aufgerissen, die Gesichter noch bleicher.
»Habt Ihr verstanden?« Seine Stimme hallte in dem leeren Raum. Im darauf folgenden Schweigen hörte er die weit entfernten Rufe und Schreie von unten.
»Voll und ganz.« Stephan verließ seinen Stuhl und trat neben Alexander. »Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht, die Geschichte der Kriegsführung zu studieren. Auch die der Fey. Jetzt ist die Gelegenheit gekommen, meine Kenntnisse endlich einmal praktisch anwenden zu können.«
»Gut«, sagte Alexander. »Und der Rest von euch?«
Das Schweigen hielt an. Niemand erwiderte seinen Blick. Schließlich zuckte Powell die Achseln. »Sire, wir haben uns noch niemals in einer solchen Situation befunden. Wir …«
»Ich vielleicht?« Alexander konnte den Sarkasmus in seiner Stimme nicht länger unterdrücken. Wozu hatte man Berater, wenn sie einen nicht berieten? Aber er konnte nicht den ganzen Tag mit Diskussionen verbringen. Er mußte auf der Stelle Entscheidungen treffen. Dort unten starben Menschen.
»Sire …« Powell nahm einen erneuten Anlauf, aber Alexander schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.
»Wir werden angegriffen, und dort unten kämpfen unsere Leute, so gut sie das ohne unsere Planung, Führung und Hilfe vermögen. Die Fey haben unsere Mauern erstürmt. Das hätte ihnen niemals gelingen dürfen. Eure Leute hätten sie vorher aufhalten müssen.« Er zeigte auf Monte. »Aber jetzt sind sie im Palast, und wir müssen sie wieder hinausbefördern. Sie hatten die Überraschung auf ihrer Seite, wir sind jedoch in der Überzahl. Wir haben diese Festung, die meine Familie zur Zeit des Bauernaufstandes baute. Wir müssen sie verteidigen. Monte! Zieht Eure Leute zusammen! Ich will einen koordinierten Angriff bei den Toren und eine Blockade sämtlicher Eingänge. Kein Fey betritt mehr den Palast. Habt Ihr das verstanden?«
Monte nickte und wartete dann mit auf den Rücken gelegten Händen.
»Dann macht Euch an die Arbeit, Mann!« sagte Alexander. »Ich bin Euer König! Der Oberbefehlshaber! Ihr werdet tun, was ich sage! Ihr alle werdet das tun, was ich sage!«
»Jawohl, Sire.« Monte setzte sich in Richtung Tür in Bewegung und hielt dann plötzlich inne. »Aber wir haben geschworen, Euch zu beschützen.«
»Laßt ein paar Männer auf der Treppe zurück«, sagte Stephan. »Das dürfte ausreichen, falls unsere anderen Pläne fehlschlagen.«
Einen Augenblick funkelte Alexander den Fechtmeister an, bis er begriff, daß ihm der Ältere nicht etwa in den Rücken fiel, sondern seine Pläne unterstützte. Monte blickte zwischen den beiden Männern hin und her, und Alexander unterdrückte einen Seufzer. »Tut, was Stephan sagt.«
»Und benutzt eure Schwerter«, sagte Stephan. »Seht zu, daß dieses Ungeziefer euch nicht
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