Fey 01: Die Felsenwächter
zu nahe kommt. Manche töten durch bloße Berührung mit den Händen.«
»Jawohl, Sire.« Monte ging rückwärts aus der Tür und zog sie im Hinausgehen hinter sich zu. Alexander wandte sich den anderen zu. Einige sahen gebannt auf die Tür, als müßte Monte gleich zurückkommen und sie vor Alexanders prüfendem Blick retten. Andere musterten intensiv den Boden vor ihren Füßen.
Einen so jämmerlichen Haufen hatte er noch niemals gesehen. Warum mußte es erst zu einer Krise kommen, bis er begriff, daß er derart unzulängliche Helfer hatte? »Stephan, Ihr bleibt bei mir. Lord Holte, Ihr organisiert die Verteidigung im dritten Stockwerk. Laßt diese Kreaturen nicht höher in den Türmen hinaufkommen. Lord Stowe, Ihr übernehmt den zweiten Stock. Wenn die Fey sich dort schon ausgebreitet haben, helft Lord Holte, um zu verhindern, daß sie noch weiter vordringen. Lord Powell, Ihr konzentriert Euch auf den ersten Stock. Lord Oast, Eure Aufgabe ist es, den Innenhof und das ganze Areal innerhalb der Außenmauern zu verteidigen. Die anderen dienen als Melder und Boten zwischen diesen Befehlshabern und uns hier oben. Unser Ziel besteht darin, die Fey aus dem Palast zu vertreiben. Sind sie erst einmal auf die Straße zurückgewichen, werden wir uns Gedanken darüber machen, wie wir sie ganz von unserer Insel vertreiben.«
»Sire«, sagte Powell und streckte die Hände aus. »Wir haben keinerlei militärische Ausbildung. Wir wissen nicht, was wir tun.«
»Dann lernt Ihr es eben beim Kämpfen. Das ist übrigens Euer dritter Einwand, Powell. Schön, Ihr helft also Lord Oast im Hof, und Lord Enflor übernimmt den ersten Stock. Sollte es irgendwelche kleineren Probleme geben, müßt Ihr sie selbst lösen. Fähige Anführer sind die Schlüssel zum Erfolg. Gebt unseren Leuten Führung. Ich werde nicht zulassen, daß diese Marodeure die Blaue Insel unterwerfen, und jeder, der ihnen dabei hilft, und sei es aus Nachlässigkeit, wird durch meine eigenen Hände sterben. Habt Ihr mich verstanden?«
Die Männer starrten ihn an. Powells Gesicht war rot angelaufen, aber er protestierte nicht mehr. Alexanders Kehle war trocken, seine Muskeln angespannt. Wenn ihn jemand ungeschickt berührt hätte, wäre er aufgesprungen wie eine mechanische Feder. Das Problem war damit noch lange nicht gelöst.
Er wußte es, und seine Berater wußten es auch. Aber er konnte sich nicht einfach im Turmzimmer verstecken und tatenlos zusehen, wie die Fey sein Land überrannten.
»Sobald sich der Palast wieder in unseren Händen befindet, treffen wir uns hier wieder und planen, wie wir sie aus der Stadt vertreiben. Bis dahin will ich keinen von Euch hier sehen. Ich erwarte, daß wir siegen.« Er holte tief Atem. Niemand machte auch nur den Versuch zu sprechen. Die Geräusche von unten wurden lauter. »Stephan bleibt hier, alle anderen begeben sich auf ihre Posten.«
»Bevor wir gehen«, sagte Powell, »würde ich gerne vom Fechtmeister hören, was er über die Fey weiß.«
Ein weiterer Versuch der Verzögerung. Alexander wollte gerade auf seinen Berater losgehen, als ihm Stephan die Hand auf den Arm legte. »Ich kann Euch nichts über die Fey sagen, was Ihr nicht selbst dort unten erfahren würdet«, erwiderte er.
Powell nickte und wandte sich mit verschränkten Händen um. Er ging so langsam, als hoffte er, Alexander widerriefe seine Befehle doch noch. Aber Alexander hatte nicht die Absicht. Er wollte jetzt keine Fragen mehr hören.
Kurz darauf waren die Männer verschwunden. Der letzte schloß die Tür hinter sich, deren Schloß in der Stille laut zuschnappte. Alexander wartete einen Moment, dann sank er auf einen der Stühle.
Ein schwacher Schrei, so wie er noch nie zuvor einen gehört hatte, tönte von unten herauf. Er hörte sich nach Niederlage an. Alexander schloß die Augen und gestattete sich, einen Augenblick nur Privatperson zu sein und kein König.
»Wir brauchen einen ausgefeilteren Plan«, sagte Stephan mit leiser Stimme. Er war näher herangerückt, und Alexander fühlte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, roch den leichten Schweißgeruch, der von ihm ausging.
Er seufzte und öffnete die Augen.
»Sie sind uns überlegen. Wir können sie nicht aus dem Palast vertreiben.« Stephan lehnte sich an den Tisch. »Wenn sie drin sind, sind sie drin.«
»Warum sind sie uns so überlegen?« fragte Alexander.
»Sie töten durch bloße Berührung. Sie verfügen über magische Kräfte. Manche behaupten, sie könnten sogar in den Körper
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