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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Weile begriff er, daß am anderen Ufer etwas Merkwürdiges vor sich ging.
    Statt der wilden Freudenschreie, die sonst die siegreichen Schlachten der Fey begleiteten, vernahm er schmerzerfülltes Schluchzen. Er schirmte die Augen gegen die Sonne ab und eilte zum Pier hinunter, den Blick starr auf das riesige Gebäude am anderen Ufer geheftet.
    Der Bau war wie eine Festung angelegt: Vier Türme standen schützend um einen massiven Zentralturm. Alle Türme hatten Fenster, und auf jeden von ihnen war ein riesiges weißes Schwert mit nach unten gerichteter Klinge gemalt. Die Türme waren nicht durch Mauern, sondern durch Übergänge miteinander verbunden. Die Steine waren ungleich groß, als seien verschiedene Abschnitte des Gebäudes zu unterschiedlichen Zeiten erbaut worden.
    Als Fledderer die Augen zusammenkniff, konnte er erkennen, daß dort Leute aus den Fenstern gestoßen wurden. Hochgewachsene, schlanke Gestalten in schwarzem Leder, unbewaffnet, gekleidet in der leichten Kampfuniform der Fey. Die meisten schrien nicht. Aus den oberen Turmfenstern lehnten sich Inselbewohner in schwarzen Talaren und gossen aus winzigen Gefäßen eine Flüssigkeit auf die Kämpfenden. Eine große Dunstwolke erhob sich über der Szenerie, und als sie sich bis zu Fledderer ausdehnte, trat er unwillkürlich einen Schritt zurück. Der beißende Gestank der Verwesung stieg ihm in die Nase, genau wie die Ausdünstungen der Leichen, um die er sich als Junge hatte kümmern müssen.
    Dort drüben, in dieser Festung, die er aus den Angriffsplänen als religiöses Zentrum der Inselbewohner wiedererkannte … dort starben Fey. Die Inselbewohner mußten über irgendeinen Zauber verfügen, deswegen hatte das Gebäude auch keine Mauern. Sie benötigten diesen Schutz nicht. Sie konnten genauso töten wie die Fey.
    Fledderer biß sich auf die Unterlippe und blinzelte. Schwarzgekleidete Gestalten hatten sich inzwischen unter die Fey gemischt. Sonnenlicht glitzerte auf schweren Glasflaschen, mehr von dieser Flüssigkeit wurde vergossen. Sobald sie einen Fey berührte, stieg Dampf auf. Fledderer warf einen Blick auf die Lagerhalle. Wenn er Caseo warnte, konnten sie vielleicht Rugar noch rechtzeitig erreichen, die Schiffe aus den Schattenlanden holen und die Insel verlassen.
    Aber Fledderer konnte Rugar auch ohne Caseos Hilfe finden. Dann mußte Caseo sich allein durchschlagen.
    Fledderer rannte am Dock entlang. Der nur halb durchdachte Plan hörte sich in seinen Ohren gut an. Dann fiel ihm plötzlich ein, daß er nicht wußte, wo Rugar sich aufhielt.
    Außerdem brauchten die Fey die Hüter dringend. Sie konnten sich neuen Zauber ausdenken, neue Kampfmethoden erfinden. Wenn sich etwas Ungewöhnliches ereignete, mußten zuerst die Hüter davon erfahren, damit sie alle anderen retten konnten.
    Er verfluchte die Mysterien, die ihn hierhergeführt hatten und ihm diese ersehnte, persönliche Rache nicht erlaubten. Dann rannte er die Rampe hoch, stieß die Doppeltüren auf und hoffte, daß Caseo ihm glauben würde.

 
14
     
     
    Alexander hatte das Kriegszimmer zuvor erst einmal betreten. Damals, als sein Großvater ihn stolz hierhergeführt hatte, war er noch ein kleiner Junge gewesen. Er hatte erfahren, wie hier der Bauernaufstand beendet und daß der Raum eigens dafür entworfen worden war, die unteren Bevölkerungsschichten zu kontrollieren.
    Jetzt war Alexander wieder hier. Er war kein kleiner Junge mehr, sondern ein König, der sich unversehens mitten in einem Krieg wiederfand. Er trug das einfache Bauernhemd und die langen Hosen – eine Ironie des Schicksals, die ihm keineswegs entging –, auf denen sein Sohn bestanden hatte, weil sie den Umständen angemessen waren. Er mußte sich jetzt freier bewegen können, als es in seinen Roben möglich war. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt und saß zusammen mit seinen Beratern und Stephan, dem Fechtmeister seines Sohnes, über den Bauplänen des Palastes. Sie befanden sich zu zwölft in einem Raum, der nicht größer war als sein Schlafzimmer.
    Es schien fast, als ob sie sich versteckten.
    Der Raum roch feucht und muffig. Alte, zerknitterte und von Mäusen angenagte Karten bedeckten die Wände. Lord Stowe hatte soeben eine herabgerissen und fegte damit den Staub von dem langen, schmutzigen Tisch in der Mitte des Zimmers. Die Berater hatten darauf bestanden, das Treffen hier abzuhalten, im höchsten Turm, geschützt von einer besonders langen Treppe und einem Geheimausgang hinter dem Thron. Derjenige, der ihn

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