Fey 01: Die Felsenwächter
abgehackt, und mit dem Knauf hatte er einen so wuchtigen Hieb auf den Kopf eines anderen Angreifers niedergehen lassen, daß dieser bewußtlos zu Boden sank.
Waffen klirrten, und Menschen schrien aufgeregt durcheinander. In Anrichte, Küche und Hof hörte Nicholas den unheimlichen Siegesschrei der Fey.
Er und die anderen Inselbewohner verwundeten die Fey, hielten ihren Vormarsch auf, zwangen sie zum Rückzug und gelegentlich sogar zum Verschwinden. Dennoch behielten die Fey die Oberhand. Die Mehrzahl des Küchenpersonals verfügte über keinerlei richtige Waffen. Die Diener waren zum Festsaal geeilt und hatten dort die Waffen von den Wänden gerissen. Auf Nicholas’ Befehl hatte sich fast eine Stunde lang eine Menschenkette gebildet, die eimerweise dampfendes Wasser auf die Fey goß, aber schließlich waren die Angreifer doch bis in die Küche vorgedrungen.
Dann hatten ihn die Fey zwischen zwei Treppenabsätzen gestellt, und hätte er nicht Unterricht bei Stephan gehabt, so hätten sie ihn wahrscheinlich auf der Stelle umgebracht. Aber Nicholas’ Geschicklichkeit im Umgang mit dem Schwert überraschte seine Angreifer, und es gelang ihm, die zwei Treppenstufen viel länger zu halten, als er gedacht hatte.
Die Stufen waren glitschig vom Blut.
Nicholas’ Haar klebte am Kopf. Sein Körper war schweißgebadet. Aber der Griff um das Schwert war noch immer fest. Er stand jetzt schon so lange in derselben Haltung, den rechten Fuß zwei Treppen höher, den linken gegen die Mauer gestemmt, daß sich die Muskeln in seinem rechten Bein verkrampften. Hinter ihm ertönte das Klirren der Schwerter, und weiter unten, am Fuß der Treppe, sah er den Küchenmeister kämpfen. Der Käsemacher hielt mit Tranchiermessern an der Tür zur Anrichte die Stellung. Andere Diener setzten sich mit irgendwelchen Waffen zur Wehr, die sie zufällig gefunden hatten, aber sie verfügten über keine Kampferfahrung. Und die Fey waren erbarmungslos. Für jeden, den Nicholas verwundete, erschien ein neuer, und für jeden, den er tötete, schlüpfte ein Ersatzmann an ihm vorbei und verschwand auf der Treppe nach oben.
Nicholas wußte nicht, was im Palast sonst noch vor sich ging. Er befürchtete, daß die Vordertreppe nicht so gut verteidigt wurde wie diese Treppe hier und daß die Fey längst in den ganzen Palast eingedrungen waren und seinen Vater getötet hatten.
Nicholas’ Arm bewegte sich wie von selbst. Er kämpfte jetzt gegen eine besonders junge Fey. Die Einzelheiten verschwammen: Alle Fey hatten schwarzes Haar, dunkle Haut und ungewöhnlich geschwungene Augenbrauen. Im Kampf gab es jedoch deutliche Unterschiede zwischen ihnen. Nicht alle stritten mit derselben Tapferkeit gegen Nicholas und sein Schwert.
Überall auf den Stufen und dem Küchenboden lagen Leichen. Die mit Backstein ummauerten Öfen waren geöffnet, und irgend jemand hatte die Verwundeten hineingeschoben, wodurch die Luft noch schlechter wurde. Ein junger Diener lag mit aufgeschlitzter Brust da, sein Kopf war auf dem Steinfußboden zerschmettert worden. Sobald Nicholas den Blick abwandte, verschwanden die Leichen oder wurden bis zur Unkenntlichkeit zertrampelt, aber dieser junge Diener blieb in seiner unnatürlichen Haltung auf der Treppe liegen. Seine Augen waren weit geöffnet, und er starrte zur Decke, als flehte er den Gott, dem Matthias diente, demütig um Gnade an.
Der Fechtstil der jungen Fey, mit der Nicholas gerade kämpfte, war ungewöhnlich. Sie – Nicholas gewöhnte sich nur allmählich an Frauen in Uniform – stieß hektisch in seine Richtung, und ihre Bewegungen waren so schnell, daß er ihren Arm hin und wieder nicht einmal sehen konnte. Sie hatte ihn schon mehrfach getroffen und ihm als erste Gegnerin eine Wunde zugefügt. Er parierte ihre Schläge eher mit Logik als mit Hilfe seiner Wahrnehmung. Schließlich gelang es ihm, das Schwert in Richtung ihres Bauches zu stoßen, und sie wehrte den Schlag nicht rechtzeitig ab. Sie taumelte rückwärts, und er mußte alle Muskeln in seinem ermüdeten Arm anspannen, um sein Schwert festzuhalten. Als sie rücklings die Stufen hinuntertaumelte, riß sie zwei andere Fey mit sich und blockierte dadurch für einige Sekunden die nachrückenden Angreifer. Nicholas nutzte die Zeit, um einen Blick über die Schulter zu werfen.
»Ich brauche Verstärkung«, rief er. »Bitte schickt jemanden runter zu mir.«
»Es ist niemand da«, antwortete eine Stimme von oben.
Um ihn herum klirrten die Schwerter. Unten setzten die Fey
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