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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Ich habe Tierreiter gesehen, die in ihren Tieren feststeckten und an der Verwandlung starben. Ich habe kleine Kinder von Gestaltwandlern sterben sehen, weil ihre Betreuer sie zu lange allein gelassen hatten, so daß eine ungewollte Verwandlung erfolgte. Aber ich habe noch nie einen Visionär gesehen, der seinen Verstand verloren hätte. Niemals.«
    Jewel nickte. Hinter der Wucht, mit der ihr Vater redete, steckte ein guter Teil Furcht. »Aber hast du nie etwas davon gehört?«
    Er griff wieder zum Schürhaken, stocherte im Feuer herum, schloß die Augen und stöhnte. Dann rieb er sich mit der linken Hand die Augen, öffnete sie und stellte den Haken weg. »Es heißt, nachdem die Fey sich immer weiter von den Eccrasischen Bergen ausbreiteten, habe der Schwarze König seine Vision eingebüßt. Er war ein junger Mann, noch ohne Kinder. Er hatte falsche Visionen und führte die Fey im Kreis herum. Die Schamanin versuchte ihn abzusetzen, doch gab es dafür keinerlei Handhabe. Die Hüter weigerten sich, neue Zauber zu entwickeln, und die Fey weigerten sich, ihm zu folgen. Solange er seiner falschen Vision folgte, kampierten die Fey beinahe eine ganze Generation lang am Fuße der Berge, bis er blind wurde. Mit seiner Erblindung kam eine große Verzweiflung über ihn, und nach und nach verlor er den Verstand, eine Erinnerung nach der anderen, bis er kaum noch mehr als ein Kind war. Die Hüter und die Schamanin kamen zusammen und überprüften die Visionäre, bis sie eine gefunden hatten, die weiter als bis zur nächsten Schlacht Sehen konnte. Sie wurde die erste Schwarze Königin, und ihr Stammbaum war stark und langlebig. Dieses Haus regierte unser Volk gut, bis die ganze Familie mehrere hundert Jahre später ermordet wurde.«
    »Haben noch andere Visionäre den Verstand verloren?«
    Rugar nickte. »Ein paar. Aber keiner in einer so einflußreichen Position. Sie wurden immer ersetzt oder schnell weggeschickt oder zu Beratern gemacht. Wir sprechen nicht sehr gerne darüber.«
    Jewel atmete heftig, als fechte sie einen Schwertkampf aus. »Warum sprechen wir nicht darüber?«
    »Weil die meisten Leute, wüßten sie etwas davon, die Fähigkeiten sämtlicher Visionäre anzweifeln würden«, sagte er. In seinen Augen lauerte die gleiche Furcht, die auch sie beschlichen hatte. »Wie können wir eine wahre Vision von einer falschen unterscheiden? Und woher wissen wir, daß eine Vision verhütet worden ist? Oder daß es eine ist, die wir keinesfalls in Erfüllung gehen lassen wollen? Wie unterscheiden wir einen Nervenzusammenbruch von der erfolgreichen Anwendung unseres Vorherwissens? Wir können es nicht, Jewel. Wir müssen uns allein auf unseren Verstand und die Wirklichkeit verlassen. Wir müssen völlig auf uns selbst vertrauen.«
    Ihre Stirn prickelte immer noch. Erinnerter Schmerz, den sie niemals empfunden hatte. Visionen und Wahnsinn. Sie hatte sie noch nie sonderlich gemocht, nicht einmal, als sie gesehen hatte, wie ihr Vater den Blick bekam oder in eine seiner Visionen verfiel, so wie er es inmitten des Feldzugs gegen Nye getan hatte. So lagen die Dinge. Alle Fey wußten, daß Visionäre sich manchmal eigenartig aufführten, so wie man wußte, daß Rotkappen nach Verwesung und Blut stanken.
    Caseo. Caseo war ein böser Mann, der seinen Willen durchsetzen wollte und alles dafür tun würde, selbst wenn das bedeutete, das Vertrauen in ihren eigenen Vater zu untergraben. »Du hättest mir nie etwas davon gesagt, oder?«
    Rugar schüttelte den Kopf. »Du brauchst absolutes Vertrauen in deine Visionen. Ein Weg, dieses Vertrauen zu erlangen, besteht im Glauben daran, daß sie immer in Erfüllung gehen, es sei denn, deine Taten verändern die Zukunft.«
    »Gibt es auch in unserer Familie Fälle von Wahnsinn?« fragte sie leise.
    »Nein«, sagte Rugar. »Aber in den letzten dreihundert Jahren haben mehrere unserer Vorfahren das Ende ihrer Visionen erreicht. Einige starben noch vor ihrer Erfüllung, doch alle, die das Alter deines Großvaters erreicht haben, wurden blind.«
    Sie mußte schlucken. Ihr Mund war trocken, und es fühlte sich an, als schluckte sie Luft. Obwohl er inzwischen kalt geworden war, trank sie ein wenig Tee aus ihrer Tasse und stellte sie wieder auf den Tisch. Sie klapperte leise auf der hölzernen Tischplatte. »Deshalb wolltest du hierherkommen, habe ich recht?« fragte sie. »Du wolltest das Ende deiner Vision erleben.«
    Er legte den Schürhaken beiseite und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er sah

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