Fey 02: Das Schattenportal
gelegt. Seine Kleider waren sauber, und auch er selbst sah trotz der widrigen Umstände erfrischt aus. Vor allem war dieser ekelhafte Geruch verschwunden.
»Vielen Dank, Mend«, sagte Jewel. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich deine Hilfe zu schätzen weiß.«
Mend nickte und errötete ein wenig, als sie Adrians Arm losließ. Seine Hände waren immer noch gefesselt.
»Tritt ein, setz dich zu mir«, sagte Jewel.
Er kam auf sie zu, mit geradem Rücken und zuversichtlichen Bewegungen. Mend beobachtete ihn dabei, als wäre auch sie von ihm fasziniert. Dann bemerkte sie, daß Jewel sie anstarrte. Mend lächelte, verließ den Raum und machte leise die Tür hinter sich zu.
Adrian setzte sich. Jewel ließ sich ihm gegenüber nieder. Sie saßen so nah beieinander, daß sich ihre Knie fast berührten. »Na schön«, sagte sie, unwillig, noch mehr Zeit zu verlieren, »was hast du mir anzubieten?«
Er schluckte schwer, sein Adamsapfel hüpfte. Sie spürte seine Nervosität, doch sein Blick wich dem ihren nicht aus. »Mich selbst.«
»Dich habe ich bereits«, sagte sie. »Ich will etwas, das das Leben dieses Jungen wert ist. Das seine Zukunft aufwiegt. Und ich warne dich, Adrian: Wage es nicht, mit mir Spielchen zu spielen!«
»Ich spiele nicht«, antwortete er. »Du hast meinen Körper, und den kannst du bestenfalls deinen Teufeln anbieten, damit sie ihre Experimente damit anstellen. Was du nicht hast – und niemals haben wirst –, ist mein Wille.«
Sie lächelte. »Du unterschätzt uns. Nur weil wir bis jetzt nett zu dir gewesen sind, heißt das noch lange nicht, daß wir nicht kriegen, was wir haben wollen.«
»Wenn ihr das könntet«, konterte er, »dann hättest du mir nicht mein Ehrenwort hinsichtlich des Weihwassers abgenommen. Du hättest alles in deiner Macht Stehende getan, um mir das Geheimnis zu entreißen.«
»Hattest du nicht gesagt, du wüßtest nichts darüber?«
»Weiß ich auch nicht.« Er lächelte. »Aber du hast nicht einmal versucht, deine Tricks einzusetzen, um herauszufinden, ob ich dich angelogen habe.«
»Woher willst du das wissen?« fragte sie. »Magie ist nicht auffällig. Sie findet unbemerkt und unauffällig statt. Sie ist so normal wie das Atmen, jedenfalls für uns. Spürst du denn die Magie in diesem Zimmer? Die Weber sind hier drin gewesen und haben ihre Arbeit hier verrichtet. Kannst du sie denn fühlen?«
Er öffnete den Mund, schloß ihn jedoch gleich wieder. Offensichtlich hatte er sie nicht gespürt. Die meisten nicht-magischen Wesen hatten keine Ahnung davon, was es mit der Magie überhaupt auf sich hatte. »Und weshalb«, fragte er schließlich, »entreißt du mir die Information dann nicht auf deine Art?«
»Freiwillig gegebene Information ist oft wertvoller und vollständiger«, erwiderte sie. Dann neigte sie sich vor und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel. »Was hast du mir anzubieten, Adrian?«
»Mich selbst«, sagte er abermals mit ruhiger und fester Stimme. »In deinen Diensten. Bis zum Ende des Krieges.«
»Und was hast du zu bieten, das wir uns nicht auch auf anderem Weg beschaffen können?«
»Verläßliche Kenntnisse über die Insel und ihre Bewohner.«
»Keine Schlachtpläne, keine magischen Formeln? Einfach nur Information darüber, wie hier alles funktioniert?«
Er nickte. Sein Adamsapfel hüpfte wieder. Er war nervös, auch wenn er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen.
»Bis zum Ende des Krieges«, sagte sie und lehnte sich zurück. Ihr Stuhl knarrte unter der Bewegung, und einige Wollflusen segelten durch die Luft. »Und wenn der Krieg niemals endet?«
»Wie bitte?« fragte er.
Sie lächelte. »Es gab Grenzgeplänkel zwischen L’Nacin und Oudoun, die sich über Jahrhunderte hinzogen. Hier könnte das gleiche passieren.«
»Jahrhunderte«, wiederholte er. »Auf diesem Eiland gibt es nicht genug Platz für einen jahrhundertelangen Krieg.«
»Du würdest dich wundern!« sagte sie, legte einen Arm um die Stuhllehne und gab sich so lässig und entspannt wie möglich. »Du bist … um wie viele Jahre älter als dein Sohn? Zwanzig?«
»Fünfundzwanzig«, antwortete er.
»Das heißt, theoretisch wird er dich um fünfundzwanzig Jahre überleben.« Sie tat so, als denke sie darüber nach, und zuckte dann mit den Schultern. »Im Tausch dafür verlange ich nicht weniger als dein Leben. Du wirst uns in allen Belangen unterweisen, die die Insel betreffen. Du lehrst uns die Geheimnisse deiner Heimat und setzt uns über alles in
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