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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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schmolz und verformte sich in Verbindung mit dem Gift; die Haut der Inselbewohner hingegen nicht. Seit den Giftexperimenten war, mit Ausnahme einiger benötigter Domestikenzauber, keiner der Beutel mehr benutzt worden.
    »Bevor du etwas ausprobierst, warte, bis ich wieder da bin«, sagte Streifer.
    »Selbstverständlich«, erwiderte Rotin.
    Die Unterlippe des Jungen fing zu zittern an. Er hatte Angst vor Rotin.
    »Ich meine es ernst«, sagte Streifer. »Fang nicht ohne mich an.«
    Rotin nickte.
    Streifer ging aus der Tür, die in den Flur führte. Die Hütte der Zauberhüter war größer als die meisten Hütten, mit Lagerräumen im hinteren Bereich sowie zwei Schlafräumen, die von länger arbeitenden Hütern genutzt wurden. Zur Zeit nahm sie niemand in Anspruch, es sei denn, Rotin hatte zu viele Kräuter eingenommen, doch damals, als die Hütte gebaut wurde, waren sämtliche Räume belegt gewesen. Streifer hatte selbst so manche Nacht darin verbracht und von komplizierten und mächtigen Zaubern geträumt, an die er sich beim Erwachen nie wieder erinnerte.
    Im angrenzenden Lagerraum standen Schalen, Schläuche und andere Materialien ordentlich aufgereiht. Streifer ging weiter in den zweiten Raum.
    Dort roch es leicht trocken und muffig, als wartete hier der Tod. Auf dem Boden lag ein Beutelhaufen neben dem anderen, Beutel lagen in den Ecken und an den Wänden aufgeschichtet. Beim Aufschichten hatten die Rotkappen einen kleinen Trampelpfad hinterlassen. Streifer blieb neben dieser Spur stehen und starrte auf die Haufen.
    Die aufgedunsenen, hellrosafarbenen Beutel waren alles, was von Hunderten von Leben übriggeblieben war. Säuberlich getrennt waren darin Haut, Muskeln und Blut von toten Inselbewohnern aufgehoben. Im dritten Lagerraum befanden sich die Beutel mit dem Fey-Material. Die meisten Beutel datierten auf die Schlachten um Jahn vor mittlerweile fast sechs Jahren zurück.
    Ein Domestikenzauber, den Streifer nicht verstand, hielt das Material bis zur Öffnung der Beutel frisch. Danach blieb den Hütern ein Tag, manchmal auch zwei, bis die Verwesung einsetzte.
    Streifer griff sich sechs Beutel. Als sie unter seinem Griff schwammig nachgaben, zuckte er leicht angeekelt zusammen. Diesen Teil seines Berufes mochte er am allerwenigsten. Die Beutel kamen ihm immer ein wenig lebendig vor, als rumorte immer noch ein Stück des ehemaligen Lebewesens darin herum. Er würde sich wohler fühlen, hätte er den Domestikenzauber besser verstanden, aber dem war nun mal nicht so.
    Der trockene, muffige Geruch, der den Beuteln selbst entströmte, hüllte ihn ein. Er klemmte sich die sechs Beutel unter die Arme und machte sich auf den Rückweg.
    Rotin saß immer noch auf ihrem Platz. Auch der Junge hatte sich nicht bewegt. Die beiden starrten einander an. Streifer spürte die Spannung, die in der Luft lag.
    Sie spielte mit ihm.
    Dabei hatte er sie gebeten, nichts zu unternehmen.
    Leise stellte er die Beutel auf den Boden und richtete sich wieder auf. Die Augen des Jungen waren weit aufgerissen. Hätte Streifer nur ein wenig geblinzelt, er hätte das von den Schutzschilden des Jungen abspringende Licht sehen können. Rotin hatte noch weniger Erfolg als Streifer gehabt.
    Sie startete gerade einen zweiten Versuch und legte die Stirn in Falten. Die halbe Sekunde Konzentrationsverlust war alles, was Streifer brauchte.
    Er sandte eine Lichtmauer aus und stellte sie vor den Abwehrschild des Jungen. Rotins Zauber prallte daran ab, und Streifer schickte ihn mit doppelter Wucht an sie zurück.
    Ein gewaltiger Lichtblitz schoß auf sie zu. Noch bevor sie unter den Stuhl tauchte, warf sie Streifer einen ängstlichen und zornigen Blick zu. Das Licht traf auf die Wand und ließ dort den versengten Umriß von der Größe eines Fey zurück.
    Der Junge hielt den Blick gebannt auf diesen Fleck gerichtet, als könne er dadurch seine angespannte Konzentration aufrechterhalten.
    Rotin legte eine Hand auf den Tisch und zog sich hoch. Ihr Gesicht war rot vor Zorn.
    Streifer entschied sich für einen Gegenangriff: »Ich habe doch gesagt, du sollst ihn in Ruhe lassen.«
    »Oh«, erwiderte sie, stand auf und wischte sich über das Gewand. »Ich dachte, du meintest die eigentlichen Experimente, nicht meine Überprüfungen.«
    »Es besteht keinerlei Bedarf, mich auf die Probe zu stellen«, sagte Streifer. »Ich hatte recht.«
    »Allerdings«, gab Rotin mit genau dem richtigen Maß an Erstaunen in der Stimme zurück. »Gib mir die Beutel.«
    Streifer

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