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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Matthias. »Nur wenn sie überleben wollen.«

 
11
     
     
    Der Junge lag zusammengekauert, die Arme eng um die Beine geschlungen, mitten auf dem Tisch. Er blinzelte zwischen den Knien hervor und beobachtete jede Bewegung Streifers. Rotin saß am Kopfende des Tisches und starrte den Jungen an. Seit dem Morgen hatte sie keine Kräuter mehr zu sich genommen und war so klar, wie sie Streifer schon lange nicht mehr erlebt hatte.
    Die anderen Hüter waren schon weg, waren nach der Zusammenkunft auseinandergelaufen. Streifer wollte sie holen lassen, doch Rotin sagte, das habe sie bereits veranlaßt. Er glaubte ihr nicht, wußte aber nicht, wie er ihr widersprechen sollte.
    Es war, als wollte sie Streifer auf die Probe stellen, um zu sehen, ob seine Urteilsfähigkeit wirklich so gut war, wie er behauptete. Und dafür benutzte sie den Jungen.
    Der Junge sah momentan sehr klein und machtlos aus. Seit Streifer ihn gepackt und in die Hütte der Hüter geschleppt hatte, hatte er sich nicht von der Stelle gerührt. Streifer hatte befürchtet, der Junge würde sich irgendwie verteidigen, doch er hatte in dieser Hinsicht nichts unternommen. Trotzdem blieb Streifer auf der Hut. Er war auf alles gefaßt, wartete auf irgendein knisterndes Licht, darauf, daß ein elegantes Stück Magie in Gang kam. Bis jetzt war nichts geschehen.
    Zuerst hatte der Junge lange auf dem Tisch gesessen.
    »Wie schrecklich jung«, sagte Rotin.
    »Genau wie Gabe«, sagte Streifer. »Aber es müssen gewisse Unterschiede zwischen ihnen bestehen.«
    »Unangezapfte Zauberkraft. Weißt du, welche Möglichkeiten darin schlummern können?«
    Streifer nickte. Er wußte es. Er fragte sich, wie sie sich zeigte, auf welche Weise die Inselkultur sich dieser Magie bediente. Abgesehen von der Wirkungsweise des Gifts hatte er nicht die geringste Ahnung.
    Rotin stand auf und legte die Hände flach auf den Tisch. »Du hast ihm alle geistigen Aufgaben gestellt, und er hat sie bestanden. Es gibt noch andere.«
    »Sollten wir damit nicht besser auf die anderen Hüter warten?«
    So wie sie den Kopf schüttelte, konnte sich Streifer sicher sein, daß die anderen Hüter nicht mehr kommen würden. »Gib mir einen Beutel«, sagte sie.
    Genau davor hatte er sich gefürchtet. »Rotin! Wir brauchen ihn lebend.«
    »Die Inselbewohner brauchen keinen Zaubermeister.«
    »Er ist keiner von ihnen«, gab Streifer zu bedenken. »Er gehört uns. Vergiß nicht, daß er hier aufgewachsen ist.«
    »Ich gehöre niemandem.« Die Stimme des Jungen klang hoch und kindlich, aber ihr Ausdruck war eindeutig bestimmend.
    »Es wäre für uns alle besser, wenn du mit den Fey zusammenarbeitest«, sagte Streifer.
    »Nicht unbedingt«, warf Rotin ein. »Wir könnten ebensogut einige unserer Theorien hinsichtlich des Giftes an diesem Bürschlein überprüfen.«
    »Es liegt nicht an der Magie«, erwiderte Streifer. »In dieser Hinsicht waren wir auf der falschen Fährte. Es ist etwas anderes, was ausgerechnet uns Fey auf dieses Gift reagieren läßt. Wir haben sogar Rotkappen eingebüßt.«
    »Tatsächlich?« sagte Rotin, ohne den Blick von dem Jungen abzuwenden. »Oder haben sie einfach nur die Situation ausgenutzt und sind geflohen?«
    »Ich habe eine der Leichen mit eigenen Augen gesehen«, log Streifer. Der Junge warf ihm einen strengen Blick zu. Es war die einzige Bewegung, die er gemacht hatte, seit er sich auf dem Tisch zusammengerollt hatte. Der Junge hatte die Lüge bemerkt.
    Rotin nicht. »Du hast einen gesehen?«
    Streifer nickte. Er wollte diesen Jungen nicht verlieren, nur weil Rotin das Gift an ihm ausprobieren wollte. Wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte, würde der Junge ihnen vielmehr ein Gegengift liefern. Doch das wollte Streifer Rotin noch nicht sagen.
    Womöglich wurde sie eifersüchtig und stellte sich ihm in den Weg. In dieser Beziehung waren die Hüter sehr eigen, insbesondere Hüter, die ihren Verstand mit Kräutern umnebelten.
    »Dann brauche ich einen Beutel«, sagte sie.
    Er schluckte. Das konnte er ihr nicht verweigern. Sie hatten noch viele Beutel aus den vor Jahren geschlagenen Schlachten übrig. Die Beutel enthielten Blut, Haut und Muskelgewebe von den Toten: einige von toten Fey, andere von toten Inselleuten. Die Substanzen wurden zur Durchführung von Zaubern benötigt, um die eigene Macht zu erweitern, und zu Experimenten. Ein paar Stückchen hatten sie mit dem Gift in Kontakt gebracht, aber lediglich das erfahren, was sie ohnehin schon wußten: Die Haut der Fey

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