Fey 04: Die Nebelfestung
dieser Fähigkeiten. Sie waren die einzigen nicht mit Zauberkräften gesegneten Fey, und sie hatten auch keine Aussichten, jemals welche zu erlangen. Die Fey führten es auf die Größe der Kappen zurück. Als könnten kleine Leute keine Magie besitzen. Alle Kappen, die Adrian gesehen hatte, unterstützten diese Annahme.
»Müssen wir da rein?« fragte Coulter.
Adrian nickte. »Ich bin direkt hinter dir«, sagte er. Er hätte dem Jungen gerne versprochen, daß sie dort sicher sein würden, aber das konnte er nicht.
Er hatte keine Ahnung, ob die Rotkappe ihnen helfen oder schaden wollte.
Aber das würde sich schon bald herausstellen.
17
Matthias träumte, er sei auf dem Cardidas, auf der Barkasse, die die Fey und die Inselbewohner anläßlich Nicholas’ Hochzeit gemeinsam gebaut hatten. Die Gischt spritzte, die Luft war kühl und die Sonne nur ein schwacher Schimmer hinter den hoch dahinziehenden Wolken. Das Wasser war kabbelig. Der Wind rüttelte an der Barkasse und schlug immer wieder wie mit der flachen Hand gegen ihre Seiten. Matthias trug seine langen zeremoniellen Gewänder. Er stand ein wenig abseits, von wo aus er Jewel in ihrem unpassenden Grün betrachtete, über das ihr langes schwarzes Haar tief auf den Rücken hinunterfiel.
Rugar redete mit ihr, bat sie noch einmal, sich zu besinnen, doch es hatte keinen Zweck. Sie bestand darauf, den Inselbewohner zu heiraten. Diese Närrin. Verschwendete ihr Fey-Blut und ihr Fey-Erbe an eines dieser minderwertigen Wesen.
Matthias zuckte zusammen. Sein Gesicht fühlte sich schwer an, und er spürte, wie sich eine große Last auf seine Brust legte. Die Luft kam ihm stickiger als sonst vor. Jeder Atemzug war eine Anstrengung.
Die Schamanin stand in der Ecke. Sie schwieg auf eine Weise, als sei sie mit dieser Vermählung einverstanden. Er wußte nicht, wie ihr das möglich war. Wie alle anderen auch mußte sie wissen, daß der Bund einer Verunreinigung des Stammbaums des Schwarzen Königs gleichkam.
Ein eigenartiges Gefühl des Grauens stieg in seinem Magen auf. Der Stammbaum des Schwarzen Königs war ihm egal. Derartige Gedanken kamen ihm wie Gotteslästerung vor, wobei er nicht einmal genau wußte, ob er überhaupt an Blasphemie glaubte. Seine Finger suchten das filigrane Schwert an seinem Hals, fanden es jedoch nicht.
Dabei sollte er die Zeremonie durchführen. Wie sollte er das ohne sein Gewand tun? Er befühlte seine Taschen und merkte, daß er Kniehosen trug.
Jetzt kam Jewel auf ihn zu und redete ruhig auf ihn ein. Sie hatte die Stimme ihrer Mutter, sanft und doch kraftvoll. Kein Wunder, daß Rugar sie geheiratet hatte. Auch sie war im Kindbett gestorben, genau wie Jewel. Jewels Brüder stammten von einer anderen Mutter, einer, die Jewels Mutter nicht annähernd das Wasser reichen konnte.
Matthias lächelte sie an, wünschte, sie bliebe länger bei ihm, was sie jedoch nicht tat. Sie war ihm die liebste der Fey. Sie war – böse. Er mußte sich das in Erinnerung rufen. Sie hatte Alexanders Tod befohlen.
Er versuchte sich auf die Seite zu drehen, aber es ging nicht. Dieser Traum verfolgte ihn. Er klebte an ihm und zwang ihn, über Dinge nachzudenken, die er lieber nicht in Betracht ziehen wollte.
Nicholas stand wie ein bleiches, kränkliches Wesen dort drüben an der Reling. Sein Haar flatterte hinter ihm, blaß wie der ganze Junge. Wie sich Jewel mit so einem vermählen konnte, wollte Matthias einfach nicht begreifen. Zwar mischten die Fey ihr Blut mit dem Feind, aber erst, nachdem das Land erobert war, nicht vorher, und schon gar nicht aus diplomatischen Gründen.
Rugar wußte das. Trotzdem ließ er das hier geschehen. Er wechselte einige knappe Sätze mit der Schamanin, dann wandte sie ihm den Rücken zu. Eigenartig. Die Schamanin sollte immer auf den Anführer hören.
Jewel lächelte. Sie sah aus, als wollte sie diesen Mann wirklich heiraten.
Der Wind wehte kalt vom Fluß her, doch Matthias’ Gesicht war heiß. Es kam ihm fast vor, als müsse er ersticken. Der Druck auf seiner Brust hatte sich verstärkt. Es tat weh. Er wollte ihn wegwischen und erschrak abermals, als er bemerkte, daß sich sein Schwert nicht an Ort und Stelle befand.
Jewel hatte darauf bestanden, daß keine rocaanistischen Utensilien mit an Bord gebracht würden. Die Inselbewohner und die Fey hatten die Barkasse gemeinsam gebaut, damit keiner den anderen übertölpeln konnte.
Es hatte funktioniert. Keiner hatte den anderen ausgetrickst. Sie befanden sich auf dem
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