Fey 04: Die Nebelfestung
Fluß. Wenn eine Seite ein Blutbad beging, würde sich die andere sofort dafür rächen können. Auch daran hatte Jewel gedacht.
Sie war so makellos.
Schade, daß sie sterben mußte.
Und Verderben demjenigen, der sie tötete.
…!
Er würgte, versuchte aufzuwachen, doch es gelang ihm nicht. Er hatte recht getan, sie umzubringen. Er versuchte sich die Augen zu reiben, aber da war etwas im Weg. Das Gewicht auf seiner Brust war unerträglich. Er hörte Stimmen, Fey-Stimmen. Sie hörten sich sehr nah an. Das Kaminfeuer am Fußende seines Bettes knackte laut und sackte in sich zusammen. Er wollte aufwachen. Er mußte aufwachen.
Dieser Alptraum brachte ihn noch um.
Jewel schüttelte ihm die Hand. »Ihr habt sämtliche Möglichkeiten Eures Volkes verspielt«, sagte sie. »Jetzt müssen wir euch alle umbringen.«
Er wollte sie an das Weihwasser erinnern. Welche Drohungen ihr Volk auch immer ausstieß, die Fey waren nach wie vor verwundbar. Aber er brachte es nicht heraus. Sein Mund fühlte sich an wie der eines anderen.
»Die Inselbewohner haben den Tod verdient«, sagte er und erschauderte.
Nein.
Er drückte gegen das Gewicht auf seiner Brust. Der Schmerz wurde größer.
Die Inselbewohner haben den Tod verdient.
Die Inselbewohner
haben den Tod
verdient.
Verdient?
Nein.
Das waren Fey-Worte. Er dachte auf Fey. Das war unmöglich, dachte er. Er beherrschte diese Sprache nicht einmal.
Das Gewicht auf seiner Brust …
Es gelang ihm nicht, die Augen zu öffnen …
Der Traum …
Der Traum …
Die Fey werden dich töten. Die Frage ist nur, wann.
Morgen um diese Zeit bist du wahrscheinlich schon tot.
Ich habe dich gewarnt.
… dich …
… gewarnt …
Matthias versuchte zu sprechen, doch etwas blockierte seinen Mund. Nicholas. Nicholas, mach, daß sie damit aufhören. Nicholas.
Der Traum war nur ein Traum. Nur ein Traum. Er war schon öfter aus bösen Träumen erwacht. Er mußte lediglich die Augen aufmachen.
Aufmachen.
Das Gewicht auf seiner Brust.
Dunkelheit über seinen Augen.
Er hob die Hand, fühlte sich wach und berührte ein Bein, das nicht das seine war. Er schrie, doch der Schrei klang gedämpft.
Jewel sah ihn mißbilligend an.
Du bist tot, versuchte er zu sagen, doch es ging nicht. Sie schien ihn nicht zu hören und zuckte lediglich mit den Schultern.
Solange meine Kinder leben, sterbe auch ich nicht.
Dein Sohn lebt nicht, dachte Matthias angestrengt in ihre Richtung. Er hat keinen Verstand.
Paß nur auf meinen Sohn auf, erwiderte sie lächelnd. Er wird euch vernichten.
Matthias hatte etwas vergessen. Das Gewicht auf seiner Brust. Lag er im Sterben? Es kam ihm eher vor, als träumte er.
Träumen.
In der vorangegangenen Nacht hatte er von einem grünen Leuchten geträumt.
Und dieses Leuchten hatte ihn beinahe getötet.
Wach auf! Wach auf! dachte er, aber es ging nicht.
Er konnte einfach nicht aufwachen.
Das hieß, er war bereits wach.
Sein Mund war trocken. Finger gruben sich in seinen Geist, kleine scharfe Kontaktpunkte. Ein Gesicht schwebte durch seine Gedanken, ein Fey-Gesicht, das er noch nie zuvor gesehen hatte.
Ein Fey-Gesicht.
Ein Bein, wo seine Rippen sein sollten.
Gewicht auf seiner Brust.
Er fuhr mit der Hand an der Bettdecke entlang, langsam, langsam, damit sich die Bewegung wie ein Teil seines Traums anfühlte. Jewel stand neben den anderen Fey und sah ihn an.
Du kannst nicht aufwachen, sagte sie. Ich lasse dich nie wieder aufwachen.
Wie soll ich deinen Sohn bekämpfen, wenn ich nicht aufwache? fragte Matthias.
Daraufhin verzog sie das Gesicht, als verstörte sie etwas an dem Gedanken.
Seine Finger streiften den Nachttisch. Gleich …
Mein Sohn ist stark, sagte sie.
Dein Sohn hat keinen Verstand, erwiderte Matthias.
Mein Sohn teilt seinen Verstand, sagte sie. Mein Vater hat ihn vor mir versteckt.
Matthias’ Finger berührten kühles Glas. Die abgerundeten Ecken des Flakons fühlten sich beruhigend an.
Sein Herz klopfte stark. Er konnte die Flasche nicht entstöpseln, konnte den Korken nicht herausziehen. Er mußte …
(sie zerschlagen)
Er legte die Hand um die Flasche. Er hatte nur einen einzigen Versuch.
Dein Vater? fragte er Jewel in der Hoffnung, sie oder wen auch immer abzulenken. Dein Vater mischt sich überall ein.
Dann schwang er den Arm so kräftig er konnte in Richtung seiner Brust. Seine Hand prallte auf das Bein, und er schrie auf, als Glas in seiner Handfläche zersplitterte. Tausend Splitter schnitten ihn, und sein Blut vermengte sich
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