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Fey 05: Der Schattenrpinz

Fey 05: Der Schattenrpinz

Titel: Fey 05: Der Schattenrpinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Matthias, sein Vorgänger, hätte einfach an der Zeremonie teilgenommen und irgendwie – natürlich versehentlich – den Thronerben mit Weihwasser bespritzt. Matthias hatte das schon einmal getan, damals bei Jewel, der Gemahlin des Königs, die daraufhin unter fürchterlichen Qualen ihr Leben ausgehaucht hatte.
    Trotzdem war ihr Tod nicht so gräßlich gewesen wie das Gemetzel am Blumenfluß. Das war das schlimmste Blutbad gewesen, das Titus je erlebt hatte. Um ihn herum waren Hunderte von Fey geschmolzen. Der Gestank von verwesendem Fleisch hatte in der Luft gelegen und Schmerzensschreie in seinen Ohren gegellt.
    Titus hatte sich über einen sterbenden Fey gebeugt, dessen Körper sich im Todeskampf wand. Wie eine aus Sand geformte Figur in sich zusammenrutscht, wenn man Wasser darübergießt, hatte der Fey seine Konturen verloren, bis er nicht mehr als Lebewesen zu erkennen gewesen war und auf dem nassen Boden nur noch ein Haufen Fleisch, Knochen und hautfarbene Gallerte gelegen hatte.
    Titus hatte kurz erwogen, den Fey zu segnen, aber statt dessen hatte er ihn plötzlich mit den Geschriebenen und Ungeschriebenen Worten verflucht: Wenn du das Wasser berührst, hatte er ihm gepredigt, berührst du das innerste Wesen Gottes.
    Und Titus glaubte das tatsächlich. Er glaubte, daß das Weihwasser von Gottes innerstem Wesen durchdrungen war, daß es Gottes Kindern das Leben schenkte und ihre Feinde vernichtete.
    Allerdings war es ihm in den fünfzehn Jahren, die er die Geschriebenen und Ungeschriebenen Worte jetzt schon studierte, nicht gelungen herauszufinden, wie es sein konnte oder aus welchem Grund sich Gottes Volk mit den Feinden Gottes vermischen und sogar Nachkommen produzieren durfte. Die einzige Antwort, die ihm eingefallen war, lautete, daß Gott den Erstgeborenen des Königs verflucht hatte, indem er ihm keinen Verstand gab, und die Zweitgeborene verstieß, indem er dem Bösen erlaubte, sich in ihrer Mißgestalt auszubreiten. Die Tatsache, daß König Nicholas’ erste Frau eine Fey gewesen war und ihre gemeinsamen Kinder überhaupt überlebt hatten, bewies nur, daß Nicholas tatsächlich so gottlos war, wie Matthias seinerzeit behauptet hatte.
    Und jetzt verurteilte der König sein ganzes Reich dazu, in Zukunft von seinem verabscheuungswürdigen Sohn regiert zu werden.
    Titus wußte nicht, was er tun sollte. Schon seit Wochen hatte er gehofft und darum gebetet, die leise, ruhige Stimme zu vernehmen, die ihm einen Ausweg wies. Er selbst durfte nicht töten – er glaubte, daß nur Gott allein über Leben und Tod richten durfte –, und er konnte auch nicht den direkten Erben des Roca auf dieser Erde schmähen. Alles, was ihm übrigblieb, war, seine Zustimmung zu verweigern und zu hoffen, daß das genügte.
    Bis jetzt hatte es nicht allzuviel genützt.
    Es hatte lediglich dazu geführt, daß der Tabernakel von seiten des Palasts ignoriert wurde. Dabei nahm der Tabernakel seit jeher eine herausragende Stellung in der Gesellschaftsordnung der Insel ein.
    Nicholas schien vergessen zu haben, worauf seine Macht als König beruhte.
    Titus hob sein Glas, nippte und zuckte bei dem bitteren Geschmack zusammen. Der Nachmittag war drückend heiß. Titus schwitzte unter seinem Talar, und der Schatten bot nur wenig Schutz. Aber im Tabernakel selbst war es noch heißer. Auf dem Balkon spürte Titus wenigstens die kühle, leicht sumpfig riechende Brise, die vom Cardidas herüberwehte. Wäre er noch ein Aud, würde er sich jetzt ans Ufer setzen und seine heißen, müden Füße im Wasser kühlen.
    Aber er war schon lange kein Aud mehr, und daß er Rocaan war, verdankte er allein dem glücklichen Umstand, daß der Einundfünfzigste Rocaan seine Pflicht vernachlässigt und Titus als einzigen in das Geheimnis des Weihwassers eingeweiht hatte. Titus hätte das Geheimnis an seine Vorgesetzten, die Ältesten, weitergeben können, aber er fand, daß keiner von ihnen über die spirituellen Voraussetzungen verfügte, um Gottes Befehle auszuführen.
    Gott hatte ihn unter den schwierigsten Umständen auserwählt, und Titus durfte sich dem göttlichen Befehl nicht widersetzen.
    Genauso, wie er sich jetzt auch nicht einfach heraushalten konnte.
    Wenn Nicholas doch nur begreifen würde! In Titus’ Augen war die Sache ganz einfach. Bevor der Roca Aufgenommen worden war, hatte er seinen ältesten Sohn zum Thronerben bestimmt. Den zweiten Sohn hingegen hatte er zum religiösen Oberhaupt der Insel gemacht. Der erste Rocaan, der zweitgeborene

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