Fey 05: Der Schattenrpinz
Kopien von Gesichtern, die sie sahen, aber diesen sehr ähnlich. Ältere Spione wie Epla hatten im Lauf der Zeit ein eigenes Gesicht entwickelt, eines, das die vorteilhaftesten Züge aller Gesichter in sich vereinte, die sie je angenommen hatten. Epla konnte sein Gesicht immer noch so stark verändern, daß er aussah wie jemand anders, aber normalerweise war er einer der bestaussehenden Fey.
Spione hatten ihre Vorzüge. Sie konnten beobachten und Informationen sammeln. Aber sobald sie kämpften, beschädigten sie ihre empfindliche Zauberkraft, und wenn sie töteten, verloren sie sie ganz.
Gabe hatte es nicht für nötig gehalten, zu seinem Einsatz Soldaten mitzunehmen. Er brauchte nur Leute, die unauffällig in der Menge untertauchen konnten. Deshalb hatte er auch so viele Spione mitgebracht.
Die andere Person war Prey, eine Fußsoldatin. Fußsoldaten töteten mit bloßen Fingern. Oft quälten sie ihre Opfer zu Tode. Prey war Gabes einzige wirkliche Leibwächterin. Das schien ihm ausreichend.
Sie hielt die Hände unter den verschränkten Armen verborgen, wie alle Fußsoldaten es taten, wenn sie nervös waren.
»Du solltest mich doch beschützen«, sagte Gabe.
»Ich kann dich nicht vor dem Schwarzen Thron beschützen«, gab Prey zurück. »Ich werde deine Schwester nicht töten, und wenn sie noch so oft versucht, dir die Augen auszuhacken.«
»Du hättest uns warnen sollen«, meinte Epla.
»Ich habe euch angekündigt, daß wir zum Palast gehen«, erwiderte Gabe und holte zitternd Luft. Nichts lag ihm ferner, als den beiden die Schuld in die Schuhe zu schieben. »Wo sind die anderen?«
»Die kommen gleich«, antwortete Prey. »Ich wollte einfach nur weg von dort.«
»Sie hat schon vor Blutgier gezittert«, erklärte Epla. »Du hast Glück, daß sie sich so gut unter Kontrolle hat.«
»Ich habe Glück, daß ich mich so gut unter Kontrolle habe«, verbesserte Prey. »Ihn hätte es ja nicht gestört, wenn ich seine Schwester getötet hätte. Das wäre ganz allein mein Problem gewesen. Ich bin diejenige, die deswegen hätte sterben müssen.«
»Du standest im Dienst ihres Bruders«, widersprach Epla. »Wir alle hätten dafür sterben müssen.«
Prey zog zischend die Luft durch die Zähne, als sei ihr dieser Gedanke noch nicht gekommen. »Stinkt ziemlich hier unten.«
»Deshalb kommen die Inselbewohner so selten hierher«, erklärte Gabe.
»Du hättest dir einen besseren Sammelplatz aussuchen können.«
Epla schüttelte den Kopf. »Gabe mag noch jung sein, aber er weiß, was er tut. Er hat uns schon unzählige Male gerettet, Prey.«
Die Fußsoldatin zuckte die Achseln. »Nur im Schattenland. Kampferfahrung hat er keine.«
Gabe ließ ihr die Bemerkung durchgehen. Er hatte tatsächlich keine Kampferfahrung, und er wußte, daß die meisten Fey allergrößten Wert darauf legten.
Hätte er nicht in derartig jungen Jahren das Schattenland gerettet und schon von Kindheit an Visionen gehabt, würde ihn keiner der älteren Fey ernst nehmen. Sie wußten, daß genug vom Blut des Schwarzen Königs in Gabes Adern floß, daß er den Thron erben konnte. Seine mangelnde Kampferfahrung schrieben sie nicht Gabes eigenen Unzulänglichkeiten, sondern vielmehr den besonderen Umständen auf der Blauen Insel zu, dem Schlamassel, in den sein Großvater sie gebracht hatte.
Aber viele der älteren Fey fanden ihn seltsam, und dafür machten sie seine Abstammung verantwortlich.
Seinen Vater.
Seinen Vater, den Inselkönig.
»Hier sind wir wenigstens sicher«, erklärte Gabe schließlich. »Hier wird uns niemand stören.«
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und holte tief Luft. Allmählich kam sein körperlicher Zustand wieder ins Gleichgewicht.
Zwei weitere Fey erschienen, einer davon Dolny, ein Spion, der andere Leen, eine Infanteristin. Dolny war jünger als Epla und seine Gesichtszüge weniger ausgeprägt. Leen war noch nicht im Besitz ihrer magischen Kräfte. Sie war fünf Jahre jünger als Gabe und eine der wenigen Fey, die auf der Blauen Insel geboren waren. Sie war auch noch nicht völlig ausgewachsen, aber ihr schlanker, langknochiger Körper ließ schon ahnen, wie sie einmal aussehen würde.
»Kiana fehlt noch«, sagte Prey.
»Sie ist zurückgeblieben, um sich zu vergewissern, daß dem Mädchen nichts Schlimmes passiert ist«, erwiderte Dolny.
»Was haben sie sich bloß dabei gedacht, Schwarzes Blut von Schwarzem Blut jagen zu lassen?« fragte Leen.
»Es ist meine Schuld«, murmelte Gabe. »Das Mädchen hat
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