Fey 05: Der Schattenrpinz
Wirblers Ausflug doppelt wertvoll.
Rugad würde hocherfreut sein.
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Solanda blieb auf der Lichtung stehen und starrte auf den Erdring. Seit sie das Schattenland zuletzt betreten hatte, waren viele Jahre vergangen. Sie hatte diesen Ort so sehr gehaßt, daß sie die Domestiken oft gezwungen hatte, sich außerhalb mit ihr zu treffen. Im Tausch gegen Nahrungsmittel hatten die Domestiken nachgegeben. Es gab immer noch ein paar Grundnahrungsmittel, die man im Schattenland nicht anbauen konnte.
Früher einmal war die Lichtung Teil des Waldes gewesen, aber im Lauf der Jahre hatten die Domestiken sie in einen Garten verwandelt. Das Land fiel zum Fluß hin sanft ab, und man hatte Bewässerungskanäle für die Felder angelegt. Die Winter auf der Blauen Insel waren mild genug, um das ganze Jahr über Landwirtschaft zu betreiben, wenn man wußte, was man pflanzen konnte.
Solanda hatte von so etwas keine Ahnung. Sie aß nur Gemüse, wenn sie kurz vor dem Verhungern stand oder sich den Magen verdorben hatte. Wenn sie nicht aufpaßte, mußte sie sich davon übergeben.
Die schnurgeraden Reihen der Maisstengel säumten den Erdring wie eine Einladung für jeden, der auf der Suche nach den Fey war. Aber die Inselbewohner hatten die Fremden jetzt seit über einem Jahrzehnt in Ruhe gelassen. Sie glaubten die Fey in ihrem selbst errichteten Gefängnis sicher verwahrt. Solanda hatte gehört, daß die Siedler nicht so viel Glück hatten. Sie mußten sich mit verbalen und körperlichen Angriffen der Inselbewohner auseinandersetzen, die Angst vor ihnen hatten.
Solanda hatte nichts von alledem miterlebt, außer in jener kurzen Zeitspanne, in der Alexander alle Katzen zum Freiwild erklärt hatte. Und sie würde eine solche Zeit nie wieder durchmachen.
Ein kleiner Lichtkreis rotierte über dem Erdring. Bei den meisten Schattenländern war ein solcher Lichtkreis das einzige Zeichen, daß sie überhaupt existierten. Gärten oder Erdringe gab es nicht. Aber früher hatte auch kein Fey länger als für die Dauer eines einzigen Feldzuges in einem Schattenland gelebt, ganz zu schweigen davon, es als Zufluchtsort zu benutzen.
Solanda spuckte voller Abscheu auf den Boden. Rugar sollte auf ewig dafür verflucht sein, daß er sein einst so stolzes Volk an einen Ort wie diesen geführt hatte.
Dann trat Solanda entschlossen in den Erdring, hob die Hand und steckte sie durch den Lichtkreis. Die Lichter rotierten schneller, und der Kreis vergrößerte sich, so daß Solanda hindurchschlüpfen konnte.
Sobald die graue, halb durchsichtige Welt des Schattenlandes sie umfing, lief ihr ein Schauer über den Rücken.
Im Lauf der Jahre hatte das Schattenland sich verändert. Das Domizil war zu einem hufeisenförmigen Gebäude umgestaltet worden. In einer Seite des Hufeisens bewahrten die Domestiken die Wasser- und Lebensmittelvorräte auf, in der Mitte befand sich die Krankenstation, und in der anderen praktizierten sie ihre Zauberkünste. Wie früher der Versammlungsblock, war jetzt dieses Gebäude das Zentrum des Schattenlandes.
Gabe und seine Irrlichtfänger-Familie waren in Rugars Behausung, das zweitgrößte Gebäude des Schattenlandes, gezogen. Niemand hatte protestiert. Gabe hatte den meisten von ihnen das Leben gerettet, als er das Schattenland zusammengehalten hatte. Obwohl die Fey ihn als Anführer nicht ernst nahmen, wußten sie doch, was sie ihm verdankten.
Die übrigen Gebäude sahen ziemlich verwahrlost aus. Sie waren vor fast zwanzig Jahren als provisorische Behausungen errichtet worden. Auch wenn sie im Schattenland den Unbilden des Wetters nicht ausgesetzt waren, hatte der Zahn der Zeit an ihnen genagt. Manche standen ein bißchen schief. Bei anderen fehlten einzelne Bretter.
Überraschenderweise wirkten sie trotzdem gemütlich. Einige Fey hatten Blumen auf die Holzwände gemalt, andere die ganze Wand gestrichen. Manche Häuser waren mit einem Domestikenzauber belegt und sahen neu, sauber und einladend aus. Sie hatten im Land des ewigen Graus eine kleine Fey-Gemeinde geschaffen.
Solanda überlief ein Schauder. Wenigstens hatten die Wetterkobolde schon vor langer Zeit den Versuch aufgegeben, auch im Schattenland Wetter zu erzeugen. In jenen Tagen war das Schattenland von grauem Nebel erfüllt gewesen, denn was die Wetterkobolde auch ausprobierten, es wurde immer wieder derselbe graue Nebel. Solanda hatte gehört, daß die meisten Wetterkobolde sich den Siedlern angeschlossen hatten, was nur vernünftig war, wenn man ihre
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